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Politik

Auftritt ohne Hijab: Iranische Sportlerin reist früher ab

18. Oktober 2022

Die iranische Klettersportlerin Elnaz Rekabi ist bei den Asienmeisterschaften in Seoul ohne Hijab angetreten. Das Video der Geste verbreitete sich weltweit wie ein Lauffeuer. Wurde sie gezwungen, früher abzureisen?

Südkorea, Seoul | iranische Kletterin Elnaz Rekabi
Die iranische Sportkletterin Elnaz Rekabi verzichtet im Wettbewerb in Seoul auf den HijabBild: Rhea Kang/AP/picture alliance

Schwarzes Stirnband, schwarzer Pferdeschwanz, die Ärmel ihres Langarmshirts fast demonstrativ nach oben geschoben: So trat Elnaz Rekabi zum Finale bei den Asien-Meisterschaften in der südkoreanischen Hauptstadt an die Kletterwand. Mehrfach stürzte Rekabi ab, gelangte in der Endrunde auf großer Bühne nicht auf das Podest, sondern belegte den undankbaren vierten Platz. Sie sah aus wie jede x-beliebige Sportlerin. Aber eben nicht in ihrer iranischen Heimat, denn ein entscheidendes Kleidungsstück fehlte: das Kopftuch. Auch im Ausland haben iranische Frauen in Sportwettbewerben Kopftücher zu tragen.

Vor sechs Jahren hatte Rekabi als erste professionelle Klettersportlerin ihres Landes noch ihren großen Respekt für die eigene Verschleierung mit religiösem Hintergrund bekundet. Sie entwarf wegen der starken Hitze beim Klettern gar ein Outfit, "dass den Hijab respektiert und mit dem Klettersport vereinbar ist". Doch jetzt war es offenbar genug. Rekabi reiht sich in die Riege derer ein, die gegen die Geschlechterdiskriminierung in ihrer Heimat protestieren. Mit ihrer mutigen Aktion ging sie viral und erntete große Bewunderung.

Aus Seoul abgeflogen

Rekabi verließ Südkoreas Hauptstadt mit einem Flug am Dienstagmorgen, wie die iranische Botschaft in Südkorea mitteilte. Der persische Dienst des britischen Senders BBC zitiert eine ungenannte "informierte Quelle", wonach iranische Beamte sowohl Rekabis Mobiltelefon als auch ihren Reisepass beschlagnahmt hätten. Demnach sollte die Athletin ursprünglich am Mittwoch zurückkehren. Ihr Flug sei jedoch offenbar unerwartet vorverlegt worden.

Bei einem Turnier in Toulouse in Frankreich trug Hekabi im November 2019 ein KopftuchBild: Mickael Chavet via ZUMA Wire/picture alliance

Persischsprachige Medien außerhalb des Irans warnten, dass die mehrfache Medaillengewinnerin möglicherweise von iranischen Beamten zur vorzeitigen Abreise gezwungen worden sei und ihr in der Heimat die Festnahme drohe. In einem Tweet dementierte die iranische Botschaft alle "Falschmeldungen und Desinformationen" über Rekabis Ausreise. Doch anstatt ein Foto von ihr beim Wettbewerb in Seoul zu veröffentlichen, zeigte sie ein Bild, auf dem die Sportlerin mit Kopftuch bei einem früheren Wettbewerb in Moskau auftritt, wo sie die Bronzemedaille gewann.

Entschuldigung via Instagram

Inzwischen erschien auf der Instagram-Seite der Sportlerin ein Online-Posting, in dem sie sich für den Auftritt ohne Hijab in Seoul entschuldigt. Dort heißt es: "Ich entschuldige mich für das, was ich getan habe, um euch Sorgen zu machen." Das Posting erklärt weiter, Rekabi habe das Kopftuch "unbeabsichtigt " nicht getragen. Sie sei wegen der Uhrzeit des Auftritts in Eile gewesen. Auf einem Videomitschnitt der Veranstaltung soll sie jedoch entspannt wirken, bevor sie die Kletterwand erreicht. Ferner erklärte die 33-Jährige, sie befinde sich gemäß dem vorab arrangierten Zeitplan auf dem Rückflug zusammen mit dem iranischen Team.

Die Korea Alpine Federation mit Sitz in Seoul, die die Asienmeisterschaften veranstaltet, teilte mit, Rekabi sei Mitglied der 11-köpfigen iranischen Delegation gewesen, die aus acht Athleten und drei Trainern bestehe. Sie erklärte weiter, es gebe bei der Veranstaltung keine Regeln über das Tragen oder Nichttragen von Kopftüchern durch Athletinnen.

Breite Protestwelle im Iran

Die Aktion Rekabis wird vielfach als Reaktion auf die jüngste Unterdrückung von Protesten im Iran verstanden. Sicherheitskräfte waren zuletzt brutal gegen Menschen vorgegangen, die landesweit gegen den Kopftuchzwang, den repressiven Kurs der Regierung sowie das Herrschaftssystem demonstrieren. Viele Frauen im Iran verbrannten demonstrativ ihre Kopftücher. Die vielen Demonstrationen, an den Schulkinder, Studenten, Ölarbeiter und andere Gruppen in mehr als 100 Städten teilnahmen, gelten als die ernsthafteste Herausforderung für die iranische Theokratie seit den Massenprotesten nach den umstrittenen Präsidentschaftswahlen im Jahr 2009.

Auslöser der Proteste ist der Tod der 22-jährigen Aktivistin Jina Mahsa Amini. Die junge Kurdin war am 16. September unter ungeklärten Umständen zu Tode gekommen, nachdem sie wegen ihres angeblich "unislamischen Outfits" von der Sittenpolizei festgenommen worden war. Kritiker werfen ihr vor, Gewalt angewendet zu haben. Die Polizei weist die Vorwürfe entschieden zurück. Erst am Montag hatte die EU wegen der gewalttätigen Übergriffe auf Demonstranten Sanktionen gegen den Iran verhängt. 

kle/se (ape, sid, afp)

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