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Auftakt in Cannes mit "Der große Gatsby"

Jochen Kürten16. Mai 2013

Es war ein rauschendes Premierenfest. Superstar Leonardo DiCaprio war gekommen und natürlich Regisseur Baz Luhrmann. Der australische Filmemacher hat dem berühmten Roman neues Leben eingehaucht.

Leonardo DiCaprio bei der Eröffnung des Festivals in Cannes auf dem roten Teppich (Foto: AFP)
Bild: Anne-Christine Poujoulat/AFP/Getty Images

Zunächst standen die Stars im Regen: Das Wetter bei der Premiere von "Der Große Gatsby" zwang, ganz unglamourös, zum Regenschirm als Accessoire. Die metereologischen Tücken des Alltags, sie passen so gar nicht zum Auftaktwerk des wichtigsten Filmfestivals der Welt. In "Der große Gatsby" geht es um Partys und Reichtum, um die Träume der Menschen vom materiellen Glück, um Ruhm und Geld, kurzum: um die Oberflächenreize der Welt. Das passt zu Cannes. Was sind die Festspiele an der Côte d'Azur anderes als eine bunte Wundertüte des Kinos? Und ist nicht auch das Kino an sich nicht schon seit jeher eine einzigartige, große Traummaschine? Insofern hätten die Veranstalter keinen geeigneteren Film zum Auftakt für die diesjährige Cannes-Ausgabe finden können.

Party: im Film und in Cannes

Im Anschluss an die Premiere des Films fand in einem riesigen Zelt die Party statt. Der amerikanische Verleiher Warner Bros. hatte geladen, 600 ausgewählte Gäste waren gekommen. Eine Millionen Euro teure Feier, veranstaltet für den inneren Zirkel der Film-Highsociety. Die Champagnerkorken dürften im Takt geknallt haben. Und doch: Auf die zuvor auf der Leinwand dargestellten Partyexzesse dürfte auch die Eröffnungsgala nicht herangekommen sein. "Der große Gatsby", ein gerade einmal 200 Seiten umfassender Kurzroman von F. Scott Fitzgerald, gilt als moderner Klassiker der Weltliteratur. Es ist auch ein Buch über Liebe, aber vor allem über die Party des "American Dream".

Rauschende Feste im FilmBild: Festival de Cannes

Erzählt wird die Geschichte eines geheimnisvollen jungen Mannes, der - milliardenschwer - in einem schlossartigen Anwesen an der Küste Long Islands lebt und ausufernde Partys schmeißt - auch um das Herz einer einst verehrten Frau zu gewinnen. Wieso der Mann, der immer nur schlicht "Gatsby" genannt wird, zu so viel Geld gekommen ist, bleibt bis zum Ende ein Geheimnis. Gerüchte über seine Verbindungen zur Unterwelt machen die Runde. Fitzgerald spinnt um diese große mythische Figur eine schlichte Erzählung um Reichtum und Liebe, Eifersucht und Mord. Bei aller ästhetischen Meisterschaft in Stil und Aufbau des Textes bietet der reine Handlungsverlauf lediglich eine Klatschgeschichte.

Vom Lockruf des Geldes

Dass der Roman sich seit seinem Erscheinen Mitte der 20er Jahre trotzdem zu einem wegweisenden Stück Literatur entwickelt hat, ist kein Widerspruch. Es geht in ihm vor allem um eines: Aufzuzeigen, wie die Menschen nach Reichtum gieren und was sie dabei aufs Spiel zu setzen bereit sind. Und wie die Liebe dabei auf der Strecke bleibt. Dabei zeigt er aber auch - auf verführerische Art und Weise - deutlich den Reiz und die Verlockungen dieses Reichtums. Fitzgerald erzählt seine Geschichte ironisch und mit Distanz, scheut sich aber auch nicht zu zeigen, wie verführerisch all die dargestellte Pracht ist.

Das Buch wurde bereits dreimal verfilmt, am bekanntesten dürfte die Version mit Robert Redford in der Hauptrolle aus dem Jahre 1974 sein. Nun hat sich also der australische Regisseur Baz Luhrmann an eine neue Version gewagt. Ihn habe es vor allem gereizt, die Aktualität des Textes aufzuzeigen: "Ein Klassiker entsteht dadurch, dass er zeitlich und geografisch alle Grenzen überwindet, dass er überall und jederzeit von Bedeutung ist", so Luhrmann in einem Interview, und weiter: "Das liegt gewöhnlich daran, dass die Geschichten etwas zeitlos Menschliches zu erzählen haben. Wir erkennen es in den Figuren wieder."

Eine Liebe nur für kurze Zeit: Leonardo DiCaprio und Carey MulliganBild: Festival de Cannes

Baz Luhrmann: Klassik goes Pop

Gatsby sei einer, "der die Verheißungen des Lebens besonders intensiv in sich aufnahm, der außergewöhnlich hoffnungsvoll war", heißt es in dem Roman. Die Titelfigur fasziniert bis heute. Diese anhaltende Faszination hat Regisseur Baz Luhrmann genutzt. Und er hat dem Stoff tatsächlich bleibende Aktualität eingehaucht. Zwar erzählt er seine Geschichte romangetreu im New York der 20er Jahre, verleiht ihm aber andererseits ein extrem modernes Outfit. Die Musik stammt vom bekannten US-Rapper Jay-Z, seiner Frau Beyoncé und anderen Megastars wie Lana del Rey. Der Film besteht aus hunderten dicht aufeinanderfolgenden, rasend schnell geschnittenen Filmsequenzen, die in einem stakkatohaften Rhythmus montiert sind. Wilde Kamerafahrten wechseln sich mit unzähligen digitalen Effekten ab. Alles wurde zudem in der 3D-Technik aufgenommen.

Regisseur Baz Luhrmann beim Dreh von "The great Gatsby"Bild: Festival de Cannes

Die Träume sind geblieben

"Wir möchten den Zuschauern vermitteln, wie es sich angefühlt hat, in den unglaublich modernen Zeiten damals zu leben, als die Welt geboren wurde, alle jung und schön und betrunken und verrückt und reich waren und das voll auslebten," sagt Drehbuchautor Craig Pearce. So fällt es dem Zuschauer nicht schwer, die Bezüge zum Hier und Jetzt nachzuvollziehen. Der Gegensatz zwischen Reich und Arm, der Traum aufzusteigen, all das sind Themen, die noch heute gültig sind. Wenn auch unter anderen Vorzeichen. Aber der Blick aus dem Kinopalast in Cannes hinaus zu den millionenschweren Luxusjachten in der tiefblauen Bucht zeigt überdeutlich, wie aktuell das fast 100 Jahre alte Buch ist.

Das Gatsby-Team stellt sich in Cannes vor - noch im TrockenenBild: Reuters

In New York habe sich das Team eingehend mit jener Epoche beschäftigt, vor allem mit dem Finanzsektor, den Pfandbriefen und dem Aktienmarkt, beschreibt Drehbuchautor Pearce die Recherchearbeit im Vorfeld des Drehs. Ersetzt man das Wort "Pfandbriefe" durch "Hedge-Fonds", wird deutlich, warum Luhrmanns Film aktuell ist. Fitzgerald habe damals "offenbar einen fundamentalen Riss im moralischen Gewebe der 1920er Jahre aufgespürt", sagt der Regisseur. Der damalige Aufschwung habe aber nicht einfach immer so weitergehen können wie bisher. Die aktuelle Filmversion von "Der große Gatsby" ist natürlich eine Metapher auf die jüngste Weltfinanzkrise. "Ich habe den Eindruck, das der 'Grosse Gatsby' uns heute immer noch etwas zu sagen hat - mehr denn je", so Produzent Douglas Wick.

Kühle Reaktionen auf den Film

In Cannes hat der Eröffnungsfilm allerdings in der ersten Pressevorführung noch vor der abendlichen Premiere nur sehr zurückhaltende Reaktionen hervorgerufen. Und auch in den USA, wo "Der große Gatsby" seit Tagen bereits in den Kino läuft, waren die Kritiken eher negativ. Das alles konnte die gute Laune des Teams auf dem Roten Teppich vor dem Festivalpalais in Cannes natürlich nicht trüben. DiCaprio, der weibliche Star des Films, Carey Mulligan, Regisseur Baz Luhrmann - sie alle waren gekommen um den Film persönlich vorzustellen. Und auch der heftige Schauer zu Beginn irritierte nur kurzfristig. Das Blitzlichtgewitter war wie immer in Cannes gewaltig, die Fans schrien nach Autogrammen. Die zwölftägige Party konnte beginnen.

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