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Politik

Melilla: Kein Asyl für Schwarze

Santiago Sáez | Mara Bierbach
16. November 2017

Die meisten, die in der spanischen Enklave Melilla in Nordafrika Asyl beantragen, sind Syrer, Jemeniten und Algerier. Menschen mit schwarzer Haut sind kaum darunter. Warum? Santiago Saez aus Melilla.

Mellila Flüchtlinge warten an der Grenze in Melilla
Bild: DW/S. Sáez

Ein kleines Stück Hoffnung - Hoffnung auf Asyl, ohne die lebensgefährliche Reise auf einem Schleuserboot über das Mittelmeer auf sich nehmen zu müssen - liegt an der Küste von Marokko: Melilla, eine spanische Enklave, 86.000 Einwohner, auf der Fläche einer deutschen Kleinstadt. Doch Hoffnung machen können sich vor allem Geflüchtete aus dem Nahen Osten und Nordafrikaner. Es nach Melilla zu schaffen, ist für niemand einfach, doch für schwarze Menschen fast unmöglich.

"Welche Asylbehörde? Eine Asylbehörde in Beni Ansar? Aber das ist für uns unmöglich. Wir kommen nicht mal in die Nähe der Grenze. Das ist nur was für Syrer", so wird ein Mann aus Guinea im Jahresbericht 2016 der Andalusischen Menschenrechtsorganisation APDHA zitiert. Der Ort Beni Ansar liegt in Marokko, direkt an der Grenze zu Melilla. Um auf geregeltem Weg nach Melilla zu kommen, müssen Geflüchtete hier passieren - und damit auch den marokkanischen Grenzschutz.

In den Wäldern am Berg Gourougou verstecken sich viele Geflüchtete auf dem Weg nach MelillaBild: DW/S. Sáez

Wie viele andere schwarze Migranten und Flüchtlinge lebte der Mann, der mit APDHA sprach, in den Wäldern der Provinz Nador. Dort bereiten sie sich auf den harten Weg nach Melilla vor. Es sind nur wenige Kilometer, die sie von der spanischen Enklave trennen. Doch die Stadt ist umgeben von bis zu sieben Meter hohen, mit scharfem Stacheldraht versehenen Grenzzäunen. Über sie zu klettern, kann tödlich enden, ebenso wie der Versuch, schwimmend den Hafen von Melilla erreichen, oder versteckt in einem Lastwagen.

Schwarze Menschen werden weggeschickt

Ende 2014 eröffnete Spanien zwei Asylbüros in Nordafrika, je eins in Melilla und Ceuta, den beiden spanischen Exklaven in Marokko. Die Erwartung, dies könnten dazu beitragen, den Asylprozess humaner zu gestalten, wurden bitter enttäuscht. Das Büro in Ceuta ist mittlerweile geschlossen. Nach Melilla schaffen es nur wenige Asylsuchende, vor allem Araber und Nordafrikaner.

Laut Angaben aus dem spanischem Innenministerium haben etwa 1000 Menschen in Melilla in den ersten fünf Monaten des Jahres Asyl beantragt. Davon haben 882 ihren Antrag gleich an der Grenze gestellt - allesamt aus Syrien, Palästina, Jemen, Libanon und Nordafrika. 119 Menschen beantragten erst in der Stadt Asyl, darunter viele aus Subsahara-Afrika, allein 45 von ihnen aus Guinea. Die Asylbehörde an der Grenze von Melilla liegt direkt neben der Grenzkontrollstelle. Wer hier Asyl beantragen will, der muss zuerst an der Passkontrolle der marokkanischen Polizei vorbei.

Entscheidend: aussehen wie ein Marokkaner

"Hier kommt noch einer. Er ist minderjährig, aber nur noch für ein paar Tage." Die Polizistin nimmt dem Jungen seinen verschlissenen blauen Reisepass ab und gibt ihn an ihren Kollegen von der Asylbehörde weiter. Der junge Mann setzt sich in das kleine Wartezimmer, unterhält sich auf Arabisch mit einem Mitarbeiter des UNHCR. Das UN-Flüchtlingskommissariat unterstützt die spanischen Behörden vor Ort.

Der Junge ist Syrer, aber wahrscheinlich hat er die Grenze nach Melilla nicht mit seinem syrischen Pass überquert. "Es ist ja nicht so, als würden die marokkanischen Grenzpolizisten Syrer durchlassen. Aber sie besorgen sich gefälschte marokkanische Pässe - so kommen sie über die Grenze, denn optisch können sie als Marokkaner durchgehen", sagt Helena Maleno. Sie arbeitet als Journalistin in Marokko und ist auch als Menschenrechtsaktivistin aktiv. Diverse Menschenrechtsorganisationen, darunter APDHA und die lokale Kinderrechtsorganisation PRODEIN Melilla, bestätigen diese Beobachtung.

Melilla ist umgeben von Grenzzäunen, die zum Teil bis zu sieben Meter hoch sindBild: Mikel Romeo

"Eine Mausefalle"

"Melilla ist wie eine Mausefalle. Rein kommen ist leicht", sagt Leopoldo Bueno, der im Ort als Anwalt arbeitet. Wer an der Grenze zu Melilla oder in der Stadt Asyl beantragt, bekommt ein vorläufiges Ausweisdokument, das den Inhaber als Asylantragsteller identifiziert. Er wird vorübergehend in der Stadt geduldet, darf allerdings nicht arbeiten, bis der Asylstatus geklärt ist.

Doch darf er Melilla auch in Richtung Spanien verlassen? Unter vielen Asylsuchenden geht das Gerücht, nach der Antragstellung säßen sie in der Stadt fest. Das wird dadurch verstärkt, dass das Ausweisdokument den Vermerk "Gilt nur in Melilla" trägt. Dutzenden von Menschen mit diesen roten Identitätskarten wurde schon der Zutritt zu den Fähren nach Spanien verweigert - eine Praxis, die die spanische Kommission für Menschenrechte als unrechtmäßig bezeichnet. Tatsächlich hat das höchste spanische Gericht vor kurzem bestätigt, dass Asylantragsteller das Recht haben, von Melilla nach Spanien zu reisen.

Doch viele potentielle Antragsteller sind abgeschreckt. "Sie hören, dass sie nicht aus Melilla rauskommen werden, wenn sie hier Asyl beantragen. Also entscheiden viele sich dagegen. Dabei dürfen Asylantragsteller die Stadt verlassen; es ist nur ein langwieriger Prozess", so Anwalt Bueno.

STOP: Vor der Grenze von MelillaBild: Mikel Romeo

Institutionalisierter Rassismus

Es stimme allerdings, dass Asylanträge je nach Herkunftsland der Antragsteller unterschiedlich schnell bearbeitet werden, sagt Isabel Torrente, die für Melilla Acoge arbeitet. Diese Organisation hilft Migranten dabei, bürokratische, rechtliche und sprachliche Hürden zu überwinden. "Es stimmt, dass irgendwann alle auf die iberische Halbinsel dürfen, aber wer wann wohin darf, ist nicht klar." Dürfen Syrer schneller Melilla Richtung Spanien verlassen? "Ja, in der Regel schon."

Jose Palazon von PRODEIN Melilla wirft den Behörden Rassismus vor: "Sie wollen keine Schwarzen als Flüchtlinge. Das passt nicht in ihre Geschichte. Nur Syrer passen in ihre Vorstellungen", so der Aktivist.

Eine Anfrage der Deutschen Welle an das spanische Innenministerium blieb unbeantwortet.

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