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PolitikAfrika

Weltweit wachsende Christenverfolgung

13. Januar 2021

In Zeiten von Populismus und totalitären Politikkonzepten nimmt die Christenverfolgung weltweit weiter zu. Das christliche Hilfswerk "Open Doors" beklagt mörderische Gewalt vor allem in Teilen Afrikas.

Symbolbild Christenverfolgung
Bild: picture-alliance/dpa/S. Akber

Es ist ein Dokument des Schreckens. Der Weltverfolgungsindex des christlichen Hilfswerks "Open Doors" sieht in 74 Ländern das Recht von Christen auf freie Religionsausübung eingeschränkt. Dabei seien weltweit mehr als 340 Millionen Christen "einem hohen bis extremen Maß an Verfolgung ausgesetzt", heißt es in dem Bericht. Darin stellt Open Doors Zahlen aus dem Zeitraum vom 1. Oktober 2019 bis zum 30. September 2020 zusammen.

Tausende Ermordete in Nigeria

Besonders dramatisch scheint die Lage in Teilen Afrikas, in Nigeria und in weiteren Ländern südlich der Sahara. Dies sei die für Christen "tödlichste Region" weltweit. Von den 4761 dokumentierten Fällen ermordeter Christinnen und Christen entfielen 91 Prozent auf Afrika. Allein in Nigeria seien 3530 Getötete zu verzeichnen.

"Der Hauptgrund ist, dass islamistische Gruppen das Ziel haben, Kalifate zu gründen", erläutert Markus Rode, Leiter von Open Doors Deutschland, der Deutschen Welle. Gerade in diesen afrikanischen Ländern gebe es "ein Machtvakuum durch korrupte Regierungen". Und besonders in Nigeria fehle es an jeglichem Schutz für Christen. Dort seien die muslimische Terror-Bewegung Boko Haram und muslimische Extremisten des halbnomadischen Hirtenvolks der Fulani für die Ermordung vieler Christen verantwortlich.

Mangelnde Aufmerksamkeit der Europäer

Rode verweist auf den bislang letzten blutigen Überfall, der sich am 24. Dezember, also nach dem Berichtszeitraum ereignete. Dabei hätten Kämpfer des "Islamischen Staates Westafrika" "Kirchen niedergebrannt, fünf Christen entführt und exekutiert - und das vor laufenden Kameras der Medienkanäle des Islamischen Staats".

Markus Rode, Leiter von Open Doors DeutschlandBild: Thomas Tratnik/Open Doors

Der Open-Doors-Leiter bemängelt die geringe Aufmerksamkeit in Europa für solche Gewalttaten in Afrika. "Selbst die mehr als 3500 dokumentierten Morde allein in Nigeria haben keinen Aufschrei der Weltöffentlichkeit erzeugt. Wenn in einem westlichen Land oder auf einem anderen Kontinent so viele Morde geschehen würden, wäre das in den Hauptnachrichten. Und Politiker würden wahrscheinlich viele Statements dazu abgeben", kritisiert Rode.

Aus Afrika kommen die grausigsten Berichte über Angriffe auf Christen. Dennoch steht kein afrikanisches Land an der Spitze der Open-Doors-Schreckensliste. Zum 20. Mal in Folge belegt Nordkorea den ersten Platz. 

Nordkoreas Diktator Kim Jong Un (Mitte) während eines Parteitages in PjöngjangBild: Yonhap/picture alliance

Die Herrscherdynastie der Kims lasse sich selbst wie Gott verehren, heißt es in dem Bericht. Zehntausende Christen müssten in Straflagern schwerste Zwangsarbeit leisten. Auch die nächsten Länder im Ranking - Afghanistan, Somalia, Libyen, Pakistan, Eritrea - fanden sich dort bereits im vorigen Jahr.

Positive Entwicklung im Sudan

An Position sieben folgte bislang der Sudan. Er machte sechs Plätze gut und rangiert nun an 13. Stelle. "Über eine solche positive Entwicklung freuen wird uns", sagt Rode. Das sei genau das, "was wir uns wünschen, dass Christen sagen: Es ist nicht schlimmer geworden, es ist besser geworden." Allerdings steht auch Position 13 noch für ein extremes Maß an Verfolgung.

Rode versucht eine Erklärung. Im Jahr 2019 sei der islamistische Diktator Umar al-Baschir abgesetzt worden, danach habe die Regierung rechtliche Rahmenbedingungen für Religionsfreiheit geschaffen. Dennoch bleibe der Druck der Muslime, die 92 Prozent der Bevölkerung stellten, auf die 4,5 Prozent Christen sehr hoch. "Aber es ist ein klares Signal der Regierung: Wir wollen versuchen, Religionsfreiheit stärker in den Fokus zu bringen. Und das ist sehr positiv."

Gott, Xi Jinping und die Uiguren

Das Bild von der gefährlichen Gott-Gleichheit eines Herrschers, das seit langem für Nordkorea gilt, verwendet Open Doors für ein weiteres Land. "Wer Gott über Xi Jinping setzt, muss mit Bestrafung rechnen", erklärt das Hilfswerk zum chinesischen Staats- und Parteichef. Im Ranking stieg China von 23 auf 17. Dabei ist China das deutlichste Beispiel dafür, dass Open Doors auf "Christenverfolgung" und eben nicht auf "Religionsfreiheit" oder auf "religiös Verfolgte" schaut. Die dramatische Situation der Uiguren, die nach verschiedenen Berichten zu Hunderttausenden interniert und zu Zwangsarbeit verdammt sind, findet keine Erwähnung.

Xi Jinping schreitet eine Parade von Marinesoldaten abBild: picture-alliance/dpa/xinhua/Li Gang

Corona als Katalysator für Unterdrückung

Einen aktuellen thematischen Aspekt erwähnt Open Doors, der wohl für die meisten Länder gilt. Die weltweite Corona-Pandemie sorge - in Afrika wie in Asien - für wachsenden Druck. "Wie ein Katalysator" habe sie Haltungen und Strukturen der Unterdrückung oder der Diskriminierung "vielerorts zum Vorschein kommen lassen".

Das weitgehend spendenfinanzierte Hilfswerk unterstützt nach eigenen Angaben verfolgte Christen in mehr als 60 Ländern weltweit. Die Organisation bezeichnet sich als überkonfessionell, steht aber der evangelikalen Deutschen Evangelischen Allianz nah. Nicht immer wird mit Nothilfeprogrammen geholfen, sondern auch mit der Lieferung von Bibeln, der Unterstützung von deren Übersetzung und theologischen Schulungen.

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