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Auf dem Weg zum "Markt der Welt"

13. November 2020

Wenn viele die ASEAN-Staaten das Abkommen mit dem Kürzel RCEP unterzeichnen, dann ist das der Startschuss für den größten Handelspakt der Welt für mehr als zwei Milliarden Menschen. Die EU und die USA sind nicht dabei.

Vietnam Hanoi | ASEAN Summit
Bild: VNA/REUTERS

Acht Jahre haben die Vorarbeiten in Anspruch genommen, acht Jahre "Verhandlungen mit Blut, Schweiß und Tränen", wie es der Handelsminister Malaysias formulierte. An diesem Sonntag soll es soweit sein: Das Handelsabkommen RCEP - es steht für Regional Comprehensive Economic Partnership - soll in Hanoi von 15 Teilnehmerländern auf den Weg gebracht werden.

Die Liste der beteiligten Staaten in Südostasien ist lang: das ressourcenreiche Indonesien, Kambodscha und Laos, Malaysia, Myanmar, auch die Philippinen, das reiche Singapur, Thailand oder das wachstumsstarke Vietnam. Nicht zuletzt aber ist China dabei, und aus der Region auch Südkorea und Japan, Neuseeland und Australien.

Die Staaten, die ihren Handel so auf eine neue Grundlage stellen wollen, bringen es auf fast 30 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung. Vor allem Zölle sollen gesenkt werden, das Abkommen enthält Regelwerke für zwanzig Bereiche, allerdings nicht für Agrarprodukte und für Fisch - Japan sperrte sich. Anders als bei den Handelsabkommen, die die EU in der Region zu schließen sucht - das jüngste Freihandelsabkommen mit Vietnam umfasst 1200 Seiten - enthält der RCEP-Vertrag auch nichts zu so umstrittenen Themen wie Klima, Arbeitsrecht, geistiges Eigentum.

Vorangetrieben durch China

Womöglich hat diese Zurückhaltung eine Einigung unter den ungleichen Partnern erst ermöglicht. Vorangetrieben hatte China das neue Abkommen. Aber nun ist auch Japan dabei, und damit ist RCEP das erste Abkommen dieser Art zwischen den beiden Konkurrenten in der Region und auf dem Weltmarkt. Auch die neue Zusammenarbeit zwischen den Rivalen Südkorea und Japan überrascht. Indien allerdings ist schon im letzten Jahr beim ASEAN-Treffen in Bangkok ausgestiegen. Zu groß waren offenbar die Sorgen vor billigen Produkten aus China, zu groß das Bedürfnis, die heimische Industrie zu schützen.

Aber vielleicht spielte auch hier die Rivalität mit China eine Rolle. "Sicherlich zieht China mit seinen geopolitischen Ambitionen Vorteile aus dem Abkommen", sagt Alexander Capri, Handelsexperte von der Business School der Universität Singapur über RCEP. Zu den vielen Stolpersteinen, die auf dem Weg zu einem Abkommen umgangen werden mussten, zählen schließlich die Probleme rund um das südchinesische Meer. China erhebt Anspruch auf 80 Prozent der Gewässer in dieser Region und stößt damit auf die Ansprüche vieler Anrainer wie Vietnam, den Philippines, Malaysia oder Brunei - allesamt potentielle Unterzeichner des neuen Handelsabkommens.

Die USA sind draußen

Die USA schickten unter der Regierung Trump im Sommer zwar Kriegsschiffe ins südchinesische Meer und brachten damit China auf. An dem RCEP-Abkommen aber war Washington unter Trump nicht beteiligt. Mehr noch: Unter seiner Führung hatten sich die USA schon zuvor aus einem anderen asiatisch-pazifischen Handelsabkommen, genannt CPTPP, zurückgezogen. Diese frühere "Vereinbarung zur Transpazifischen Partnerschaft" verließ Washington 2017. Zu jener Freihandelszone mit Japan, Kanada, Mexiko gehörte China seinerzeit nicht. Allerdings, so Beobachter, trieb Peking seither die Arbeiten an dem neuen Abkommen voran, das nun in Hanoi zur Unterschrift ausliegt.

Asiatisch-Pazifische Boomregion - Hafen von ShanghaiBild: picture-alliance/dpa/McPhoto

"Das Abkommen", so zitiert die FAZ die Volkswirtin Radhika Rao von der Bank DBS in Singapur, "bietet der Region die Chance, aus der 'Fabrik der Welt' einen 'Markt der Welt' werden zu lassen." Tatsächlich wird die Region zunehmend zu einem sich selbst genügenden Markt. Das Handelsvolumen zwischen Südostasien und China, so geht es aus einer Erhebung der Beratungsfirma Boston Consulting Group BCG hervor, dürfte bis 2023 um mehr als 40 Milliarden Dollar wachsen. Dagegen prognostiziert BCG bei den Warenströmen zwischen China und den USA und Europa - bei einem Volumen von jeweils rund 20 Milliarden Dollar - für die kommenden drei Jahre einen deutlichen Rückgang.

Noch ist das neue Handelsabkommen für die Region aber noch nicht ganz in trockenen Tüchern. Am Sonntag sollen zwar in Hanoi die Unterschriften unter den RCEP-Vertrag vorliegen, dann aber haben die Unterzeichner zwei Jahre Zeit, um die Bestimmungen zu ratifizieren. "Der Weg vor uns ist kein Spaziergang", sagte Vietnams Präsident Nguyen Phu Trong beim ASEAN-Gipfel auch zu den weiteren Aussichten des historischen Vorhabens.

ar/hb (dpa, rtr, afp - Archiv)

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