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Im falschen Film

Christoph Hasselbach6. Februar 2015

Der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis hat in Berlin und anderen europäischen Hauptstädten praktisch nichts erreicht. Jetzt macht sich die Presse auch noch über seinen Stil lustig.

Varoufakis und Schäuble Foto: Reuters/F. Bensch
Bild: Reuters/F. Bensch

Die Stimmung in Deutschland ist ein bisschen wie auf dem Höhepunkt der ersten Griechenland-Krise vor einigen Jahren. Damals lästerten manche deutsche Zeitungen hemmungslos über Athen. Vor allem die "Bild"-Zeitung tat sich mit Sprüchen hervor wie "Ihr griecht nix von uns" und "Verkauft doch Eure Inseln, Ihr Pleite-Griechen".

Diesmal gibt sich "Bild" sachlicher: "Schäuble lässt Radikalo-Minister abblitzen", lautet die Schlagzeile. Aber der Artikel schafft es ohnehin nur auf Seite zwei, das Interesse am ganz großen Griechenland-Bashing scheint das Blatt verloren zu haben.

Wenig Verständnis für Athen

In der Sache ist sich die Presse in Deutschland beim Thema Griechenland allerdings einig: So geht es nicht. Nach dem Besuch des griechischen Finanzministers Yanis Varoufakis bei seinem deutschen Amtskollegen Wolfgang Schäuble nennt die Chemnitzer "Freie Presse" Athens Forderungen nach Schuldenerleichterungen "unverschämt und weltfremd".

Unter Beobachtung: Wie lange hält der Siegestaumel der Syriza-Sympathisanten an?Bild: Reuters/A. Konstantinidis

Die "Hessische Niedersächsische Allgemeine" vergleicht die Europatournee des Athener Ministers gar mit "der Randale eines Alkoholkranken, dem die Mutter zum ersten Mal nicht wieder heimlich Likör ans Bett gestellt hat". Die "Nürnberger Nachrichten" gehören zu den wenigen, die die Härte gegenüber Athen kritisieren: "Dieser Kurs, der auf Reformen drängt, ohne auf die Lage im Land zu schauen, führt nicht zu Erfolgen, sondern ins Desaster."

Die Pressekommentare bilden die Stimmung in der deutschen Bevölkerung ab. In der Umfrage des jüngsten ARD-Deutschlandtrends meinen 58 Prozent der Befragten, die EU solle darauf bestehen, dass Griechenland die vereinbarten Spar- und Reformbedingungen einhalte. Nur neun Prozent sind für einen teilweisen Schuldenerlass, wie ihn die neue griechische Regierung ursprünglich verlangte, während 31 Prozent eine Kompromisslösung in Form eines weiteren Rückzahlungsaufschubs befürworten.

Der griechischen Presse ist offenbar spätestens nach dem Gespräch zwischen Varoufakis und Schäuble bewusst geworden, dass ihre neuen Spitzenpolitiker sich verrannt haben. Die Boulevardzeitung "Ethnos" titelt: "Nervenkrieg - Schäuble besteht auf der Berliner Spardoktrin". Die konservative Zeitung "Kathimerini" spricht von einem "tiefen Spalt zwischen Athen und Berlin".

Feindbild: Noch 2012 wurde Bundeskanzlerin Merkel in Griechenland mit Hitler verglichen.Bild: picture-alliance/dpa

Die in der Mitte des politischen Spektrums angesiedelte "Ta Nea" schreibt: "Tanzen mit den Wölfen - Druck und Drohungen für die Einhaltung aller Auflagen". Die linke Parteizeitung "Avgi" hält natürlich Tsipras die Treue und meint trotzig: "Griechenland lässt sich nicht erpressen". Vor einigen Jahren war Bundeskanzlerin Angela Merkel noch mit Nazi-Uniform auf griechischen Titelseiten erschienen.

Der EZB-Hammer

Viel differenzierter als bei den Athener Forderungen nach Schuldenerleichterung ist das Echo dagegen auf die Entscheidung der Europäischen Zentralbank. Diese hatte beschlossen, künftig von griechischen Kreditinstituten keine griechischen Staatsanleihen mehr als Sicherheit zu akzeptieren.

Einige Blätter freuen sich zwar, Deutschland habe ausnahmsweise mal Schützenhilfe von der EZB bekommen. Die "Stuttgarter Zeitung" wiegelt aber ab: "EZB-Chef-Mario Draghi hat gezeigt, wo der Hammer hängt. Er sollte sich jedoch hüten, ihn zu benutzen."

Und das spanische Blatt "La Vanguardia" glaubt, wenn das so weitergehe, könne die Währungsunion am Ende auseinanderfallen: "Ein Bankrott der griechischen Banken würde einen Ausstieg aus dem Euro verursachen und das Land zu anderen Allianzen - etwa mit Russland - führen."

Erstaunlich oft wird auch das äußere Auftreten von Ministerpräsident Alexis Tsipras und Finanzminister Gianis Varoufakis in den deutschen Medien kommentiert. Der "Münchener Merkur" spricht von "den Halbstarken in Athen".

"Unpassender" Auftritt: Zum Treffen mit dem britischen Schatzmeister Osborne kommt Varoufakis in LederjackeBild: Reuters/Peter Nicholls

Das ist möglicherweise nicht nur politisch gemeint. Beide Männer verzichten ganz bewusst auch im Umgang mit hohen ausländischen Politikern auf die Krawatte. Varoufakis lässt dazu oft das Hemd aus der Hose hängen. Der Motorradfahrer mit den ganz kurz geschorenen Haaren gilt vor allem in Griechenland als cool.

Andere sind weniger angetan. Die britische Boulevardzeitung "The Sun" enthüllt sogar ein bisschen Bauch des Griechen. Auf dem Bild von seinem Gespräch mit dem elegant gekleideten Schatzkanzler George Osborne hatte die Knopfleiste von Varoufakis' kobaltblauem Hemd ein Stück Haut gezeigt. Den ganzen Auftritt nennt die Zeitung "unsuitable" - was sowohl "unpassend" heißt, aber auch eine Anspielung auf den fehlenden Anzug (englisch "suit") des Ministers ist.

Die deutsche Wochenzeitung "Die Zeit" widmet dem Äußeren von Varoufakis sogar einen ganzen Artikel. Autor Tillmann Prüfer urteilt darin: " Varoufakis hat den Stil seines Regierungschefs an Rotzigkeit noch übertroffen. Tsipras nimmt sich wenigstens Zeit für eine ordentliche Frisur, Varoufakis dagegen hat auch diese schon wegrationalisiert. Es trägt eine Glatze, entsprechend dem klassischen Look des Straßenkämpfers."

Sollten Tsipras und Varoufakis am Ende Zugeständnisse an die Geldgeber machen, wird es interessant sein zu sehen, ob damit auch äußere Veränderungen einhergehen werden.

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