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PolitikAsien

Südkoreas neuer Präsident: "Frieden durch Macht"

Martin Fritz aus Tokio
10. März 2022

Nach dem Machtwechsel in Seoul will Wahlsieger Yoon Suk Yeol näher an die USA rücken und eine härtere Gangart gegenüber Nordkorea und China einschlagen. Martin Fritz aus Tokio.

Südkorea Präsidentschaftswahl | Kandidat Yoon Suk-yeol
Neuer Präsident von Südkorea Yoon Suk YeolBild: Lee Jin-man/AP/picture alliance

Der Konservative Yoon Suk Yeol von der konservativen Oppositionspartei People Power Party (PPP) wird neuer Präsident von Südkorea. Bei der Wahl des Nachfolgers von Amtsinhaber Moon Jae In setzte sich der 61-Jährige äußerst knapp gegen Lee Jae Myung von der liberalen Regierungspartei Minju durch. Damit krönt Yoon einen meteoritenhaften Aufstieg. Erst vor einem Jahr war er als Generalstaatsanwalt seines Landes zurückgetreten, vier Monate später registrierte er sich als Unabhängiger für die Präsidentenwahl, bald darauf kürte ihn die PPP zu ihrem Spitzenkandidaten. Nun wird Yoon im Mai ins Blaue Haus, den Präsidentenpalast in der Hauptstadt Seoul, einziehen.

Seine Sporen hatte sich der designierte Präsident als knallharter Staatsanwalt verdient, der bei der Amtsenthebung und Verurteilung der früheren Präsidentin Park Geun Hye eine Schlüsselrolle spielte. Nach der Beförderung vom Sonderermittler zum obersten Ankläger setzte er seinen Feldzug gegen Korruption mit Ermittlungen gegen den engsten Zirkel von Präsident Moon fort und überwarf sich mit ihm. Jura hatte der Sohn von Universitätslehrern an der renommierten Seoul National University studiert. Das Staatsexamen bestand er aber erst beim neunten Versuch.

Yoon (r.) siegte äußerst knappBild: Lee Jae-Won/AFLO/Imago images

Stützende Berater

Als politischer Novize setzt Yoon auf ein Team von erfahrenen Beratern für die wichtigsten Felder. Wirtschaftspolitisch setzt er auf weniger Staat und geringere Ausgaben. Außenpolitisch will er die Allianz mit den USA stärken und härter gegen Nordkorea  vorgehen. Einen innerkoreanischen Friedensvertrag, den der scheidende Präsident Moon in seiner Amtszeit anstrebte, werde seine Regierung erst vorbereiten, sagte Yoon, wenn Nordkorea "aktive Anstrengungen für eine komplette und nachprüfbare Denuklearisierung" unternehme.

"Auf weitere Eskalationen aus Pjöngjang wird der neue Präsident weniger kompromissbereit als Moon reagieren", meint Thomas Yoshimura, Repräsentant der Konrad-Adenauer-Stiftung in Seoul. Unter Yoon werde Südkorea zwar das Interesse an einer friedlichen Lösung und substantiellen Verhandlungen behalten, aber nunmehr im Einklang mit den USA wohl wieder erkennbare Vorbedingungen stellen, erwartet der deutsche Experte. Im Gegensatz zum Wahlsieger Yoon hatte der unterlegene Kandidat Lee von der regierenden Demokratischen Partei zu Lockerungen der UN-Sanktionen gegen Pjöngjang und zum Dialog aufgerufen.

US-Raketenabwehrsystem THAADBild: Ralph Scott/Department Of Defense/ZUMA/dpa/picture alliance

Technologien für "vorbeugenden Erstschlag gegen Nordkorea"

Yoons sicherheitspolitisches Credo lautet "Frieden durch Macht". Ohne Stärke lasse sich der Frieden nicht erhalten, betont der Berater von Yoon für Verteidigung und Sicherheit, Ex-General Kim Yong Hyun. Im Kern verlangt der designierte Präsident eine Neuorientierung der Verteidigungsstrategie: Südkorea müsse sich auf den schlimmsten Fall eines nuklearen Angriffs aus dem Norden vorbereiten. Das Land soll daher die Technologien entwickeln, um einen vorbeugenden Erstschlag gegen nordkoreanische Atombomben führen zu können. Diese Präventivkapazität ist in Südkorea als "Kill Chain" bekannt. "Dafür sehen wir zwei Gründe: öffentliche Sicherheit und stärkere Abschreckung", erklärt Berater Kim.

Mehr Nähe zu den USA bedeutet auch, dass Yoon enger mit der Quad-Sicherheitsallianz von USA, Australien, Indien und Japan zusammenarbeiten möchte. Im Wahlkampf hatte er keine Mitgliedschaft von Südkorea befürwortet. Aber die beiden US-Analysten Victor Cha und Dana Kim erwarten eine Integration zu einem späteren Zeitpunkt. Südkorea würde also der Indo-Pazifik-Strategie der US-Regierung stärker folgen.

Zugleich wünscht sich Yoon eine engere Kooperation mit den USA bei der Stärkung der Lieferketten und bei Halbleitern und Batterien sowie in der Raumfahrt und Cybersicherheit. Im Rahmen dieser Strategie würde Yoon eine Wiederannäherung an Japan versuchen. Die frühere "Pendeldiplomatie" mit regelmäßigen Treffen der Regierungschefs der beiden Länder soll wiederaufleben.

Scheidender Präsident Moon (r.) mit Chinas Außenminister Wang im September 2021Bild: Choi Jae-ku/Yonhap/AP Photo/picture alliance

Mehr Distanz zu China

Im Wahlkampf hatte der konservative Politiker auch angekündigt, die angeblich "chinalastige" Außenpolitik vom Vorgänger Moon zu überwinden. "Im Grundton verspricht Yoon eine Abkehr von der strategischen Ambiguität im Austausch für mehr Prinzipienorientierung", erläutert Stiftungsvertreter Yoshimura den geänderten Denkansatz. Bisher bewegte sich Südkoreas Außenpolitik auf einem schmalen Grat zwischen ihrem Sicherheitspartner USA und ihrem größten Handelspartner China. Damit will Yoon Schluss machen.

Zum Beispiel möchte er ein US-Raketenabwehrsystem zum Schutz der Hauptstadt Seoul aufstellen. Moon hatte darauf verzichtet, nachdem China als Reaktion auf die Stationierung eines ersten Systems Wirtschaftssanktionen verhängt hatte. Die aktuellen geopolitischen Spannungen schränken den Handlungsspielraum von Südkorea allerdings ein. "Ein solcher härterer außenpolitischer Kurs gegenüber Nordkorea und China birgt erhebliche geopolitische und wirtschaftliche Risiken", warnte Gareth Leather, Asien-Ökonom von Capital Economics.

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