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Politik

Schleust die Türkei Somalier nach Griechenland?

8. Dezember 2020

Es ist ein alter Vorwurf mit neuem Aufhänger: Immer wieder beklagt die Regierung in Athen, dass die Türkei Migration absichtlich fördere, um der EU und damit auch Griechenland gehörig eins auszuwischen.

Flüchtlinge im Lager Kara Tepe im Nordosten der griechischen Insel Lesbos
Flüchtlinge im Lager Kara Tepe im Nordosten der griechischen Insel LesbosBild: Panagiotis Balaskas/AP/picture alliance

Die griechische Regierung hat der Türkei vorgeworfen, Somalier aktiv zur Ausreise zu ermutigen. Das türkische Bildungsministerium und andere Behörden des Landes würden in Somalia "die Einwanderung in die Türkei" bewerben und es später zulassen, dass die Migranten weiter in Richtung griechische Inseln zögen, sagte Migrationsminister Notis Mitarachi in Athen. "Wir haben zuverlässige Informationen darüber, dass Schleuser in der Türkei bewusst Migranten aus Somalia sammeln und über Griechenland in die EU schicken," Die Griechen werfen Ankara seit langem vor, Migration als Druckmittel gegenüber der EU einzusetzen.

Muslime in Mogadischu beim Gebet. Gibt es hier Versuche der Türkei, Somalier möglichst zahlreich Richtung EU zu locken?Bild: Getty Images/AFP/M. Abdiwahab

Man sei misstrauisch geworden, weil seit dem 1. November insgesamt 214 Migranten illegal zur Insel Lesbos übergesetzt hätten, von denen 142 aus Somalia gekommen seien, so Mitarakis weiter. Es lägen Beweise dafür vor, dass somalische Bürger von der Türkei Visa erhielten, die auch beworben würden, etwa mit dem Slogan "Geh in die Türkei und studiere". Grundlage für die Visa-Vergabe seien Zertifikate oder Dokumente, die somalische Institutionen wie ein Krankenhaus oder eine Universität in Somalias Hauptstadt Mogadischu ausstellten, die von der Türkei unterstützt würden.

Auch Nicht-Regierungsorganisationen beteiligt?

Es gibt laut dem griechischen Minister in Mogadischu eigens einen türkischen Ansprechpartner, der die Menschen bei der Einreiseprozedur unterstütze; die Kosten dafür beliefen sich auf 1300 bis 1500 Euro. In anderen Fällen seien Flüchtlingshelfer von Nicht-Regierungsorganisationen daran beteiligt, die Menschen bei Flügen in die Türkei zu unterstützen - auch dafür lägen entsprechende Aussagen Beteiligter vor.

"Soweit wir wissen, sind 300 Menschen auf diesem Weg in die Türkei geflogen", sagte Mitarachi unter Berufung auf die Aussagen somalischer Migranten. In der Türkei würden die Somalier zunächst in bestimmte Bezirke von Istanbul gebracht und schließlich in Küstengebiete nahe der Grenze zu Griechenland verlegt.

Griechenlands Migrationsminister Notis Mitarachi erhebt schwere Vorwürfe gegen die TürkeiBild: Imago Images/W. Aswestopoulos

"Es ist offensichtlich, dass diese Menschen in der Türkei keinem Risiko ausgesetzt sind, weshalb sie dort Asyl erhalten sollen, wenn dies angemessen ist", sagte der Migrationsminister. Es sei "Besorgnis erregend", dass die Türkei Somaliern offenbar die Migration erleichtere, indem sie ihnen Touristen-Visa ausstelle. Die Regierung in Ankara reagierte zunächst nicht auf die Vorwürfe.

Beziehungen von Athen und Ankara auf Tiefpunkt

Die Beziehungen zwischen Griechenland und der Türkei sind extrem angespannt. Zum Gasstreit im östlichen Mittelmeer hinzu kommen gegenseitige Vorwürfe in der Migrationspolitik. Die Türkei argumentiert, dass die Europäische Union sie nicht ausreichend bei der Unterbringung von Millionen Migranten unterstütze, die zu großen Teilen in die EU wollten.

Anfang dieses Jahres hatte es im griechisch-türkischen Grenzgebiet tagelange Auseinandersetzungen zwischen Migranten und Grenzschützern gegeben. Athen warf Ankara damals vor, eine neue Flüchtlingswelle absichtlich herbeigeführt zu haben. Zuvor hatte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan mit der Öffnung der Grenzen seines Landes zur EU gedroht.

Die EU hatte 2016 mit der Türkei einen Flüchtlingspakt geschlossen. Als Gegenleistung für die Rücknahme von auf den griechischen Inseln eintreffenden Migranten bekam Ankara Milliardenzahlungen zur Versorgung der rund 3,6 Millionen syrischen Flüchtlinge im eigenen Land.

sti/uh (afp, dpa)

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