US-Wählerfang in Deutschland
3. November 2012 Ein stürmischer Samstagnachmittag in Köln. John Huggins und sein 19-jähriger Sohn Jonas stehen vor der U-Bahnstation "Neumarkt" mitten in einer belebten Einkaufsmeile. Beide tragen Schilder mit der Aufschrift "VotefromAbroad.org". Die Internetseite wurde von der Organisation "Demokraten im Ausland" gegründet, die Amerikanern dabei hilft, sich für die Briefwahl zu registrieren. 6000 Kilometer von der Heimat entfernt wird um ihre Stimmen geworben.
Vor 25 Jahren kam Huggins nach Europa. Seitdem hat er an allen Präsidentschaftswahlen teilgenommen, sagt er. Die Kampagne des damaligen Senators Barack Obama habe ihn dazu inspiriert, aktiv in den Straßen von Köln nach Amerikanern zu suchen, die noch keine Briefwahl beantragt haben.
Huggins ist ein enthusiastischer Unterstützer Obamas. "Der Präsident hat nach der Regierungszeit von George W. Bush für eine positivere Grundstimmung gesorgt", meint er. Auch die Gesundheitsreform des Präsidenten betrachtet er als Errungenschaft, die auf jeden Fall verteidigt werden müsse. Von Medienvertretern und Polit-Funktionären werden die kommenden US-Präsidentschaftswahlen als die wichtigsten der letzten Jahrzehnte bezeichnet.
Unterstützung für die Demokraten
Für seinen Sohn Jonas, der gerade sein Politikwissenschaftsstudium an der Freien Universität Berlin begonnen hat, bedeutet die Wahl die Entscheidung zwischen zwei unterschiedlichen globalen Zukunftsszenarien. Er interessiert sich besonders für die amerikanische Außenpolitik: "Man hat gesehen, dass es in der internationalen Diplomatie einen riesigen Unterschied macht, ob der Präsident George W. Bush heißt oder Barack Obama", erklärt er.
Vater und Sohn Huggins erwischen während ihrer vierstündigen Einsätze in Köln im Durchschnitt etwa zehn Leute - Deborah Woodson aus North Carolina zum Beispiel. Die Gospel- und Soulsängerin lebt seit 15 Jahren in Deutschland. Huggins zeigt ihr, welche Formulare sie für die Briefwahl ausfüllen und welche Dokumente sie vorlegen muss. "Ich freue mich, dass die meisten, die wir hier treffen, Erstwähler sind: junge Leute, die das System noch nicht kennen und die unsere Hilfe brauchen", sagt Huggins.
Seinem persönlichen Eindruck nach scheinen die meisten amerikanischen Briefwähler, die in Deutschland leben, eher für die Demokraten zu stimmen. Scott Stapleton, ein 31-jähriger Luftfahrtingenieur aus dem US-Bundesstaat Michigan, ist ein Gegenbeispiel: Er unterstützt die Republikaner.
Für ihn ist es frustrierend, dass die Leute in Deutschland oft nicht verstünden, dass es auch eine andere Seite der amerikanischen Politik gibt, beklagt er: "Auf einer sozialistisch-kapitalistischen Skala stehen Deutschland und die Vereinigten Staaten sowieso schon an ganz unterschiedlicher Stelle - und die Republikaner sind nochmal weiter entfernt. Deshalb ist es nur natürlich, dass sich die meisten Deutschen auf die Seite der Demokraten schlagen - wenn ihnen die nicht sogar schon zu konservativ sind."