1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Auf Beethovens Spuren

Inge Ivanovic13. September 2012

In der Geburtsstadt des Komponisten kann man im Schatten lauschiger Bäume auf Beethovens Spuren wandeln und die Stätten seiner Kindheit und Jugend besuchen. Eine Zeitreise der ganz besonderen Art.

Archiv - Eine Büste des Musikers und Komponisten Ludwig van Beethoven steht im Garten des Beethoven-Geburtshauses in Bonn Foto: Felix Heyder dpa/lnw
Bonn - BeethovenhausBild: picture-alliance/dpa

Ein Nachmittag im September: Wir verlassen die quirligen Straßen der Bonner Innenstadt und betreten die St. Remigiuskirche. Die Stille im einzigen gotischen Gotteshaus der Stadt ist wohltuend. Das Licht der Herbstsonne schimmert durch die hohen, schmalen Fenster. Hier wurde am 17. Dezember 1770 das zweite Kind der Musikerfamilie van Beethoven auf den Namen Ludwig getauft.

Ludwig hieß auch der Großvater, Sänger und Chorleiter seines Zeichens. Er stammte aus dem flämischen Mechelen, wurde in die "churkölnische Capelle" nach Bonn berufen und stieg dort zum Hofkapellmeister auf. Bis zu seinem Tod war er das unbestrittene Oberhaupt der Familie. Als er starb, war der später so berühmte Enkel gerade mal drei Jahre alt.

Über den Großvater sprach der kleine Ludwig immer mit höchstem Respekt. Das Verhältnis zum Vater, der ebenfalls Musiker war, blieb hingegen problematisch. In der Remigiuskirche begleitet Stadtführerin Roswitha Samson die kleine Touristengruppe zum mamornen Taufbecken.

Beethoven als Kind

"Großvater Ludwig und die Nachbarin aus dem Haus im Mohren, das sich gleich neben dem Geburtshaus befindet, das waren die beiden Taufpaten. In dieser Kirche spielte Beethoven die Orgel. Vielleicht gehen wir mal kurz dort hinüber. Es ist auch heute eine sehr schöne Orgel in dieser Kirche, aber die wunderschöne Barockorgel, auf der Beethoven gespielt hat, ist zerstört worden im letzten Krieg."

Strenge Schule

Es war damals die größte Orgel in Bonn mit 33 Registern. Und hier spielte er eben besonders gern. Beethoven begann mit seiner musikalischen Ausbildung schon sehr früh, sein Vater Johann war sein erster Lehrer, ein sehr sehr strenger Lehrer und er mochte es überhaupt nicht, wenn der kleine Ludwig so am Klavier fantasierte und improvisierte. Er wollte, dass er nach den Noten spielte, sonst würde das nichts nützen, hat er denn öfters gesagt. Und da er auch gern ein Gläschen trank, manchmal auch eines zuviel und wenn er dann von einer Zechtour nach Hause kam, wurde Klein-Louis, wie er im Hause Beethoven genannt wurde, geweckt, und er musste seinen Zechkumpanen vorspielen. Und so schreibt der Bürgermeister Windeck von Bonn: "Oft habe ich den kleinen Ludwig am Klavier stehen und Tränen vergießen sehen."

Vater Johann war ein strenger ZuchtmeisterBild: picture alliance/akg-images

Der Vater schickte denn auch seinen Sohn Ludwig im Alter von sieben Jahren zum ersten Mal ins pianistische Wunderkind-Rennen. Für das Publikum verfasste er einen reichlich devoten Einladungs-Text. "Mit Clavier-Concerten und Trios wird er die Ehre haben aufzuwarten, wo er allen hohen Herrschaften ein völliges Vergnügen zu leisten sich schmeichlet, um je mehr" hieß es im "Avertissement" vom 26. März 1778.

Maximilian Friedrich Kurfürst von Köln förderte BeethovenBild: picture alliance/akg-images

Vom Adel bewundert

Beethoven, der seinem Vater in nichts nacheifern wollte, diente sich weder als Jugendlicher noch als erwachsener je dem Adel an. Eher waren es seine adligen Freunde, die Breunings oder der Graf Waldstein, die sein Genie bewunderten. 1787 starb die Mutter, von der es hieß, dass sie niemals gelacht habe. Ihr Grab ist noch heute auf dem Bonner Friedhof zu sehen. Im selben Jahr wurde der Vater wegen Trunksucht aus dem Dienst als "Tenorist der churkölnischen Capelle" entlassen.

Vom Kurfürsten Maximilian Friedrich mit einem Stipendium unterstützt siedelte Beethoven im Herbst 1792 nach Wien über. Ferdinand Graf Waldstein schrieb dem Freund zum Abschied:

In der St. Remigiuskirche wurde der kleine Ludwig getauftBild: cc-by/Andreasdziewior

"Lieber Beethoven, Sie reisen itzt nach Wien zur Erfüllung Ihrer so lange bestrittenen Wünsche. Mozarts Genius trauert noch und beweinet den Tod seines Zöglings. Bey dem unerschöpflichen Haydn fand er Zuflucht, aber keine Beschäftigung. Durch ihn wünscht er noch einmal mit jemandem vereinigt zu werden. Durch ununterbrochenen Fleiß erhalten Sie Mozarts Geist aus Haydns Händen.-Bonn, den 29. Oktober 1792- Ihr wahrer Freund Waldstein."

Spaziergang

Die Remigiuskirche ist die dritte Station unseres Bonner Rundgangs auf den Spuren des Meisters. Am Münsterplatz beim berühmten Beethoven-Denkmal hat er begonnen: Der Komponist erhaben auf einem Sockel, gehüllt in eine faltenreiche Pelerine, in einer Hand den Stift, in der anderen die Partitur, im Augenblick begnadeter Eingebung. Die Tauben schert das wenig. Sie haben sich respektlos auf des Klassikers Haupt niedergelassen.

1845 sei das Denkmal eingeweiht worden, erklärt Roswitha Samson. Nur wenige Meter vom Denkmal entfernt habe einst das Palais der mit Beethoven befreundeten Familie von Breuning gestanden, die das Genie des jungen Ludwig frühzeitig erkannt und nach Kräften gefördert hätten. Anstelle des Breuningschen Stadtpalais bietet heute ein knallrot getünchtes Kaufhaus seine Waren an.

Der Münsterplatz in BonnBild: cris vieira

Wir schlendern zum Kaiserplatz, einem Ort mit Bücher-Ständen und pariserischem Charme, spazieren vorbei am ehemaligen kurfürstlichen Schloss, der heutigen Universität, und erreichen dann einen Platz mit hohen Kastanien und einem Rheinblick wie aus dem Bilderbuch. Die Familie Beethoven lebte eine Zeit lang direkt am Fluss in einem schmucken, giebligen Haus in der Rheingasse. Wo früher eine Zollstation war und Kapitäne von Lastkähnen ihren Obolus zu entrichten hatten, richtete der junge Ludwig mit seinem Fernrohr gern den Blick auf das gegenüberliegende malerische Siebengebirge, erfahren wir. Die Stadtführerin zeigt uns eine Zeichnung des Hauses, das im zweiten Weltkrieg zerstört und nicht wieder aufgebaut wurde. Heute steht hier das Hotel "Beethoven".

Vom Elternhaus zum Museum

Nach der Remigiuskirche ist die letzte Station unseres gut zweistündigen Spaziergangs auf Beethovens Spuren sein Geburtshaus in der Bonngasse, die einzige Wohnstätte, die erhalten blieb, und heute ein Museum beherbergt. Beethovens Eltern bewohnten nach ihrer Hochzeit in einem Gartenhaus drei kleine Zimmer und eine winzige Dachkammer.

Beethovens Hörrohre kann man heute in seinem Geburtshaus besichtigenBild: picture-alliance/akg-images/Beethoven-Haus Bonn

Fein gestochene Notenhandschriften gibt's hier im Beethoven-Museum zu bestaunen, insgesamt 150 Exponate, Briefe, Musik-Instrumente, Haarlocken, Hörrohre, grimmige Karikaturen des "Wiener" Beethoven und ein Bildnis des sechzehnjährigen "Bonner" Beethoven, mit artig geflochtenem Zöpfchen, den eigenwillig zusammengepressten Lippen und der sich schon andeutenden Knubbelnase. Hier, in der Dachkammer habe der Komponist das Licht der Welt erblickt, erläutert Roswitha Samson:

"Am 17. oder 16. Dezember ist er hier in der kleinen Dachkammer geboren. Das war die Stiege, die von der Wohnung hier hinaufführte. Im letzten Jahrhundert wäre dieses kleine Haus beinahe wie die Kirchen ebenfalls verloren gegangen, denn es war sehr heruntergekommen. Aber die zwölf honorigen Bürger der Stadt, die den Verein Beethovenhaus gründeten, haben es vor dem Abriss bewahrt. Sie kauften das Gebäude. Es wurde renoviert und die erste Beethoven-Gedenkstätte eingerichtet."

Heimweh nach dem Rhein

Heute ist es das größte private Beethovenarchiv der Welt. Viele Studenten kommen hierher , um hier zu studieren an den Original-Handschriften, die sich hier befinden und viele Dinge, die eben an Beethovens Leben erinnern. Mobiliar aus der Beethovenzeit ist zwar nicht erhalten, aber doch wenigstens aus der Wiener Zeit, in der alle großen Kompositionen Beethovens denn auch entstanden sind. Doch haben seine Bonner Jugendjahre seine Persönlichkeit geformt. Nicht nur erhielt seine musikalische Begabung in der kleinen, liberalen Universitätsstadt entscheidende Impulse, sondern auch sein Fühlen, Handeln und Denken im Geist der Aufklärung und des Humanismus.

Ludwig liebte das SiebengebirgeBild: picture-alliance/dpa

"Beethoven ist ja nie mehr nach Bonn zurückgekehrt, nachdem er nun in Wien angekommen war", erzählt Roswitha Samson. "1792 hatte der Kurfürst ihn dorthin geschickt. Was nur als kurzer Studienaufenthalt geplant war wurde dann ein lebenslanger. Aber er hat noch kurz vor seinem Tod immer noch mal den Wunsch gehabt, Bonn noch einmal wiederzusehen. Er schreibt nämlich: Ich werde es als die einzige glückliche Begebenheit meines Lebens betrachten, wo ich Euch, (also die Freunde) und den Vater Rhein noch einmal wiedersehen kann".