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Auf der Suche nach Amélie

2. Dezember 2001

Seit dem weltweiten Erfolg des französischen Kinofilms "Die fabelhafte Welt der Amélie" pilgern die Touristen in das Pariser Montmatre-Viertel. Ihr Ziel: das "Café des deux Moulins".

Die Schauspielerin Audrey Tautou hat "Amelíe" ein unverwechselbares Gesicht gegeben.Bild: PROKINO

Cineasten aus Frankreich, Deutschland und zahlreichen anderen Ländern der Welt pilgern derzeit in die Pariser Rue Lepic, um die Drehorte des modernen Großstadt-Märchens einmal mit eigenen Augen zu sehen. "Sie kommen von überall", erzählt Madame Labbé, während sie einer Kundin das Wechselgeld für ein Päckchen Tabak herausgibt. Mit der kränklichen Zigarettenverkäuferin Georgette im Film allerdings hat die resolute Chefin des Hauses außer der blonden Haarfarbe so gar nichts gemein.

"Hier sind Sie richtig!"

Etwas schüchtern und mit der Kamera vorm Bauch betreten die Filmfans die Brasserie. Erwartungsvoll schweift ihr Blick von der imposanten Bar zu den Bänken am Fenster und fällt schließlich am Ende des Raums auf ein riesiges Filmposter mit Amélie: "Ja, hier sind Sie richtig!", scheint sie den Besuchern zuzuzwinkern, die sich fragen, ob sie tatsächlich "im Café von Amélie" gelandet sind.

Im Tageslicht der Wirklichkeit hat der große Raum zunächst nicht allzuviel Ähnlichkeit mit dem Arbeitsplatz der Kellnerin Amélie. Doch schließlich fällt der Blick auf das markante, aus dem Film bekannte Milchglasfenster der Toilettentür. Spätestens dann sind die letzten Zweifel ausgeräumt.

Der Film macht Lust auf mehr

Marie-Jeanne Dromby aus Paris hat ihre Freundin Lydie aus Lyon in das Café geführt. Bei Salat mit heißem Ziegenkäse und Bier schwärmen die beiden Frauen über den erfolgreichsten französischen Film des Jahres. In Frankreich ist er auf Platz eins mit fast acht Millionen Zuschauern, in Deutschland haben ihn schon mehr als zwei Millionen Menschen gesehen.

"Der Film macht Lust, mehr auf die einfachen Dinge im Leben zu achten", sagt die 34-jährige Marie-Jeanne. Sie will sich "das Märchen" garantiert nochmal ansehen.

Der 20-jährige Christophe aus Südfrankreich war sage und schreibe schon sechsmal in dem Erfolgsstreifen seines Lieblings-Regisseurs Jean-Pierre Jeunet. Er ist begeistert von der Atmosphäre rund um die Rue Lepic. "Es ist ein bißchen wie im Film", stellt der Kinofan zufrieden fest. Das bestätigt auch Michel Langlois, der seit 26 Jahren als Fleischer in der Rue Lepic arbeitet. "Der Film zeigt unser Leben", versichert er. "Hier kennt jeder jeden, hier grüßt man sich noch."

Hier findet der Besucher was er sucht

Tatsächlich haben sich die Straßen rund um die Metro-Station Abbesses einen kleinstädtischen Charme bewahrt. Anwohner erledigen an Käseständen und Fischgeschäften ihre Einkäufe, plaudern mit den Nachbarn auf der Straße und tauschen in aller Ruhe Neuigkeiten aus. Von der Großstadthektik ist im Viertel Lepic-Abbesses - nur wenige hundert Meter von Sacré-Coeur entfernt - nicht viel zu spüren.

Hier schlendern die Filmfans durch die verwinkelten Gassen und erkunden die Schauplätze des Versteckspiels, das die gute Fee "Amélie" mit ihren Mitmenschen treibt. An die Fragen der Deutschen, Kanadier und Briten nach dem Weg zum Café und zur "Gemüsehandlung von Amélie" haben sich die Anwohner inzwischen gewöhnt.

Für die Hauptdarstellerin Audrey Tautou bedeutete "Le fabuleux destin d'Amélie Poulain" den großen Durchbruch. Die 23-Jährige kann sich vor neuen Aufträgen kaum retten. Und Regisseur Jeunet hat beim Anblick der Besuchergruppen in der Rue Lepic jeden Tag aufs Neue den Beweis für seinen Erfolg. Er lebt an der Place des Abbesses, hat also "Amélie" direkt vor der eigenen Haustür gedreht. Der Filmemacher kauft seinen Schinken bei Monsieur Langlois und trinkt seinen Espresso im "Café des deux Moulins". Nach zwei Jahren im sonnigen Kalifornien und Dreharbeiten in Hollywood zog es ihn, erzählt er, "zurück ins Herz von Paris". (pg)

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