Atomwaffensperrvertrag ohne Wirkung
2. Mai 2005Staaten wie Iran sollten auf die Entwicklung eigener Nuklearprogramme verzichten, und Atommächte wie die USA und Russland sollten ihre Arsenale weiter abbauen, sagte Annan am Montag (2.5.2005) in New York. Ähnlich äußerte sich Bundesaußenminister Joschka Fischer. Auf der einmonatigen Tagung in New York ziehen die Unterzeichner des 1970 in Kraft getretenen Atomwaffensperrvertrags Zwischenbilanz.
Die Staatengemeinschaft müsse sich mit vereinten Kräften um eine atomwaffenfreie Welt bemühen, sagte Annan vor Delegierten aus fast 190 Ländern. Ansonsten werde "das Ziel einer umfassenden und vollständigen Abrüstung ein ferner Traum bleiben". Es gebe nur eine Garantie dafür, dass Kernwaffen nie zum Einsatz kommen, und das sei eine atomwaffenfreie Welt.
Hunderttausendfacher Tod
In seiner teils emotionalen Rede forderte Annan die Gesandten auf, sich "nur für eine Minute" die Konsequenzen eines Angriffs mit heutigen Atomwaffen vorzustellen: "Zehntausende, ja Hunderttausende von Menschen würden in einem einzigen Augenblick ausgelöscht werden, und viele weitere würden an den Strahlungsfolgen zu Grunde gehen."
Als ersten Schritt regte Annan die Schaffung wirtschaftlicher Anreize für Staaten an, die freiwillig auf den Bau von Atomkraftwerken verzichteten. Die USA und Russland sollten ihre Kernwaffenarsenale soweit abbauen, dass es künftig nur noch hunderte und nicht mehr tausende atomare Sprengköpfe gebe, sagte der UN-Generalsekretär.
Fischer
Auch Fischer sagte in New York, er erwarte Abrüstungsschritte der Atommächte. "Ich denke, hier kann einiges getan werden", erklärte er vor Journalisten. Mit Blick auf die Verhandlungen über das iranische Atomprogramm sagte der Grünen-Politiker im ZDF, die Gespräche seien "alles andere als einfach". Er hoffe aber, dass diese weiter gingen. Zum Atomkonflikt mit Nordkorea äußerte Fischer die Hoffnung, dass das Land an den Verhandlungstisch zurückkehren werde.
Der Generaldirektor der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Mohamed El Baradei, bekräftigte seine Forderung nach einem vorläufigen Moratorium für den Bau neuer Atomkraftwerke. Dieses solle so lange gelten, bis neue Richtlinien für internationale Kontrollen gefunden seien. ElBaradei hat angeregt, die Produktion von Kernbrennstoffen künftig unter die multilaterale Kontrolle internationaler oder regionaler Organisationen zu stellen.
Proteste
Am Vorabend der UN-Konferenz, die alle fünf Jahre stattfindet, demonstrierten am Sonntag mehrere zehntausend Menschen in New York für eine Ächtung jeglicher Nuklearrüstung. Sie erinnerten an den Abwurf der amerikanischen Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki 1945.
Beherrschendes Thema der Überprüfungskonferenz dürften die umstrittenen Nuklearprogramme des Irans und Nordkoreas sein, zumindest wenn es nach dem Willen der USA geht. Viele der Konferenzteilnehmer sind mit der geplanten Schwerpunktsetzung der USA unzufrieden. Sie werfen den Vereinigten Staaten und anderen großen Atommächten vor, den Abbau ihrer Atomwaffen zu langsam voranzubringen. Der Atomwaffensperrvertrag verpflichtet die fünf offiziellen Atomwaffenstaaten USA, Russland, Großbritannien, Frankreich und China, auf eine vollständige Abschaffung ihrer Nuklearwaffen hinzuwirken und kein atomwaffenfähiges Material an andere Staaten zu geben. Die anderen Unterzeichnerstaaten haben zugesichert, nicht nach Atomwaffen zu streben. Nordkorea kündigte 2003 den Vertrag und erklärte, im Besitz von Atomwaffen zu sein. Iran kündigte am Samstag an, voraussichtlich in dieser Woche Teile seines umstrittenen Atomprogramms wieder aufzunehmen, das seit November ausgesetzt war. (mas)