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Griechenland Schuldenschnitt

6. Januar 2012

Die Verhandlungen zwischen der griechischen Regierung und ihren Gläubigern um einen Teilschuldenerlass gestalten sich schwierig. Dennoch üben sich die Beteiligten in Optimismus.

Die griechische Flagge vor dem Parlament in Athen (Foto: dpa)
Bild: dapd

Die einen spielen auf Zeit, die anderen drängen auf eine schnelle Einigung. Noch am Anfang der Woche äußerte sich der Internationale Währungsfonds skeptisch zum vereinbarten Forderungsverzicht von 50 Prozent und drängte auf einen umfangreicheren Schuldenschnitt für Griechenland. Der griechische Regierungssprecher Pantelis Kapsis erklärte zum selben Zeitpunkt in Athen, es werde wohl bald eine Einigung geben.

Am späten Donnerstagabend (05.01.2012) verkündete dann Finanzminister Venizelos voller Zuversicht, die Verhandlungen über einen Schuldenschnitt könnten sogar bis Mitte Januar abgeschlossen sein - also pünktlich zur Rückkehr der Troika aus EU, EZB und IWF.

Gläubiger und Athen uneins

Schwierige Verhandlungen um ZinssätzeBild: Fotolia/ChaotiC_PhotographY

Auf ihrem Krisengipfel Ende Oktober hatten die Euro-Länder beschlossen, dass Banken und Versicherungen auf die Hälfte ihrer Forderungen an Griechenland verzichten und ihre alten Anleihen gegen neue Papiere mit einem Bewertungsabschlag und längeren Laufzeiten tauschen. Das sollte allerdings auf freiwilliger Basis geschehen, damit der Teilschuldenerlass bloß keine Kreditausfallversicherungen (CDS) auslöst. Bei einer Staatspleite Griechenlands hätte die höchstwahrscheinlich eine Kettenreaktion in der Eurozone zur Folge.

Seitdem wird emsig verhandelt zwischen der griechischen Regierung und ihren Gläubigern. Die Verhandlungen seien auf einem guten Weg, aber wichtige Fragen noch offen, glaubt der griechische Ökonom Kostas Stathopoulos von der Manchester Business School: "Offenbar bleiben drei Verhandlungspunkte weiterhin umstritten: die Höhe des freiwilligen Schuldenschnitts, die Laufzeit der künftigen Staatsanleihen sowie deren Zinssatz". Griechenland wünsche sich einen günstigen Zinssatz von vier Prozent, aber die internationalen Gläubiger beharren wohl auf sechs Prozent. Zumal sie auch längere Laufzeiten hinnehmen müssen. Aus der Sicht des Anlegers sei diese Forderung durchaus verständlich, aber der politische Druck, private Gläubiger einbinden zu wollen, könne noch wachsen und die Geldgeber doch noch dazu bewegen, niedrigere Zinsen zu akzeptieren.

Kein Verhandlungsspielraum

Finanzminister Venizelos hat keine gute AusgangspositionBild: dapd

Die griechische Regierung hat ihrerseits akzeptieren müssen, dass ihre neuen Anleihen britischem Recht unterliegen. Dadurch bekommen internationale Gläubiger eine privilegierte Rechtsstellung bei künftigen Umschuldungen, denn die Regierung verzichtet ausdrücklich auf ihr Recht, Zahlungsmodalitäten durch schlichten Parlamentsbeschluss ändern zu können.

Diese Zusage sorgt auch für Unmut in Athen. Nach Ansicht mancher Experten und Politiker wäre Finanzminister Evangelos Venizelos sogar gut beraten, selber die Gläubiger unter Druck zu setzen und angesichts stockender Verhandlungen mit einem Ausstieg aus dem Euro zu drohen. Der Ökonom Kostas Stathopoulos sieht das anders. "So verlockend diese Idee für manche Politiker sein mag: Eine Drohung hätte nur dann Sinn, wenn Griechenland in der Lage wäre, einen primären Haushaltsüberschuss vorzuweisen", meint er. Dann würde die griechische Regierung nämlich überzeugend signalisieren können, dass sie nicht mehr auf die Märkte angewiesen ist. Derzeit sei davon jedoch nicht davon auszugehen, deswegen gäbe es für die griechische Seite auch keinen Verhandlungsspielraum in dieser Hinsicht.

Pleiteszenario

Zahlungsunfähigkeit nicht ausgeschlossenBild: picture-alliance / ZB

Die Gegenmeinung vertritt etwa der Börsenhändler Emmanuél Varsos: Bei Gesamtschulden von mehr als 350 Milliarden Euro sei auch ein freiwilliger Forderungsverzicht von 50 Prozent ohnehin nicht mehr ausreichend. Jedenfalls würde ein Teilschuldenerlass die Akteure an den Finanzmärkten nicht beruhigen, glaubt der Börsenexperte. Stattdessen müsse sich Griechenland für den schwierigen Weg entscheiden und in die Insolvenz gehen, ohne allerdings die Eurozone zu verlassen, forderte Varsos im Athener TV-Sender Skai. "Wer in der Vergangenheit bezahlt hat, um sich vor dem Platzen von Krediten abzusichern, der darf jetzt eben seine Kreditausfallversicherung (CDS) ausgezahlt bekommen", meint der Börsenexperte. Ohne CDS-Auszahlung werde der Schuldenmarkt zusammenbrechen, und dann hätte Griechenland erst recht keine Möglichkeit mehr, sich Geld zu leihen. Jedenfalls dürfe man sich nicht der Illusion hingeben, dass Griechenland nach einem nur scheinbar freiwilligen Anleihentausch in der Lage wäre, sich wieder Kredite auf dem freien Markt besorgen zu können.

Dennoch: Sowohl die griechische Regierung, als auch der internationale Bankenverband IIF halten weiterhin einen freiwilligen Teilschuldenerlass in den nächsten Wochen für möglich.

Autor: Jannis Papadimitriou

Redaktion: Mirjana Dikic

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