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PolitikEuropa

AstraZeneca und das Impf-Chaos in der EU

Marco Müller
9. April 2021

Chaotisch und uneinheitlich. Das sind die zwei Begriffe, die den Umgang Europas mit dem Impfstoff von AstraZeneca gegen COVID-19 am besten beschreiben. Eine kurze Chronologie.

Weltspiegel 18.03.2021 | Corona | AstraZeneca-Impfstoff
Gekippt: Wie die Flasche, so die StimmungBild: Dado Ruvic/REUTERS

Was die Altersempfehlungen des Impfstoffes von AstraZeneca angeht, agiert Europa alles andere als einheitlich. Zudem ändern die einzelnen Länder je nach Bewertung der aktuellen Lage ihre Empfehlungen. Darum ist dieser Überblick über den Einsatz des britischen Impfstoffes nur als Momentaufnahme zu sehen.

Das Nebenwirkungs-Hickhack 

Ende Januar 2021 gibt die europäische Arzneimittelagentur EMA ihr OK für den COVID-19-Impfstoff von AstraZeneca. Die Ständige Impfkommission in Deutschland empfiehlt allerdings den Einsatz des Impfstoffes von AstraZeneca nur für Menschen unter 65 Jahren, da für Ältere keine ausreichenden Daten vorlägen.

Am 11. März gibt die Ständige Impfkommission den Impfstoff auch für über 65-Jährige frei, da nun ausreichend Daten vorliegen sollen. Am selben Tag stoppt Dänemark die Impfungen mit AstraZeneca.

Der Grund: Mehrere Menschen sollen in zeitlichem Zusammenhang mit einer AstraZeneca-Impfung eine Hirnvenenthrombose bekommen haben. Eine Person soll an der sehr seltenen und gefährlichen Krankheit gestorben sein.

Während Deutschland weiter impft, schließen sich die Niederlande, Bulgarien und Island dem Impfstopp an. Später stoppen auch Frankreich, Spanien, Portugal, Italien, Slowenien, Luxemburg - und Deutschland am 15. März.

Drei Tage später erklärt die EMA den Impfstoff für ausreichend sicher. Einen Tag später setzt Deutschland die Impfungen mit AstraZeneca ohne Altersbeschränkung fort.

Um die ebenfalls häufig in Europa eingesetzten Impfstoffe von Moderna und BioNTech/Pfizer gibt es keine DiskussionBild: Bildagentur-online/Ohde/picture alliance

Nachdem sich die Zahl der gemeldeten Fälle von Hirnvenenthrombosen speziell bei jüngeren Frauen erhöht hat, beschließt die Bundesregierung auf Rat der Ständigen Impfkommission am 30. März, ab jetzt nur noch Menschen über 60 mit AstraZeneca zu impfen.

Einen Tag später erklärt die EMA, dass es nicht ausreichend Belege gebe und sie daher keine Alterseinschränkung ausspreche. Am 7. April erklärt die EMA nach einer weiteren Prüfung, dass es zwar einen Zusammenhang zwischen Impfung und der seltenen Hirnvenenthrombose gebe, der Nutzen der Impfung aber die Risiken überwiege. Eine Altersbeschränkung spricht die EMA nicht aus. Am selben Tag teilt die britische Impfkommission mit, dass AstraZeneca wegen der Nebenwirkungen nur noch an Menschen über 30 verimpft werden soll.

Die EMA kann nur Empfehlungen an die 27 EU-Mitgliedsländer aussprechen, da diese eigenständig entscheiden. Darum gibt es aktuell im Hinblick auf die Altersempfehlung bei den Impfungen mit AstraZeneca einen Flickenteppich, wie nachfolgende Auswahl zeigt: 

Länder, die kein AstraZeneca verimpfen

Nachdem eine 60-jährige Frau eine Woche nach der Impfung mit AstraZeneca an einer Hirnvenenthrombose stirbt, stoppt Dänemark am 11. März die Impfungen mit AstraZeneca vollständig. Das Nicht-EU-Land Norwegen folgt. Bis heute haben beide Länder die Impfungen nicht wieder aufgenommen. Zunächst soll der Impfstopp bis Mitte April gelten.

Impfung für Menschen ab 70

Das Nicht-EU-Mitglied Island setzt am 11. März, kurz nachdem Dänemark den Impfstopp bekanntgibt, ebenfalls die Impfungen mit AstraZeneca aus, gibt aber am 24. März bekannt, es für die Impfung von Menschen ab 70 Jahren wieder einzusetzen.

Impfung für Menschen ab 65

Auch Finnland gibt am 24. März bekannt, nach dem Impfstopp AstraZeneca weiter zu verimpfen, allerdings nur an Menschen ab 65 Jahren. Schweden schließt sich an. Es fällt auf, dass es speziell Länder im Norden Europas sind, die eine hohe Altersbeschränkung setzen oder es gar nicht verimpfen.

Impfung für Menschen ab 60

Auch nach der neusten Empfehlung der EMA, keine Altersbeschränkung vorzunehmen, bleibt Deutschland dabei, den COVID-19-Impfstoff der britischen Pharmafirma nur an Menschen ab 60 Jahren zu verabreichen. So handhaben es auch Italien und die Niederlande. Spanien und auch Portugal haben angekündigt, sich dem anzuschließen.

Um für Vertrauen zu werben, haben sich unter anderem Bundespräsident Steinmeier (Foto) und der angesehene Gesundheitsexperte Karl Lauterbach mit AstraZeneca impfen lassenBild: Steffen Kugler/Bundesregierung/dpa/picture alliance

Impfung für Menschen ab 55

In Frankreich und Belgien hingegen dürfen Menschen geimpft werden, die fünf Jahre jünger sind. Hier beginnen die Impfungen mit AstraZeneca ab einem Alter von 55 Jahren.

Impfung für Menschen ab 30

Die britischen Gesundheitsbehörden haben kurz nach der altersunabhängigen Empfehlung der EMA überraschend mitgeteilt, den von der Universität Oxford entwickelten Impfstoff von AstraZeneca nur noch an Menschen ab 30 Jahren zu verabreichen.

Keine Einschränkung

Österreich folgt der Empfehlung der EMA und impft jeden Volljährigen unabhängig von seinem Alter weiterhin mit AstraZeneca.

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