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Politik

AstraZeneca: Impfstoff-Berichte sind falsch

26. Januar 2021

Bald soll das Corona-Vakzin von AstraZeneca in der EU zugelassen werden. Doch laut Medien hilft das Mittel bei Senioren wenig. Der Hersteller hält dagegen.

Großbritannen Coronavirus Covid-19 Impfung
Eine 86-Jährige erhält das Vakzin von AstraZeneca im britischen Aylesbury (Archivbild)Bild: Jonathan Hordle/PA Wire/empics/picture alliance

Der britische Pharmakonzern AstraZeneca hat Meldungen zurückgewiesen, wonach sein Impfstoff bei Menschen über 65 Jahren nur eine Wirkquote von acht Prozent erreiche. Solche Berichte seien "komplett falsch", erklärte ein Sprecher. Vielmehr schließe die Notfallzulassung der britischen Aufsichtsbehörde (MHRA) ältere Personen mit ein. Eine im November im Fachblatt "Lancet" veröffentlichte Studie habe gezeigt, dass das Vakzin auch bei ihnen eine starke Immunantwort auslöse. Allerdings heißt es in einer späteren "Lancet"-Veröffentlichung auch, wegen geringer Fallzahlen gebe es noch zu wenig Daten zur Wirksamkeit bei Senioren.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn will sich nach eigenen Worten nicht an der Debatte hierüber beteiligen. Er wolle warten, bis die Studienergebnisse ausgewertet seien, sagte Spahn im ZDF-"Morgenmagazin". "Ich halte wenig davon, das jetzt in Überschriften spekulativ zu machen." Auf Basis der wissenschaftlichen Erkenntnisse werde in der kommenden Woche entschieden, welche Altersgruppen zuerst mit diesem Wirkstoff geimpft würden.

"Keine Spekulationen": Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (Archivbild)Bild: Michael Kappeler/dpa/picture alliance

Das Gesundheitsministerium erklärte später, auf den ersten Blick scheine es so, dass Dinge verwechselt würden: Rund acht Prozent der Probanden der AstraZeneca-Wirksamkeitsstudie seien zwischen 56 und 69 Jahre alt gewesen, nur drei bis vier Prozent über 70 Jahre. Daraus lasse sich aber nicht eine Wirksamkeit von nur acht Prozent bei Älteren ableiten.

Gebrochene Versprechen

Das "Handelsblatt" hatte unter Berufung auf Koalitionskreise über die angeblichen Probleme geschrieben. Auch die "Bild"-Zeitung berichtete darüber. Es wird erwartet, dass das Vakzin von AstraZeneca am Freitag in der EU zugelassen wird. In Großbritannien wird der Impfstoff bereits in großem Stil eingesetzt. Das Unternehmen steht zurzeit auch wegen angekündigter Lieferverzögerungen in der Kritik. So sollen die EU-Staaten weniger Impfstoff erhalten als zunächst angekündigt. Spahn sprach sich in einem DW-Interview dafür aus, Impfstoff-Exporte aus der EU in andere Weltregionen künftig zu regulieren.

Der Europaparlamentarier Peter Liese warnte das britische Pharmaunternehmen AstraZeneca in einem Interview mit der DW, dass es "Schaden nehmen" werde, wenn es seine Lieferengpässe bei Coronavirus-Impfstoffen in der Europäischen Union nicht korrigiere. Obendrein habe es den Anschein, dass Großbritannien von AstraZeneca bevorzugt behandelt werde: "Ich bin überzeugt, dass Großbritannien nicht im gleichen Ausmaß leidet wie die Europäische Union", sagte Liese der DW.

Angesichts der finanziellen Belastungen durch die Corona-Krise verlangt Kanzleramtschef Helge Braun, die Schuldenbremse für einen längeren Zeitraum auszusetzen und dafür das Grundgesetz zu ändern. In einem Gastbeitrag für das "Handelsblatt" schreibt der Minister, auch mit strenger Ausgabendisziplin sei die Defizitgrenze in den kommenden Jahren nicht einzuhalten.

"Solide Staatsfinanzen nicht verhandelbar"

Statt die in der Verfassung vorgesehene Ausnahme für Naturkatastrophen auf unbestimmte Zeit zu nutzen, sollte man "ein klares Datum für die Rückkehr zur Einhaltung der Schuldenregel" ins Grundgesetz schreiben. Dies wäre nach den Worten des CDU-Politikers "eine strategische Entscheidung zur wirtschaftlichen Erholung". Der Verschuldungsspielraum, der bis dahin entstehe, solle finanzielle Zusatzbelastungen für Bürger und Unternehmen verhindern.

"Klares Datum ins Grundgesetz": Kanzleramtschef Helge Braun (Archivbild)Bild: Michael Kappeler/dpa/picture alliance

In der Unionsfraktion im Bundestag regt sich allerdings Widerstand gegen den Vorstoß. Deren haushaltspolitischer Sprecher Eckhardt Rehberg sagte der Nachrichtenagentur Reuters, man halte "an der Schuldenbremse im Grundgesetz" fest. "Solide Staatsfinanzen" seien für die Unionsfraktion "nicht verhandelbar". Brauns Vorschlag spiegele nur dessen "persönliche Meinung" wider.

Probleme, wenn die Rechnung kommt

Ebenfalls ums Geld geht es bei der Frage, wie oft Patienten und Personal in deutschen Krankenhäusern auf Mutationen des Coronavirus getestet werden. Dies müsse häufiger geschehen, fordert der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Georg Baum. Allerdings gebe es Schwierigkeiten "mit der Bereitschaft der Kassen, die Rechnungen zu übernehmen".

Beim Personal sei die Testung bisher nur auf Anweisung der Gesundheitsämter möglich, sagte Baum dem Sender RBB. Dies müsse jedoch den Krankenhäusern freigestellt werden. Eine Abriegelung ganzer Einrichtungen wie im Fall des Berliner Humboldt-Klinikums müsse die Ausnahme bleiben, da sonst die Gesundheitsversorgung zusammenbreche. In der Einrichtung gilt seit Samstag ein Aufnahmestopp, weil dort eine Variante des Coronavirus festgestellt wurde, die als besonders ansteckend gilt.

Knapp 53.000 Corona-Tote

Laut den jüngsten Zahlen des Robert-Koch-Instituts (RKI) wurden in Deutschland 6408 Corona-Neuinfektionen innerhalb von 24 Stunden verzeichnet. Wie das RKI mitteilte, stieg die Zahl der an oder mit dem Erreger gestorbenen Patienten um 903 auf insgesamt 52.990. Die Sieben-Tage-Inzidenz, die angibt, wie viele Menschen sich pro 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche neu angesteckt haben, ging leicht auf 107,6 zurück. Wegen der hohen Infektionszahlen hatten Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Regierungschefs der Länder in der vergangenen Woche den derzeitigen Lockdown bis Mitte Februar verlängert und verschärft.

jj/ww (dpa, afp, rtr)

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