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Politik

Außenpolitik könnte 2020 die Groko spalten

Kate Brady ie
24. Dezember 2019

Die Regierungskoalition ist angeschlagen, mit der neuen SPD-Spitze könnte Außenpolitik zum Streitpunkt im neuen Jahr werden. Wird Deutschlands Rolle auf der Weltbühne noch diffuser?

Berlin Bundestag Scholz und Merkel
Bild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Will Deutschland eine Führungsposition innerhalb der Europäischen Union einnehmen? In welchem Umfang sollte sich Deutschland in internationale Krisen und Konflikte einmischen? Und welche Rolle spielt die Bundeswehr? Schien die Regierungskoalition aus Union und SPD schon des öfteren wegen innenpolitischer Debatten dem Zerbrechen nah, so könnten 2020 vor allem Differenzen in der Außen- und Verteidigungspolitik problematisch werden - und für Deutschlands internationale Partner Antworten auf diese Fragen noch schwieriger machen.

Das liegt nicht zu letzt auf der zum Jahresende neu gewählten SPD-Spitze: Auf dem Parteitag der Sozialdemokraten gab es Anfang Dezember von den Delegierten viel Applaus für die Militär-kritische Rhetorik der neuen Parteichefs Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans. Letzterer warnte mit Verweis auf Auslandseinsätze der Bundeswehr vor einer "Militarisierung der Außenpolitik". Ohne sie namentlich zu nennen, teilte Walter-Borjans dabei gegen Verteidigungsministerin und CDU-Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer aus. Diese hatte im November gefordert, international mehr militärische Verantwortung zu übernehmen.

Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken beim SPD-ParteitagBild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

Die Kritik des neuen SPD-Covorsitzenden nahm Walter-Borjans' Parteifreund, Bundesaußenminister Heiko Maas, auf. Militärisch Frieden schaffen zu wollen, habe noch nie funktioniert, warnte er. "Wir übernehmen Verantwortung. Aber wir übernehmen Verantwortung, verdammt nochmal, wenn es darum geht, am Verhandlungstisch nachhaltig Frieden zu sichern." Denn Frieden werde dort "und nicht auf den Schlachtfeldern dieser Welt" gesichert, so Maas auf dem SPD-Parteitag.

"Ausrüstung ja, Aufrüstung nein"

Walter-Borjans kritisierte Kramp-Karrenbauer ebenfalls für ihre Absicht, die deutschen Verteidigungsausgaben bis 2024 auf zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes zu steigern. Auf dieses Zwei-Prozent-Ziel hatten sich die Mitgliedsstaaten der NATO schon 2014 bei einem Gipfeltreffen geeinigt. Fünf Jahre später, zur Halbzeit des zehnjährigen Zeitrahmens, ist Deutschland zum Ärger der anderen NATO-Staaten erst bei 1,4 Prozent angekommen.

Vor allem die USA - schon unter Obama und noch viel mehr unter Trump - machen Druck auf Deutschland, die Verteidigungsausgaben deutlich zu erhöhen. Trotz der Ankündigung der Verteidigungsministerin, die NATO-Ziele erreichen zu wollen, haben sich Deutschlands Bemühungen, den zwei Prozent näher zu kommen, tatsächlich eher verringert. In Zeiten einer unberechenbaren Wirtschaft und sinkender Steuereinnahmen bleibt wenig finanzieller Handlungsspielraum.

Gleichwohl nannte Walters-Borjans es die Aufgabe der Sozialdemokraten, "alles, und wirklich alles dafür zu tun, dass der Wahnsinn der Hochrüstung" in der Welt nicht weitergehe. Es habe "selten eine unseligere Kombination von Wirtschaftswachstum und Staatsausgaben" gegeben, so Walter-Borjans zum Zwei-Prozent Ziel: "Ausrüstung ja, Aufrüstung nein."

Aufruf zu Solidarität in einer "auseinanderdriftenden" EU

Auch die von Kramp-Karrenbauer gewünschten europäischen Flugzeugträger seien mit der SPD als Juniorpartner vom Tisch, kündigte Borjans an. Zur Zukunft der EU erklärte er im DW-Interview: "Wir driften auseinander, und Deutschland und Frankreich sollten ihre Kräfte bündeln. Was der französische Präsident fordert, ist nicht immer, lassen Sie es mich so sagen: die sozialdemokratische Variante von europäischer Politik. Aber wenigstens zeigt er Initiative."

Damit bezieht sich Walter-Borjans auf die immer lauter werdenden Rufe Emmanuel Macrons nach einer gemeinsamen Außenpolitik der EU-Staaten. In Berlin scheinen die Forderungen aus Paris auf taube Ohren zu stoßen. Mehr als ein "Non, merci" hatte Kanzlerin Angela Merkel für Macron in letzter Zeit oft nicht übrig. Der Vertrauensbasis zwischen Paris und Berlin hat das nicht gut getan.

Wie mit Huawei umgehen?

Während in Deutschland die Einführung des neuen Mobilfunkstandards 5G beginnt, zeigt sich die Große Koalition in ihrer Haltung gegenüber dem chinesischen Technologiegiganten Huawei uneinig. Die USA und andere Staaten haben den Konzern wegen möglicher Spionage und mutmaßlicher Verflechtungen mit der Regierung in Peking bereits auf eine schwarze Liste gesetzt. 

CDU-Wirtschaftsminister Peter Altmaier ist jedoch dagegen, Huawei vom 5G-Netzausbau in Deutschland auszuschließen. In der ARD-Talkshow "Anne Will" verwies er in diesem Zusammenhang auf die Affäre um Telefonüberwachung durch den US-Geheimdienst NSA - damals habe man auch keine Sperre verhängt. Auch die USA verlangten von US-Firmen, "dass sie bestimmte Informationen teilen, die zur Terrorismusbekämpfung nötig sind", fügte der Minister hinzu, und zog damit von der eigenen Partei wie von der SPD Kritik auf sich.

So sagte etwa der SPD-Außenpolitiker Nils Schmid der Zeitung "Welt": "Diese Äußerung von Minister Altmaier verkennt völlig, dass in China keine rechtsstaatliche Kontrolle durch unabhängige Gerichte möglich ist, in den USA aber sehr wohl." Chinesische Geheimdienste hätten andere Möglichkeiten des Zugriffs auf "unsere Daten" als amerikanische. Die Beteiligung von Unternehmen wie Huawei am 5G-Ausbau in Deutschland dürfe aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht zugelassen werden.

In einem sich rasant verändernden globalen Rahmen gilt Deutschland seinen europäischen Nachbarn als verlässlicher Partner, der vereint und führt. Doch der Machtwechsel beim Koalitionspartner SPD spaltet die Bundesregierung und lenkt den Blick auf das Dilemma einer Außenpolitik, die lange Werte über Handeln gestellt hat.

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