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PolitikAsien

ASEAN uneins nach Putsch in Myanmar

27. März 2021

Der Putsch in Myanmar fordert das Regionalbündnis ASEAN heraus. Hält es an seinem Prinzip der Nicht-Einmischung fest oder geht es neue Wege?

Myanmar Asean-Gipfel in Naypyidaw eröffnet Flaggen
ASEAN-Symbol und Flaggen der ASEAN-Länder beim Gipfel in Myanmar 2014Bild: picture-alliance/dpa/A. Rahim

Auf den Putsch der Generäle in Myanmar am 1. Februar folgten bald landesweite Proteste und eine breit angelegte Kampagne des zivilen Ungehorsams. Das Militär ging mit großer Härte gegen die Demonstranten vor. Bisher zum 26. März wurden nach offiziellen Angaben 164, nach Angaben der "Assistance Association for Political Prisoners" (AAPP) mehr als 300 Demonstranten getötet. Ein Ende der Krise ist nicht in Sicht, was den Verband Südostasiatischer Nationen (ASEAN) vor einer Reihe von Problemen stellt.

Auf dem Spiel steht erstens das diplomatische Gewicht des Bündnisses. Es wäre ein schwerer Schlag für die Bedeutung der ASEAN, wenn etwa die USA eine Teilnahme am nächsten East Asia Summit oder ASEAN-Gipfel absagen würden, weil sie nicht bereit sind, mit den Generälen Myanmars an einem Tisch zu sitzen.

Die Zahl der getöteten Demonstranten beläuft sich inzwischen auf über 300Bild: REUTERS

Zweitens leidet die Reputation des Bündnisses. Die Bilder von landesweiten Massendemonstrationen gegen das Militärregime, von getöteten und misshandelten Demonstranten gehen um die Welt. Das färbt auch auf die ASEAN ab, der ohnehin nachgesagt wird, die eigene Menschenrechts-Charta nicht ernst zu nehmen.

Appell an die Verantwortung der ASEAN

Drittens würde ein keineswegs ausgeschlossener Zusammenbruch Myanmars die Stabilität der Region gefährden. Schon jetzt kommen Flüchtlinge nach Indien und Thailand. Nach der letzten gewaltsamen Niederschlagung der Proteste 1988 flohen 360.000 nach Bangladesch, China, Indien, Malaysia und vor allem Thailand, wie ein Bericht der "Internationalen Commission of Jurists" in einem Bericht schreibt. In einem Meinungsbeitrag für die "Bangkok Post" warnte der ehemalige thailändische Außenminister Kasit Pirmoya vor einer "Flüchtlingskrise" und einer Destabilisierung der Grenzregion. Kasit Primoya schreibt weiter: "Die ASEAN hat nicht nur das Recht, sondern auch die Verantwortung, entschlossen zu handeln und konkrete Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass die Generäle Myanmars die Gewalt beenden, ihren Putsch rückgängig machen, den Willen des Volkes respektieren und der Demokratie erlauben, in Myanmar zu herrschen."

Bislang kam Kritik aus den muslimischen ASEAN-Ländern Indonesien (Präsident Widodo, l) und Malaysia (Premierminister Muhyiddin Yassin, r) Bild: Agus Suparto/AP Photo/picture alliance

Geteilte Reaktionen auf den Putsch

Im Gegensatz zum klaren Appell des ehemaligen Außenministers hält sich die Regierung in Thailand, die 2014 selbst per Putsch an die Macht kam, bisher bedeckt und bezeichnet den Staatsstreich als innere Angelegenheit Myanmars. Ebenso halten es bislang Vietnam, Kambodscha und die Philippinen. Die ersten zwei sind selbst autoritäre Regime, und der philippinische Präsident Duterte hat der Demokratie in seinem Land den Kampf angesagt.

Sultanspalast von Brunei: Möglicher Schauplatz einer ASEAN-Initiative zu MyanmarBild: Koch/dpa/picture-alliance

Indonesiens Präsident Joko Widodo und Malaysias Premierminister Muhyiddin Yassin wiederum bezogen vor einer Woche Stellung und brachten die Einberufung eines Sondertreffens der Staats- und Regierungschefs der ASEAN bei Brunei, das aktuell den ASEAN-Vorsitz innehat, ins Spiel. Joko Widodo sagte: "Dialog und Versöhnung müssen sofort beginnen, um die Demokratie, den Frieden und die Stabilität in Myanmar wiederherzustellen".

Bruch mit ASEAN-Tradition

"Dies ist eine ziemlich starke Aussage, besonders wenn man die übliche stille und Einmischung vermeidende Haltung der der ASEAN bedenkt", so Deasy Simandjuntak vom ISEAS-Yusof-Ishak-Institut in Singapur gegenüber der malaysischen Tageszeitung "The Straits Times". Seit ihrer Gründung 1967 hat die ASEAN eine nicht-öffentliche und konsensorientierte Diplomatie betrieben.

Mit diesem Ansatz war es der ASEAN beispielsweise 2008 gelungen, Myanmar nach dem verheerenden Wirbelsturm "Nargis", bei dem etwa 100.000 Menschen ums Leben kamen, für internationale Hilfe zu öffnen. Es war auch die ASEAN, die Myanmar 1997 trotz internationalen Drucks in den Staatenbund aufnahm und damit zur späteren Öffnung des Landes beigetragen hat.

Die öffentliche Kritik an Myanmar und die Forderung nach einem Gipfel, bei dem es in erster Linie um eine innenpolitische Krise eines Mitgliedsstaates geht, sind ein Novum für die ASEAN. Myanmar ist sicher wenig davon angetan, jetzt im Zentrum der Kritik zu stehen, während Thailand nach dem Putsch von 2014 weitgehend ungeschoren davon gekommen ist.

Die Armee wird auch registriert haben, dass die Initiative für den Sondergipfel von den muslimischen Ländern der ASEAN ausgegangen ist, die sich bereits kritisch zur Vertreibung der Rohingya geäußert haben. Das erschwert einen Dialog mit den Generälen im buddhistischen Myanmar, die gegenüber der UN erklärt hatten: "Wir sind an Sanktionen gewöhnt, und wir haben überlebt ... Wir müssen lernen, nur wenige Freunde an unserer Seite zu haben."

Kein Erfolg ohne Einigkeit im Bündnis

Die Fragen sind also, ob es erstens gelingt, die notwendige Einheit innerhalb der ASEAN zu schaffen, so dass die Generäle an einem Dialog auch mit ihren Kritikern innerhalb der ASEAN nicht vorbeikommen, und ob zweitens der für ASEAN-Verhältnisse konfrontative Ansatz erfolgversprechender wäre als die stille Diplomatie der Vergangenheit. Beide Fragen hängen miteinander zusammen.

Bezüglich der ersten Frage sagte ein namentlich nicht genannter Diplomat der ASEAN wenig optimistisch gegenüber der internationalen japanischen Tageszeitung "Asian Nikkei Review": "(Die ASEAN) ist wie ein fehlerhafter Rubik-Würfel, bei dem es unmöglich ist, alle Farben auf einer Seite zu vereinigen." Die Uneinigkeit der ASEAN wiederum schmälert die Erfolgsaussichten des konfrontativen Ansatzes.

 

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