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China schafft Fakten durch Gas-Deal mit Katar

27. November 2022

China hat nichts gegen langfristige Lieferverträge über den Import des klimaschädlichen Erdgases. Deshalb kam es bei Katar zum Zug, das genau solche Verträge bevorzugt.

Gas-Bohrinsel vor Katar im Persischen Golf
Gas-Bohrinsel vor Katar im Persischen GolfBild: picture alliance/Jay Tuck

Auf der Suche nach sicherer Energieversorgung in unsicheren Zeiten wird verflüssigtes Erdgas (LNG) für viele Abnehmer immer interessanter. Vor allem für europäische Verbraucher, die schmerzhaft ihre Abhängigkeit von den Pipelines aus Russland spüren und sich davon unabhängig machen wollen. Aber auch China setzt auf LNG: Das staatliche Unternehmen Qatar Energy gab den Abschluss eines langfristigen Gasliefervertrags mit China bekannt. Das Emirat werde jährlich vier Millionen Tonnen verflüssigtes Erdgas in die Volksrepublik liefern. Der Vertrag läuft über 27 Jahre und gründet auf einer so genannten "Ex-Ship-Basis". Das heißt, dass Qatar Energy die Verschiffung und Lieferung des Flüssiggases übernehmen wird.

Außerdem soll der chinesische Konzern Sinopec einen Anteil am südlichen Teil der Erdgaslagerstätte North Field übernehmen. Die westlichen Energiekonzerne Shell, TotalEnergies und ConocoPhillips halten daran bislang einen Anteil von 25 Prozent.

Bundeswirtschaftsminister Habeck im März zu Gesprächen bei Saad Scharida al-Kaabi, Energieminister von Katar. Bild: Bernd von Jutrczenka/dpa/picture alliance

Deutschland will unter anderem durch den Import von LNG seine Abhängigkeit von Russland beenden und baut seine LNG-Infrastruktur mit hohem Tempo aus.  Als ein wichtiger Lieferant ist Katar als Hauptexporteuer für LNG im Gespräch. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck war bereits im März nach Katar gereist und hatte dort eine "Energiepartnerschaft" mit dem Emirat vereinbart. Ein konkreter Abschluss über die Lieferung von LNG ist jedoch noch nicht erzielt worden. Bundeskanzler Olaf Scholz sagte jetzt in einem Interview mit dem Magazin "Fokus", deutsche Unternehmen seien in Katar "in sehr konkreten Gesprächen, über die ich Ihnen mehr erzählen könnte, als ich werde." Dass der geplante LNG-Deal nicht geklappt hätte, "stimmt so nicht", so Scholz laut dpa.

China ist jedenfalls zum Zuge gekommen. Bei dem Deal mit Katar folge Peking einem einfachen Prinzip, sagt Johann Fuhrmann, Leiter des Pekinger Büros der Konrad-Adenauer-Stiftung. "China tut das, was China nutzt, und wenn es den Europäern schadet, dann nimmt es das in Kauf."

Ausbau von Hochspannungsnetzen in ZentralchinaBild: STR/AFP

Tatsächlich sei der Abschluss aus der Sicht Pekings sehr attraktiv, so Fuhrmann. Bislang habe China das meiste Flüssiggas aus den USA und aus Australien importiert. "Nun kann man diese Importe diversifizieren." Damit mache sich das Land auch unabhängiger von Einfuhren aus Russland. All dies geschehe auch vor dem Hintergrund der großen Dürre im vergangenen Sommer, während derer es zu enormen Stromausfällen kam. "Auch darum setzt man in Peking natürlich darauf, Energie aus anderen Quellen zu beziehen."

Welche Zukunft für Erdgas?

Für Katar hätten in erster Linie die Vertragsbedingungen eine Rolle gespielt, so Fuhrmann. Er weist darauf hin, dass Deutschland nur einen Vertrag für maximal fünf Jahre habe schließen wollen. "Das sahen die Katarer wohl nicht als lohnendes Geschäft an. Denn sie müssen ja die Tankerflotte und die Gasförderung ausbauen sowie weiter in die Verflüssigungs-Technik investieren. Das würde Katar rund 45 Milliarden US-Dollar kosten. Deshalb setzt man lieber auf langfristigen Partnerschaften."

Und genau die wollten Deutschland und andere europäische Länder nicht eingehen, sagt der Energie-Experte Heiko Lohmann, Chefredakteur des Fachmagazins "energate Gasmarkt". Zwar werde Katar die Produktion von 2026 an deutlich ausweiten. Die Exporte würden aber hauptsächlich nach Asien gehen. "Das grundsätzliche Problem ist, dass man in Europa anders als in China Gas nicht über einen 27 Jahre langen Zeitraum kaufen will. Denn die meisten Politiker gehen völlig richtig davon aus, dass Gas über einen so langen Zeitraum keine Zukunft hat."

Die "Neptune", ein Spezialschiff zur Umwandlung von verflüssigtem Erdgas in den gasförmigen Zustand, vor der Küste der Insel Rügen. Bild: picture alliance/dpa

Hinzu komme aber etwas anderes, so Lohmann: Katar will seinen Abnehmern möglichst wenig Flexibilität zugestehen. "Das schafft ein zusätzliches Problem. Denn wenn die Europäer einen Vertrag über 20 Jahre abschließen, Gas aber nur noch 15 Jahre verwenden, dann würden sie den Rest nach Möglichkeit gerne woanders verkaufen. Wenn die Vertragsbedingungen das aber erschweren, dann ist es für Abnehmer natürlich noch schwieriger, solche Verträge einzugehen."

LNG-Importe werden teurer

Tatsächlich dürfte es auf dem Markt für LNG künftig eng werden. So warnte das japanische Handelsministerium dieser Tage, dass sich der weltweite Wettbewerb um Flüssigerdgas in den nächsten drei Jahren verschärfen werde. Das liege vor allem daran, dass zu wenig in das Angebot investiert werde. Langfristige LNG-Verträge, die vor 2026 beginnen, sind dem Handelsministerium zufolge bereits ausverkauft.

Für die Importeure bedeute dies, dass sie sich stärker auf den sogenannten Spotmarkt verlassen müssen, auf dem der Preis über Handelsplattformen ermittelt wird und der darum entsprechend volatil ist. Dort wird LNG derzeit fast dreimal so hoch gehandelt wird wie im Rahmen langfristiger Verträge. Angaben der "International Group of LNG Importers" zufolge erfolgten im vergangenen Jahr rund 30 Prozent aller LNG-Lieferungen über den Spotmarkt.

LNG - begehrter Stoff, dessen Preis stark steigen könnte Bild: Michael Weber/Imagebroker/picture alliance

Laut dem Finanzdienstleistungskonzern SP GLOBAL importierte Europa (einschließlich Großbritannien und Türkei) während der ersten drei Quartale des laufenden Jahres fast 95 Millionen Tonnen Flüssiggas. Dies entsprach einem knappen Drittel der weltweiten LNG-Einfuhren, während sie im gleichen Zeitraum des Vorjahres noch bei einem knappen Fünftel lagen. Zugleich stieg auch der europäische Anteil am so genannten Spot-Handel. An diesem ist Europa mit einem Drittel beteiligt. Im Vorjahr betrug dieser Anteil nur knapp 13 Prozent.

Kostspielige Energiesicherheit

Derzeit sei die Versorgungslage in Europa aber stabil, sagt Heiko Lohmann. Das liegt daran, dass die Speicher sehr voll sind und es zudem für die Jahreszeit sehr warm und der Verbrauch deutlich zurückgegangen sei, sei die Versorgungsage recht gut. "Wenn es im Winter nicht sehr kalt wird und das LNG-Angebot nicht deutlich zurückgeht, weil asiatische Unternehmen ihre Käufe deutlich erhöhen und Europa da nicht mehr mithalten möchte, sollte die Versorgung im kommenden Winter vernünftig funktionieren." Dass die Lage vergleichsweise entspannt sei, heiße aber nicht, dass auch die Preissituation  es sei. Die könne für Verbraucher extrem belastend sein.

 

Kersten Knipp Politikredakteur mit Schwerpunkt Naher Osten und Nordafrika
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