Auf den Spuren von Luke Skywalker
13. Dezember 2015Endlich Kundschaft! Salem Ben Said läuft in seine Höhle. Als er wieder ins Sonnenlicht tritt, hat er einen Fenek, einen kleinen Wüstenfuchs mit überdimensionalen Ohren, auf der Hand. Ein Foto mit dem verängstigten Tier kostet umgerechnet 50 Cent. Doch François und Yvonne Boisson lehnen freundlich ab. Sie sind nicht wegen der Feneks nach Mos Espa gekommen. Sie sind auf der Suche nach einer fremden Galaxie: "Ich bin Star-Wars-Fan, seit ich ein Kind war. Und die ganze Atmosphäre hier – das ist schon alles sehr beeindruckend." François Boissons Augen leuchten beim Anblick des Wüstendorfes. Ein paar kleine, gelbe Häuser mit runden Kuppeldächern, fensterlos, in der Mitte des Dorfes zwei Holz-Raketen, die vom Dreh übriggeblieben sind und viel Sand. Das ist Mos Espa auf dem Planeten Tatooine, die Heimatstadt von Anakin Skywalker alias Darth Vader.
Im Film wimmelt es auf dem Platz, dem Weltraumbahnhof der Stadt, nur so von Fantasiegestalten und Gaunern. Heute verirrt sich kaum noch jemand nach Mos Espa, das in der Realität Onq Jmel heißt und im äußersten Südwesten Tunesiens liegt. Drei Souvenirhändler halten die Stellung. Ben Said versucht die französischen Touristen zu überreden, einen "original Jedi-Umhang" anzulegen, wie er betont. Die braune Woll-Kutte hängt auf einem Holzgestell. Anakin Skywalker habe den auch getragen. François Boisson lacht und entscheidet sich dann doch lieber für einen Spazierganz durch die Dünen rund um das Dorf.
Fans haben Mos Espa vor dem Sand gerettet
Die hätten Mos Espa im vergangenen Jahr fast verschluckt. In einer groß angelegten Rettungsaktion haben lokale Behörden und Star-Wars-Fans weltweit Geld gesammelt, Bagger in die Wüste gefahren und tonnenweise Sand weggeschaufelt.
"Das meiste Geld von Fans kam aus Deutschland. Wir haben die deutsche Fan-Gemeinde irgendwie berührt mit der Aktion." Abderrahman Ameur rückt sein graues Basecap zurecht. Er ist Mitte 30, hat aber den Charme eines Jungen, vor allem, wenn er von "Star Wars" erzählt. Er hat den ersten und einzigen Fan-Club Tunesiens gegründet. 200 "Verrückte", wie er seine Gleichgesinnten nennt, schart er um sich. Zusammen haben sie sich zur Aufgabe gemacht, die Drehorte zu retten. "Ich habe die vor der Haustür. Das Glück hat nicht jeder Fan. Ich muss mich darum kümmern, das ist unser nationales Erbe." Zwölf Drehorte sind es insgesamt. Ameur hat sich ein Jahr lang hingesetzt und hat sie erschlossen. Die meisten findet man nur mit GPS-Daten in der Wüste.
"Sidi Driss" ist auf jeder Pilgerreise ein Muss
Matmata in Zentraltunesien findet man auch ohne GPS. Es ist rund fünf Autostunden von Mos Espa entfernt und der bekannteste Drehort aus der Saga. Das Hotel "Sidi Driss" ist auf einer richtigen Star-Wars-Pilgerreise ein Pflichtstopp: Luke Skywalker, Anakins Sohn, ist hier geboren.
Mesoud Barshid muss ein wenig unter dem Tresen kramen. "Ah, da ist es. Das ist das Laserschwert von Luke Skywalker." Barshid wischt mit der Hand den Staub von dem kurzen Plastikstab und versucht ihn dann mit einer schnellen Bewegung auszufahren. Doch er hakt. "Bei Luke Skywalker sah das natürlich eleganter aus." Aber immerhin funktioniert der Ton noch.
Vom Star-Wars-Glanz ist wenig übrig
Barshid steht im Hof des Hotels, das er seit vielen Jahren leitet. Es ist eine Art rundes Loch im Boden. Die Räume, die vom offenen Innenhof abgehen, sind dunkel und kühl. Hier hat Luke mit seinem Onkel und seiner Tante gelebt. Star-Wars-Schöpfer George Lucas hatte hier schon Mitte der 1970er Jahre gedreht. Als die Crew 2000 wiederkam, war Barshid live dabei: "Sie haben 'Angriff der Klonkrieger' produziert. Eineinhalb Monate lang. Es durfte niemand rein, weil sie alles umdekoriert hatten." Barshid klopft auf einen braunen Kasten mit Knöpfen in der Wand. Eine Requisite von damals, von der die Farbe blättert. An den Wänden hängen vergilbte Fotos von George Lucas und seinem Team.
Doch das ist lange her. Vom Glanz der Saga ist kaum etwas geblieben. Und auch die Filmcrew hat dem Ort und dem ganzen Land den Rücken gekehrt. Die siebte Folge wurde in Abu Dhabi gedreht. Offiziell, weil Tunesien nicht sicher genug sei. Barshid vermutet aber einen anderen Grund dahinter: "Die Scheichs haben einfach mehr Geld geboten."