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Asien kämpft mit Folgen des Klimawandels

30. November 2009

Während europäische Küstenregionen sich mit Dämmen für die Zukunft wappnen, zerstören Überflutungen in vielen Entwicklungsländern Felder, Ernten, ganze Landstriche. Für sie ist der Klimawandel schon jetzt Realität.

Ein indonesischer Junge sitzt vor den Ruinen von der Flut zerstörter Häuser in Jakarta (Foto: AP)
Besonders der Inselstaat Indonesien leidet unter immer häufigeren ÜberschwemmungenBild: AP

Sie blicken in den Himmel und warten auf Regen. Tage, manchmal sogar Wochen schauen die Bauern in Nepal auf ihre Felder, ohne sie bearbeiten zu können. Doch wenn der Regen kommt, dann so stark, dass er die Felder überflutet, das Saatgut wegschwemmt, die Ernte vernichtet. "Früher wussten die Bauern in Nepal genau an welchem Tag sie ihre Samen aufs Feld streuen müssen und wann sie ernten können. Nach dem Monsunregen konnte man die Uhr stellen, so pünktlich kam er", erzählt Gehendra Gurung. Heute, so der Klimaaktivist, könnten die Bauern ihre Ernten hingegen nicht mehr planen. Oftmals können sie sich nicht mehr selbst ernähren und sind auf Hilfsleistungen angewiesen.

Gehendra Gurung arbeitet für eine Nichtregierungsorganisation in Nepal, die sich vor allem um die Folgen des Klimawandels in dem südasiatischen Land kümmert. Und er weiß, in Nepal ist der Klimawandel schon jetzt angekommen.

Gehendra Gurung fordert mehr Hilfe für die Bauern in NepalBild: Brot für die Welt

Auf der Klimakonferenz in Kopenhagen, so Gurung, sollten die Teilnehmer aus 192 Ländern auch darüber sprechen, wie man den Bauern in Entwicklungsländern helfen könne. Vor allem in den Hochgebirgen des Himalaya ginge ein immer größerer Teil der Ernte kaputt, weil plötzlich Schädlinge auftauchten, die es früher in der eigentlich kühlen Region nicht gegeben habe. Gurung fordert daher mehr in die Forschung zu investieren. Die beste Möglichkeit, den Bauern zu helfen, sei es, neue Getreidesorten zu entwickeln, die auch den veränderten Temperaturen standhielten. "Bis dahin aber", so Gurungs Apell nach Kopenhagen, "müssen die Bauern entschädigt werden, wenn eine Ernte ausfällt."

Ehemalige Bauern leben heute in Slums

Auch in Kenia gilt: Monatelang regnet es nicht, aber wenn es regnet, dann so stark, dass die Ernte zerstört wird.Bild: AP

Nepal ist nur eines von vielen Entwicklungsländern, die mit den veränderten klimatischen Bedingungen zu kämpfen haben. Der Kenianer Isaiah Kipyegon Toroitich berichtet von ganz ähnlichen Problemen wie sein Mitstreiter in Sachen Klima aus Nepal. Toroitich engagiert sich bei einer norwegischen Hilfsorganisation in Nairobi, und auch zu ihm kommen täglich Bauern, die seit Jahren keinen Regen mehr gesehen haben, die ihre Rinder, ihre Ziegen und ihr Getreide verloren haben. In der Hoffnung auf bessere Perspektiven ziehen viele junge Kenianer vom Land in die Städte. Doch auch dort gibt es keine Arbeit für sie. Ehemalige Bauern leben heute in Slums. Auch Toroitich fordert einen Ausgleich der Industrienationen für die Entwicklungsländer. "Sie haben den Klimawandel schließlich nicht verursacht", sagt er.

Ortswechsel nach Bangladesch. Hier leiden die Menschen vor allem unter Stürmen, Zyklonen und Überflutungen. Die Folge: Häuser, Straßen, ganze Dörfer werden zerstört. Sazzadur Rahman Chowedhury arbeitet für die Organisation Pro Depon. Ein Partner der Deutschen Katastrophenhilfe und Brot für die Welt. Wegen der zerstörten Strukturen verarmen auch in Bangladesch immer mehr Landwirte. Weil die Erwachsenen ihre Familien nicht mehr allein versorgen könnten, erzählt Chowedhury, müssten nun häufig die Kinder von ehemaligen Bauern aushelfen. "Das sind harte Jobs, die die Kinder machen", sagt er. Das Schlimmste aber sei, dass die Kinder deshalb nicht mehr in die Schule gingen.

Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen warnt im Vorfeld von Kopenhagen: die Zahl der Kinder, die von klimabedingten Naturkatastrophen betroffen sind, könnte in den nächsten Jahren auf 375 Millionen steigen.

Bis 2100 könnte der Meeresspiegel um gut einen Meter ansteigen

Ein weiteres Land, das schon jetzt die Folgen der Erderwärmung spürt, ist Indonesien. Hier trifft es vor allem die Fischer, wie Fasdy Tumiwa berichtet, der für eine Nichtregierungsorganisation in Jakarta arbeitet. Immer häufiger, so Tumiwa, würden die Küstenregionen überflutet. Dies liege zum Teil an den unberechenbaren Regenstürmen, die über den Inselstaat hinwegsausen, vor allem aber auch an dem steigenden Meeresspiegel. Im Vorfeld des Klimagipfels von Kopenhagen hat ein internationales Forscherteam neue Berechnungen erstellt. Das Ergebnis: bis zum Jahr 2100 wird der Meeresspiegel um gut einen Meter ansteigen. Doppelt so hoch wie die Schätzungen des Weltklimarats.

Sazzadur Rahman Chowedhury aus BangladeschBild: Brot für die Welt

Mit dem steigenden Meeresspiegel setzen sich natürlich auch die Industrienationen auseinander – nicht selten aber als wissenschaftlich zu betrachtendes Zukunftsszenario ihrer eigenen Länder. So liegen auch die Niederlande zu gut einem Drittel gerade mal auf oder unter dem Niveau des Meeresspiegels. Doch die Holländer sind gut vorbereitet: Sämtliche Deiche und Dämme sollen in den nächsten Jahren höher, breiter und stärker gemacht werden, in den Flussregionen sollen Notauffangbecken und künstliche Seitenarme entstehen. Architekten sehen in den Niederlanden der Zukunft eine Herausforderung, um ganze Stadtviertel mit neuen "Waterwoningen" zu entwerfen. Für die Menschen in Bangladesch und Indonesien bedeutet schon jetzt jeder Tag eine Herausforderung: nämlich die, trotz Wasserfluten zu überleben.

Autorin: Sarah Judith Hofmann

Redaktion: Silke Ballweg