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Familiensynode in Rom

Stefan Dege / zur Zeit Rom 18. Oktober 2014

Die Bischofssynode hat ein großes Ziel: Sie will die Katholiken im Bereich Ehe und Familie mit ihrer Amtskirche versöhnen. Geht das? Der evangelische Pfarrer Jens-Martin Kruse in Rom ist verhalten optimistisch.

Präservativ und Schwert, Foto: MM
Bild: Fotolia/MIM

Nur wenige Autominuten trennen die Chiesa Evangelica Luterana vom Machtzentrum der katholischen Weltkirche. Dazwischen pulsiert das aufgeregte, laute und bunte Leben des herbstlichen Rom. Jens-Martin Kruse ist der Pfarrer der kleinen evangelischen Gemeinde. Diesseits des Tiber organisiert er protestantisches Kirchenleben.

500 Mitglieder gehören dazu. Die kompakte, im Jugendstil erbaute Christuskirche füllt sich sonntags bis auf den letzten Platz. Zwei Päpste waren schon da. Johannes Paul II. am dritten Adventssonntag 1983, sein Nachfolger Benedikt XVI. hat vor vier Jahren hier gepredigt. Ohne Zweifel waren das hostorische Besuche. Stolz ließ Kruse sie in einer buchdicken Denkschrift würdigen. Titel: "Ökumene in Rom".

Der Einfluss des neuen Papstes

Doch längst weht der Geist eines dritten Pontifex durch die Via Toscana Nummer 7. "Die Art und Weise, wie Franziskus seit anderthalb Jahren sein Papstamt ausführt, hat viel verändert", sagt Kruse anerkennend. Ihm sei es gelungen, in seinem persönlichen Zeugnis die Glaubwürdigkeit des christlichen Glaubens zu leben.

Bild: DW/S. Dege

Der evangelische Pfarrer wägt seine Worte. Als Kirchenmann aus dem Land der Reformation ist er zugleich als Botschafter im katholischen Rom. Was er auch tut oder sagt – im Vatikan wird alles fein registriert. Und Kruse weiß das.

Ehe und Familie, Sexualität und Scheidungen – das sind die Zankäpfel bei der Außerordentlichen Bischofssynode, zu der Papst Franziskus seine Oberhirten in die Ewige Stadt gerufen hat. Noch immer staunt Kruse über die Vorgänge im Vatikan: "Vor zwei, drei Jahren hätte niemand gedacht, dass es hier in Rom so eine Diskussion geben könnte", sagt er und schätzt: "Langfristig wird das seine Früchte tragen." Er teile die Wahnehmung, dass zwischen kirchlicher Lehre und gelebter Wirklichkeit eine Diskrepanz herrsche. Viele römisch-katholischen Christen lebten anders, als es die Lehre vorschreibt. Kruse denkt besonders an die katholisch-evangelischen Paare seiner Gemeinde.

Parallelen zwischen Protestanten und Katholiken

Mit großer Freude und Sympathie erfüllt Kruse, was sich auf der anderen Seite des Tiber abspielt. "Keiner Kirche kann es mehr egal sein, was in der anderen passiert", versichert er. Auch das gehöre zur Ökumene.

Papst Franziskus auf der BischofssynodeBild: Getty Images/F. Origlia

Parallelen, was das Verhältnis beider Kirchen zum Sex betrifft, schließt Kruse nicht aus, im Gegenteil: "Das Thema Familie beschäftigt alle Kirchen." Alle Kirchen stünden vor der Herausforderung, die immer stärker veränderte Lebenswirklichkeit von Singles, Paaren und Familien zu begleiten. "Darauf müssen wir angemessene Antworten finden!"

Doch welches Familienbild ist zeitgemäß? Das Ringen um Antworten hat in den letzten Monaten auch die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) erschüttert. Vielen Protestanten steckt der Streit über das sogenannte Familienpapier des EKD-Rates noch in den Knochen. Kritiker meinten, die lebenslange Ehe würde zu gering geschätzt, Patchwork-Familien kämen dagegen zu gut weg. Evangelikale monierten die Aufwertung der Homo-Ehe. Der Disput zog sich über Monate hin. Pfarrer Kruse hat ihn nur aus der Ferne verfolgt. "Die biblisch-theologische Fundierung des Ehe- und Familienbildes kam mir etwas zu kurz", bedauert der Wahlrömer.

So erbittert wurde über das Familienbild der Protestanten debattiert, in Gemeinden, Kirchenzeitungen oder an Abendbrottischen, dass die Fronten verschwammen - zwischen Modernisierern hier und Bewahrern dort. Ein weiterer EKD-Text über das evangelische Verständnis von Sexualität liegt derzeit auf Eis, vielleicht, weil man weiteren Ärger vermeiden möchte.

Das Thema Ehe und Familie ist das Thema dieser Bischofssynode in RomBild: picture-alliance/dpa/Fabio Frustaci

Entscheidungen können dauern

Der scheidende EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider formulierte seine Erwartungen an die Familiensynode von Rom kurz und knapp: Er hoffe auf ökumenische Impulse. Und warum sollten beide Kirchen nicht gemeinsam über ihr christliches Familienbild diskutieren? "Wenn sich bei den Katholiken etwas bewegt", glaubt Pfarrer Jens-Martin Kruse, "dann wirkt sich das auch auf das Verhältnis zu den anderen Kirchen aus."

Zwei Wochen lang haben die katholischen Bischöfe über heikle Punkte diskutiert – der Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen, Fragen von Verhütung, Partnerschaft ohne Trauschein, Homosexualität, künstliche Befruchtung standen auf dem Programm. Ob auf dieser Synode oder auf der im nächsten Herbst schon etwas entschieden wird? Kruse glaubt das nicht. "In jedem Fall wird die Pastoral verändert werden. Aber das, glaube ich, wird länger dauern." Den Geist, der die Synode bewegt habe, könne man nicht wieder einfangen, die Diskussion nicht mehr zurückdrehen. "Die katholische Kirche hat sich auf einen Weg begeben, sehr ernsthaft Lehre und Wirklichkeit wieder zusammenzubringen."

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