Assad warnt Westen vor Einmischung
31. Oktober 2011Syriens Präsident Baschar al-Assad bleibt auch nach monatelangen Unruhen, Tausenden Toten und zahlreichen Warnungen aus dem Westen vor weiterer Gewalt gegen Oppositionelle unnachgiebig. In einem Interview des russischen Staatsfernsehens, aus dem die Agentur Ria-Nowosti zitierte, betonte er am Sonntagabend (30.10.2011), dass ein Umsturz in Syrien "nach libyschem Szenario" unmöglich sei. "Syrien ist nicht Libyen", sagte er. Jeder Versuch, ein ähnliches Szenario wie in dem nordafrikanischen Staat umzusetzen, "wird teuer zu stehen kommen", drohte er.
Die Unruhen in Syrien stellte er als Werk der Opposition dar, "die nicht immer friedlich" sei. In den vergangenen Monaten seien Hunderte Sicherheitskräfte getötet worden, teils von Terroristen, teils aber von bewaffneten Bürgern. Nach Assads Darstellung seien die Waffen aus dem Ausland, "entweder aus Israel oder anderen Staaten", nach Syrien geschmuggelt worden.
Assad warnt vor "neuem Afghanistan"
Der syrische Machthaber hatte bereits zuvor in einem Interview der britischen Zeitung "Telegraph" den Westen vor einer Einmischung in Syrien gewarnt. Jede Intervention würde ein "Erdbeben" auslösen. Er drohte zugleich mit einem "neuen Afghanistan": "Wollen Sie ein neues Afghanistan? Oder zehn davon?", sagte Assad in Anspielung auf den seit mehr als zehn Jahren andauernden NATO-Einsatz am Hindukusch. "Jedes Problem in Syrien wird die gesamte Region in Brand stecken. Wenn der Plan ist, Syrien zu spalten, wird die ganze Region gespalten", so Assad. Gegner der syrischen Regierung fordern mittlerweile von der internationalen Gemeinschaft, nach dem Vorbild Libyens auch in Syrien einzugreifen.
Assad setzt auf Russland
Assad steht international weitgehend isoliert dar. Er bat das verbündete Russland um Unterstützung und betonte das "historische" Verhältnis beider Länder. "Wir verlassen uns auf Russland als ein Land, mit dem wir starke Verbindungen pflegen", sagte Assad am Sonntag dem Sender Channel One. "Die Rolle Russlands ist extrem wichtig." Moskau wisse zudem um die "Gefahren einer militärischen und politischen Intervention in Syrien".
Der russische Präsident Dmitri Medwedew hatte Assad vor knapp einem Monat zwar zu Reformen und andernfalls zum Rücktritt aufgefordert, trotzdem bremst Moskau als ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat mit Vetorecht weiter ein entschiedenes Vorgehen gegen Syrien. Auch China gilt als Bremser. Allerdings sagte Chinas Nahost-Gesandter Wu Sike am Sonntag in Kairo, er habe der syrischen Führung bei einem Treffen in Damaskus die "Gefahr der Situation" verdeutlicht und ein Ende der Gewalt gefordert.
Arabische Liga versucht zu vermitteln
Vermittlungsversuche unternimmt seit Wochen die Arabische Liga, deren Präsidentschaft momentan Katar inne hat. Der syrische Außenminister Walid al-Muallim nahm am Sonntag in der katarischen Hauptstadt Doha an einem zweiten Treffen mit Außenministern der Staaten der Arabischen Liga teil. Die Liga habe erneut versucht, den Syrern ein Vermittlungsangebot zu machen, berichtete der katarische Premierminister Hamad bin Jassim. Assads Vertretern sei ein zweiter Plan übergeben worden, der die Krise lösen soll und von der syrischen Führung ein "sofortiges" Ende des gewaltsamen Vorgehens gegen Regierungskritiker verlangt. Einen ersten Vorschlag der Liga hatte Assad abgelehnt.
Der Generalsekretär der Arabischen Liga, Nabil al-Arabi, sagte am Montag, Panzer und Militärfahrzeuge, die von Damaskus entsandt wurden, um Proteste zu unterdrücken, müssten zurückgezogen und ein Dialog mit der Opposition aufgenommen werden. Die Arabische Liga hat das Regime in Damaskus bereits mehrmals erfolglos zu einem Ende der Gewalt gegen die Opposition aufgerufen und die anhaltende Tötung von Zivilisten verurteilt.
Brutales Vorgehen der Armee
Assads Sicherheitsapparat unterdrückt seit Monaten brutal die Proteste gegen sein Regime. Die Sicherheitskräfte gehen dabei mit großer Härte gegen die Demonstranten vor. Noch am Wochenende gab es erneut Zusammenstöße zwischen Soldaten und Demonstranten. Nach Angaben der Aktivisten kamen dabei mehr als 30 Menschen ums Leben. In Homs seien mehrere Zivilisten in ihren Häusern erschossen worden. Die Armee habe dort Panzergranaten auf Wohnhäuser abgefeuert.
Bei den Protesten gegen das Regime sind nach Angaben der Vereinten Nationen seit Mitte März mehr als 3.000 Menschen getötet worden.
Autorin: Naima El Moussaoui (dpa, dapd, rtr, afp)
Redaktion: Nicole Scherschun/Reinhard Kleber