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14. November 2006

„Ein Volk, das nicht liest, kann sich nicht entwickeln.“ Mongo Beti, einer der bekanntesten Schriftsteller Kameruns, bringt es auf den Punkt. Doch wie lesen lernen, wenn in der Schule eine Fremdsprache gesprochen wird?

Unterrichtet wird in einer FremdspracheBild: DW

Dass Kamerun zwei Landessprachen hat - Französisch und Englisch -, hat historische Gründe. Wechselnde Kolonialherren brachten unterschiedliche Sprachen und Schulsysteme in das westafrikanische Land. Mit fatalen Konsequenzen für die Bildung der Kinder: sie verstehen den Unterricht nicht. Das liegt weniger am Krach, den die rund hundert Schüler pro Klasse veranstalten, als viel mehr an der Fremdsprache, in der die Lehrer unterrichten.

Weder die Schüler fühlen sich wohl…

Die Zeitung können nur wenige lesenBild: AP Photo

Denn die Schulkinder sprechen in der Regel nicht Englisch oder Französisch, sondern eine der etwa 230 regionalen Sprachen – wie Fulfulde im Norden oder Ewondo im Süden des Landes. Ginge es nach Francois Nkwilang, Generalsekretär des nationalen Sprachkomitees, sollten diese Regionalsprachen auch in den Schulen unterrichtet werden: „….dann wird sich das Kind in der Schule nicht mehr fremd fühlen, wenn es in seiner Muttersprache unterrichtet wird. Wenn man gleich mit einer Fremdsprache anfängt, dann stimmt etwas nicht.“

...noch die Lehrer

Die sprachliche Hürde ist nur eine von vielen, die die Schüler nehmen müssen. Offiziellen Zahlen des „Ministeriums für Grundschule“ zufolge fehlten im Jahr 2005 mehr als 25.000 Lehrer in Kamerun. Dabei gibt es Anwärter genug. Doch ausgebildete Lehrer werden nach ihrem Referendariat nicht übernommen, denn dem Staat fehlt es an Geld. Nach wie vor sind Lehrer in Kamerun nicht sonderlich hoch angesehen, sagt Ndongo Moto, Leiter einer Schule, in der Lehrer ausgebildet werden: „Der Lehrer steht in der sozialen Hierarchie auf der gleichen Stufe wie die Kinder, er wird als Kind betrachtet, vielleicht weil er mit Kindern arbeitet. Der Lehrerberuf nimmt nicht den Rang ein, den er verdient.“ Selbst angestellte Lehrer können sich nicht immer über ihre Stelle freuen. Denn das Bildungsministerium ‚vergisst’ regelmäßig, seine Beamten zu bezahlen...

Eltern und NGOs übernehmen Aufgaben des Staats

Bescheidene Mittel auf dem LandBild: Carine Debrabandère

Immer wieder müssen deshalb die Eltern ins Portemonnaie greifen, damit die Lehrer ihre Kinder weiter unterrichten. Um die Ausbildung ihrer Kinder nicht dem Staat überlassen zu müssen, schließen sich zunehmend Mütter und Väter zu so genannten APE zusammen, zu Elternvereinen, die die Schulbildung ihrer Sprösslinge selbst in die Hand nehmen. Die Eltern organisieren und finanzieren Schule und Lehrer, übernehmen Pflege und Instandhaltung der Gebäude. Viele überwachen sogar nachts das Schulgelände, damit niemand Tische oder Bänke stiehlt.

Hilfe erhalten die Kameruner auch von außen. Zahlreiche internationale Geldgeber sind im Land aktiv: Die Afrikanische Entwicklungsbank, UNICEF, das Welternährungsprogramm, die islamische Entwicklungsbank und vor allem japanische Organisationen. Jeanne Mongolo, Leiterin einer durch japanische Gelder renovierten Grundschule in einem Viertel der Hauptstadt Jaundé, ist von ihren Förderern begeistert: „Wir haben sehr lange in vergammelten Räumen gearbeitet. Und nun sehen sie doch mal an, wie schön die Schule jetzt geworden ist! Vorher hat es reingeregnet, jetzt regnet es nur noch draußen! Die Japaner haben uns das Gebäude geschenkt und didaktisches Material, selbst die Toilette: gucken Sie Sich das an: Sie ist ultramodern!!!“

Präsident Biya hat große Ziele

Schon den Jüngsten mangelt es an BildungBild: Carine Debrabandère

Angesichts des maroden Bildungssystems und der hohen Arbeitslosigkeit von 30 Prozent suchen gut ausgebildete, junge Kameruner ihr Glück lieber im Ausland. Das ist nicht im Sinne von Präsidenten Biya, der im ganzen Land von riesigen, meist verblichenen Postern herunterblickt. „Kamerun hat große Ziele“ ist da als Schriftzug zu lesen. Diese Ziele versuchen Universitäten mit mehr Professionalität umzusetzen und dadurch junge Akademiker zum Bleiben zu bewegen. Joseph Kayem, stellvertretender Dekan der Universität von Ngaoundéré: „Die Universität von Ngaoundéré hat viele praxisorientierte Studiengänge. Was die Studenten bisher nur im Ausland angetroffen haben, finden sie jetzt auch bei uns. Jedes zweite Jahr führen wir einen neuen Studiengang ein, um den Erwartungen der Arbeitgeber zu entsprechen. Damit die Studenten im Land bleiben, bieten wir die Möglichkeit an, bei uns die Doktorarbeit zu schreiben. Und wenn die Doktoranten dann ins Ausland gehen wollen, dann mit einem Stipendium und nur unter der Bedingung, dass sie zurückkommen.“

Bis die Ziele von Präsident Biya erreicht sind, wird Kamerun noch viel Engagement jeder einzelnen Familie und Unterstützung aus dem Ausland brauchen. Und auf diesem langen Weg werden viele Kinder weiterhin in überfüllte Klassen gehen und viele Lehrer ohne Unterstützung für die Bildung ihrer Schüler kämpfen müssen.

Autoren: Ide Carine, Sismondi Barlev Bidjocka und Audrey Parmentier

Redaktion: Peter Koppen

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