Athen startet Charme-Offensive
1. Februar 2015Griechenland erhält von seinen internationalen Partnern seit 2010 Kredite in Höhe von 240 Milliarden Euro, um einen Staatsbankrott zu verhindern. Das Hilfsprogramm läuft Ende Februar aus. Die neue griechische Regierung hat dem Sparkurs den Kampf angesagt und ruft nach einem Schuldenschnitt - bislang vergeblich. Nun präsentierte sie erstmals einen Zeitplan für eine Neuverhandlung des Schuldenabkommens.
Bis Ende Februar wolle man Zeit bekommen, um eigene Vorschläge auszuarbeiten, sagte Finanzminister Yanis Varoufakis (im Artikelbild links) nach einem Treffen mit seinem französischen Kollegen Michel Sapin in Paris. Sechs Wochen später könne dann ein realistisches Abkommen stehen. Varoufakis kündigte an, bis Mai werde sein Land keine neuen Darlehen aufnehmen. Stattdessen werde es sich bei der Europäischen Zentralbank (EZB) um die Sicherstellung der Liquidität bemühen. Die Rückzahlung bestehender Schulden müsse an die Fähigkeit gekoppelt werden, wieder Wachstum zu erzielen. Sein Land sei geradezu süchtig nach Verschuldung gewesen, es sei Zeit für einen Entzug.
Allerdings bestehen Zweifel, ob die Regierung in Athen ihre Ausgaben bis Mai finanzieren kann. Nach Ansicht von Experten wird Athen weiter auf den Beistand der Euro-Partner angewiesen sein - vor allem die griechischen Banken könnten ohne einen Unterstützungsmechanismus der EZB Probleme bekommen.
Frankreich zur Hilfe bereit
Sapin sagte seinem griechischen Kollegen Unterstützung bei der Suche nach einer Problemlösung zu. Es sei legitim, dass sich Griechenland über die Schuldenlast sorge und um eine Erleichterung bemühe. Ein Schuldenerlass würde aber nur die Last vom griechischen Steuerzahler auf andere europäische Steuerzahler verlagern. Griechenlands Platz sei in der Euro-Zone. Jede neue Vereinbarung mit der Regierung in Athen müsse berücksichtigen, in welchem Umfang sie zu Strukturreformen bereit sei. Wichtig seien die Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit und die Rückkehr zu Wachstum.
Varoufakis reist an diesem Montag weiter nach London. Am Dienstag wird er in Rom erwartet. Er will auch bald nach Berlin und Frankfurt am Main fahren. Er würde dort gerne Gespräche führen, um die griechische Haltung zu den Schuldenrückzahlungen zu erklären, sagte Varoufakis. Ein solcher Besuch sei "essentiell", schon wegen der Bedeutung Deutschlands in Europa. Ein Termin dafür ist nicht bekannt.
Merkel gegen Schuldenschnitt
Deutschland gehört zu den Ländern, die besonders nachdrücklich auf die Fortsetzung von Reformen dringen und auf der Rückzahlung von Schulden bestehen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte Forderungen nach einem Schuldenschnitt am Wochenende erneut abgelehnt. Ähnlich äußerten sich andere europäische Regierungschefs.
Am Freitag hatte Varoufakis einen Eklat ausgelöst, als er Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem in Athen eröffnete, sein Land werde nicht mehr mit der sogenannten Troika aus EU-Kommission, Internationalem Währungsfonds und EZB zusammenarbeiten. Die Troika kontrolliert bisher die Umsetzung der Sparprogramme, die die vorherige Regierung in Athen im Gegenzug für die Hilfskredite zugesichert hatte. Die Troika ist bei vielen Griechen verhasst.
Leisere Töne von Tsipras
Am Samstag versuchte der Ministerpräsident und Chef der linkspopulistischen Regierungspartei Syriza, Alexis Tsipras, die Wogen zu glätten. Niemand wolle Streit, er brauche aber mehr Zeit für sein Reformprogramm, versicherte Tsipras in einer Erklärung an die US-Nachrichtenagentur Bloomberg, die auch an andere Medien verbreitet wurde.
Wenn Griechenland die Spar- durch eine Wachstumspolitik ersetze, bedeute dies nicht, dass es seinen Verpflichtungen gegenüber der Europäischen Zentralbank oder dem Internationalen Währungsfonds nicht nachkommen werde. Tsipras strebt nach eigenen Angaben ein Programm an, dass radikale Maßnahmen gegen Steuerflucht, Korruption und Klientelpolitik umfasst, um einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen.
Parallel zum Reiseprogramm seines Finanzministers startet Tsipras an diesem Montag auf Zypern eine Art "Roadshow", um seine Vorschläge zur Lösung der griechischen Schuldenkrise vorzustellen. Bei seiner ersten Auslandsreise trifft der 40-jährige Regierungschef Zyperns Präsidenten Nikos Anastasiades. Dabei wird es auch um die Bemühungen zur Lösung der Zypern-Frage gehen. Am Dienstag will Tsipras nach Rom reisen. Am Mittwoch wird er in Paris und Brüssel erwartet.
kle/se (afp, dpa, rtr)