Attentäter wohl ohne Deutschland-Verbindung
25. Juli 2011Der Attentäter von Oslo hat nach eigener Aussage mit anderen Rechtsextremen zusammengearbeitet. Anders Behring Breivik habe erklärt, es gebe "zwei weitere Zellen in unserer Organisation", sagte Untersuchungsrichter Kim Heger nach der knapp einstündigen Anhörung am Montag (25.07.2011) in Oslo. Doch im Augenblick deutet offenbar nichts auf Verbindungen nach Deutschland hin. "Tat und Täter weisen nach derzeitigen Erkenntnissen keinerlei Bezug zu Deutschland auf", erklärte zuvor ein Sprecher des Bundesinnenministeriums in Berlin.
Verschiedene Medien hatten berichtet, der Attentäter Anders Behring Breivik habe auch die Bundeskanzlerin Angela Merkel und andere deutsche Politiker als mögliche Anschlagsziele genannt. Hamburger Innensenator Michael Neumann sagte am Wochenende, der Verfassungsschutz prüfe mögliche Verbindungen des Attentäters zur Neonazi-Szene in der Hansestadt.
Breivik hatte vor seiner Tat ein 1500 Seiten dickes Manifest mit seinen nationalistischen und rassistischen Theorien ins Internet gestellt. Die Parteien im deutschen Parlament werden darin als Unterstützer des "Multikulturalismus", "humanistische Selbstmörder" und "Kulturmarxisten" bezeichnet.
Nahles: "Wachsam sein"
Konkrete Drohungen gegen deutsche Politiker scheint das Manifest allerdings nicht zu enthalten. Andrea Nahles, Generalsekretärin der deutschen Sozialdemokraten, der Schwesterpartei der norwegischen Arbeiterpartei, deren Jugendorganisation die meisten Opfer angehörten, forderte als Konsequenz "unsere demokratische weltoffene Kultur des Zusammenlebens zu bewahren". Gleichzeitig müsse Deutschland aber gegenüber rechtsradikalen Aktivitäten "wachsam sein, wachsamer als wir das bisher waren".
Nahles sprach sich außerdem erneut ein Verbot der NPD aus. Ein Versuch, die rechtsextreme Partei zu verbieten, war 2003 vor dem Verfassungsgericht gescheitert. Seitdem streiten die Parteien über die Voraussetzungen für ein neues Verbotsverfahren. Laut Nahles gehe es deshalb auch darum, überlegt vorzugehen: "Wir können uns keinen weiteren Anlauf leisten, der scheitert."
Streit um Vorratsdatenspeicherung
Auch Politiker der Regierungsfraktionen nutzten die Gelegenheit, um alte Forderungen nach verschärften Sicherheitsgesetzen zu bekräftigen. Der christlich-soziale Innenpolitiker Hans-Peter Uhl forderte erneut die Einführung der Vorratsdatenspeicherung. Ein früheres Gesetz, das die Speicherung sämtlicher Telefon- und Internetverbindungsdaten vorschrieb, war ebenfalls vom Verfassungsgericht gekippt worden.
Liberale und Konservative in der Regierung können sich nicht auf ein neues Gesetz einigen. Die konservativen Unionsparteien wollen eine weitreichende Vorratsdatenspeicherung durchsetzen, die liberale FDP lehnt das ab. Entsprechend scharf reagierten einige Liberale auch auf die Forderungen. Er sei "absolut angewidert davon, wie Herr Uhl versucht, aus der Tragödie in Norwegen politisches Kapital zu schlagen", sagte der Vorsitzende der Jungen Liberalen, Lasse Becker. Ein Sprecher des liberal geführten Innenministeriums erklärte lediglich: "Ich würde gerne einfach nur sagen: Jetzt ist die Zeit für Mitgefühl und Reflexion."
Autor: Mathias Bölinger
Redaktion: Michael Borgers