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Assads taktisches Versprechen

Daniel Scheschkewitz27. März 2012

Die Zustimmung Baschar al-Assads zum Friedensplan des UN-Sonderbeauftragten Kofi Annan dürfte vor allem taktischer Natur sein. Syriens Präsident hat schon viel versprochen, meint Daniel Scheschkewitz.

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Ein sofortiger Waffenstillstand, der Rückzug des syrischen Militärs aus den belagerten Protesthochburgen, politische Reformen und eine Freilassung aller während des Aufstandes inhaftierten Gefangenen - dies sind die wesentlichen Punkte des Friedensplanes von Kofi Annan. Ihm soll Syriens Alleinherrscher Baschar al-Assad nach langem Zögern nun doch noch zugestimmt haben. Ob es sich um eine belastbare Zusage des Diktators handelt, werden wir schon bald wissen. Meint es Assad dieses Mal ernst, müssten die Waffen des bedrängten Regimes bald schweigen. Humanitäre Hilfe würde die Hochburgen des Aufstandes erreichen und die Gefängnistore würden sich öffnen.

Assad würde Kofi Annan empfangen, um mit ihm über die Modalitäten einer UN-Beobachtermission zu verhandeln, die zügig in Gang gesetzt würde und deren Mitglieder unbeschränkten Zugang zu allen Einrichtungen im ganzen Land hätten. Dies klingt ungefähr so wahrscheinlich wie ein arabisches Märchen aus Tausendundeiner Nacht.

Taktik statt Einsicht

Vor dem Hintergrund der bisherigen Versprechen Assads, die sich bislang fast ausnahmslos als leer erwiesen haben, ist dieses Mal um so mehr Skepsis angebracht. Kaum eine politische Reform, die er in den vergangenen Monaten nicht angekündigt hätte, nur um die Unterdrückung beinah zeitgleich noch zu verschärfen. Der internationalen Staatengemeinschaft hatte Assad schon mehrfach Kooperationsbereitschaft signalisiert, ohne dass darauf Verlass gewesen wäre.

Auch jetzt dürfte seine Zustimmung zu Kofi Annans Friedensplan taktischem Kalkül entspringen und der nüchternen Einschätzung, dass seine aktuelle Lage ihm kaum eine andere Wahl ließ. Seit Annans erstem Besuch in Damaskus vor zwei Wochen hat sich doch einiges verändert. Moskau hat eine kritische Haltung gegenüber Assad eingenommen und sich hinter den Friedensplan der UNO gestellt. Ganz offensichtlich haben die Russen in der Folge den Druck auf ihren alten Verbündeten erhöht.

Assad zunehmend isoliert

China scheint ebenfalls bereit, seine Blockadepolitik im Weltsicherheitsrat aufzugeben und sich hinter die Friedensmission Kofi Annans zu stellen. Das Nachbarland Türkei hat Anfang dieser Woche seine diplomatischen Beziehungen zu Syrien abgebrochen. Um Assad ist es international einsam geworden. Sein politischer Handlungsspielraum ist geschrumpft. Hinzu kommt: Saudi-Arabien und einige der Golfemirate haben mit Waffenlieferungen an die Rebellen begonnen. Auch militärisch ist der Aufstand näher an das Machtzentrum des Regimes herangerückt. Das Blutvergießen hat die Hauptstadt Damaskus erreicht. Nach einer letzten Warnung Moskaus konnte Assad vermutlich gar nicht anders, als den Friedensplan zumindest pro forma zu akzeptieren.

DW-Redakteur Daniel ScheschkewitzBild: DW

Seine tatsächliche Umsetzung ist damit aber noch keinen Schritt näher gerückt. Vor allem in den Reihen der syrischen Opposition dürfte es niemanden geben, der glaubt, dass Assad diesmal Wort halten wird. 9000 Tote hat der Aufstand bisher gefordert und jeden Tag werden es mehr. Für die Rebellen ist eine Beendigung der Kämpfe ohne einen Machtverzicht Assads schon lange keine Option mehr. Ob sie ohne Vorleistung des Regimes einem Waffenstillstand zustimmen werden? Auch daran darf gezweifelt werden.

Zweifel an Opposition

Kofi Annan will eine UN-Beobachtermission zur Überwachung seines Friedensplans ins Land schicken. Selbst wenn Assad dem zustimmen sollte, ist es doch noch keine zwei Monate her, dass sich die Beobachtermission der Arabischen Liga als unfähig erwiesen hat, das Blutvergießen zu stoppen. Auch wenn die UNO mit einem breiteren und robusteren Mandat ausgerüstet wäre und die Beobachter besser ausgebildet sein sollten: ohne eine echte Bereitschaft auf Seiten des Regimes und der Opposition, lässt sich das im Bürgerkrieg versunkene Land nicht befrieden. Assad aber will in Wirklichkeit weiterkämpfen. Er braucht den Bürgerkrieg, um die Regimetreuen hinter sich zu scharen und selbst an der Macht bleiben zu können. Denn auch auf Seiten der Opposition, so berichten Menschrechtsorganisationen, soll es vermehrt zu Gräueltaten gekommen sein. Christen und Angehörige der alawitischen Minderheit, der auch Assad angehört, befürchten brutale Racheakte der Rebellen. Der Bürgerkrieg hat tiefe Gräben in Syrien aufgerissen und international wachsen die Zweifel am hehren Charakter der Opposition.

Mit seinem Einlenken hat Assad vor allem Zeit gewonnen. Kofi Annans Friedensmission aber bleibt eine Herkulesaufgabe. Sie ist um keinen Deut leichter geworden.

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