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Politik

"Türkei-Deal nicht auf Afrika übertragbar"

27. Februar 2017

Angesichts immer neuer Vorschläge für Auffanglager für Migranten in Nordafrika meldet der deutsche Chefdiplomat Gabriel massive Zweifel an. Zur Flüchtlingspolitik Österreichs gibt es weiter viele Differenzen.

Österreich Sigmar Gabriel trifft Sebastian Kurz
Die Außenminister Deutschlands und Österreichs, Gabriel (l.) und Kurz, in WienBild: picture alliance/dpa/APA/H. Neubauer

Sigmar Gabriel mahnt in Wien zu mehr Realismus in der Flüchtlingspolitik. "Ich rate dazu, nicht eine Welt zu malen, die nicht existiert", sagte der Bundesaußenminister bei seinen Gesprächen mit der Regierung im benachbarten Österreich. Den Eindruck zu erwecken, das Türkei-Abkommen zum Abfangen und Betreuen von Flüchtlingen sei auf instabile und teils politisch chaotische Länder wie Libyen und Tunesien übertragbar, sei gefährlich.

Flüchtlinge zurückbringen oder gleich aufhalten?  

Das werde bei den Bürgern zu Enttäuschungen führen, meinte der Sozialdemokrat und ging dabei auf Distanz sowohl zu seinen Wiener Gastgebern als auch zum Kurs seines Unions-Koalitionspartners in Berlin. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wird in Kürze nach Ägypten und Tunesien reisen und will später den Besuch in Algerien nachholen, um dort über Hilfe gegen den Migrationsdruck auf Europa zu verhandeln. Sie hält das EU-Türkei-Abkommen über Flüchtlingsrückführungen weiterhin für beispielhaft.  

Unter anderen hatte EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani in Interviews Auffanglager in Nordafrika sowie einen Marshall-Plan für Afrika gefordert. Im Gegensatz zu Gabriel fühlt sich Österreichs konservativer Außenminister Sebastian Kurz durch diese Vorschläge ermutigt. Endlich beginne die Diskussion über den Umgang mit der Flüchtlingskrise ehrlicher zu werden, meinte Kurz. Er sei seit langem dafür, Flüchtlinge, die ihre Einreise mit Schleppern schaffen wollten, an der EU-Außengrenze zu stoppen, zu versorgen und zurückzubringen. 

Flüchtlingslager in der Türkei: Ein Modell für Migranten an der Nordküste Afrikas?Bild: picture-alliance/dpa/U.O. Simsek

Darüber hinaus verteidigte der Außen- und Integrationsminister der Alpenrepublik seinen Vorstoß, die Beihilfen für ausländische Familien in bestimmten Fällen zu kürzen. Gabriel erklärte, er sei nicht unbedingt gegen das Ziel, aber gegen solche nationalstaatlichen Alleingänge.

Mit einer Stimme gegen Trumps Amerika 

Bei dem Treffen Gabriels mit Österreichs Bundeskanzler Christian Kern herrschte Einigkeit, dass eine Stärkung und eine Veränderung der EU das Gebot der Stunde sei. Angesichts eines US-Präsidenten, der ganz offiziell eine Schwächung der Europäischen Union anstrebe, müsse nun eine "Phase des Zusammenstehens" beginnen, sagte der Sozialdemokrat Kern. Gabriel betonte, die nachfolgenden Generationen würden alle Politiker verfluchen, die auf nationalstaatliche Lösungen setzten.

Die USA orientierten sich seit längerem grundsätzlich neu. Russland sei ein schwieriger, aber wichtiger Partner. "Wir sind Zeitzeugen einer Neuvermessung der Welt", konstatierte Gabriel und reiste weiter nach Rom. 

SC/jj (dpa, afp)

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