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Politik

Wenn Deutschland Afrika wirklich helfen will…

Autorenlesung- Prinz Asfa-Wossen Asserate
Asfa-Wossen Asserate
11. September 2017

…dann hat es viele Möglichkeiten. Vor allem muss es traditionelle Konzepte in Frage stellen - sowohl in der Wirtschaftspolitik, als auch in der Entwicklungshilfe, meint der Großneffe des letzten äthiopischen Kaisers.

Deutschland sollte auf der einen Seite seine traditionelle Willkommenskultur beibehalten und auf der anderen Seite sich aber der Realität der Fluchtursachen stellen. Dass nämlich die größten Exporteure von Migranten auf dieser Welt die afrikanischen Gewaltherrscher sind, die ihren Völkern keine Möglichkeit geben, in ihren eigenen Ländern ein menschenwürdiges Dasein zu führen. Dank der Appeasement-Politik des Westens seit nunmehr 50 Jahren werden diese Diktatoren mit milliardenschweren Zuschüssen von den Steuergeldern der Europäer alimentiert.

Wenn Afrika eine Zukunft haben soll, muss Europa aber vor allem von seiner desaströsen Wirtschafts- und Handelspolitik Abschied nehmen. Es muss endlich damit aufhören, seine Agrarindustrie auf Kosten der Entwicklungsländer zu subventionieren. Und es muss endlich darauf drängen, dass wirksame internationale Maßnahmen gegen das weltweite Landgrabbing getroffen werden. Denn das beraubt die armen Länder der Welt ihres wertvollsten Gutes - ihres landwirtschaftlich nutzbaren Bodens. Afrika benötigt eine breit angelegte Förderung der bäuerlichen Landwirtschaft und den Stopp der Einfuhr von Dumpingprodukten, die den örtlichen Produzenten das Wasser abgraben.

Der Dämon der Gier und der Unersättlichkeit treibt sein Unwesen

Vor allem aber gilt es, die afrikanischen Frauen zu fördern - sie sind der Schlüssel zu Afrikas Zukunft. Wenn Afrika sein Problem der Bevölkerungsentwicklung in den Griff bekommen will, muss es auf die Frauen setzen.

Urbanisierung, importierte Rechts-und Wirtschaftssysteme, neue Medien und veränderte Altersstrukturen haben in Afrika zu dramatischen Veränderungen des sozialen und kulturellen Wertesystems geführt. Heute erlebt man oft eine Mixtur von alten und neuen Werten, die gerade im urbanen Milieu immer wieder neu formuliert werden. Wohlstand und Macht erscheinen manchmal als die alles überlagernden Werte im heutigen Afrika. Entsprechend sind soziale und familiäre, aber auch administrative Beziehungen in hohem Grad monetarisiert. Aber dieses Problem besteht nicht nur in Afrika. Der Dämon der Gier und der Unersättlichkeit treibt sein Unwesen überall in unserer globalisierten Welt. Der Kapitalismus in seiner heutigen Form ist weder fair noch nachhaltig. Deswegen ist es unsere größte Aufgabe im 21. Jahrhundert, die Gesetze des Marktes wieder mit der Menschlichkeit zu versöhnen. 

Auch die besten Absichten können fatale Wirkungen haben: Kostenlose Lebensmittelhilfe des Westens zerstört den Markt für die örtliche afrikanische Landwirtschaft. Viel zu oft erreichen die Entwicklungsgelder nicht diejenigen, für die sie bestimmt sind - vor allem, wenn sie als direkte Budgethilfe überwiesen werden. In den Händen der herrschenden Kleptokraten wird das Geld zum Instrument des Machterhalts und liefert das Schmiermittel für die grassierende Korruption.

Entwicklungshilfe muss Eigeninitiative fördern

Nicht nur westliche Ökonomen wie William Easterly von der New York University oder der schottische Wirtschaftsnobelpreisträger Angus Deaton kritisieren inzwischen die landläufigen Konzepte der Entwicklungshilfe als vollkommen verfehlt. Was wir dringend brauchen, ist ein internationaler "Rechnungshof für Entwicklungshilfe" nach dem gleichnamigen deutschen Vorbild, der Jahr für Jahr den Umgang der öffentlichen Hand mit dem Steuergeld der Bürger unter die Lupe nimmt. Denn Hilfe zur Entwicklung ist nur dann sinnvoll, wenn sie tatsächlich die Eigeninitiative der Menschen fördert.

Afrika braucht Hilfe zur Entwicklung, die nachhaltig ist und auf Eigeninitiative setzt. Denn eines ist sicher: Niemand von außen - nicht Amerika, nicht Europa und auch nicht China - wird Afrika "retten" können. Das kann Afrika nur selbst, wenn seine Menschen wieder Zuversicht und den Glauben an die eigene Stärke gewinnen. Erst dann wird der Exodus der Talente aus Afrika ein Ende finden. Die Afrikaner müssen ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen. Europa kann und sollte ihnen dabei helfen - damit aus dem ausblutenden Afrika ein Kontinent der Zukunft wird.

Prinz Asfa-Wossen Asserate ist ein Mitglied des ehemaligen äthiopischen Kaiserhauses, der seit über 40 Jahren in Deutschland lebt. Er ist Unternehmensberater für Afrika und den mittleren Osten, Bestsellerautor und politischer Analyst. Neben vielen literarischen Preisen und Auszeichnungen wurde ihm 2016 das Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland verliehen.

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