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Musik

Schriften von Tupac Shakur versteigert

30. März 2022

Das Auktionshaus Sotheby’s hat Schriften aus der Jugend des US-Rappers versteigert. Tupac gehörte in den 1990ern zu den bekanntesten Vertretern des West Coast-Rap.

Tupac Shakur, schwarzweiß-Porträt.
US-Rapper Tupac Shakur (1971 - 1996)Bild: Death Row Records/dpa/AFP/picture alliance

Tupac Amaru Shakur wurde nur 25 Jahre alt. Er gehörte zu den Opfern der East Coast vs. West Coast-Fehde zwischen Rappern aus den beiden US-amerikanischen Küstenregionen, die in den 90ern einigen berühmten Vertretern beider Lager zum Verhängnis wurde.

Hinterlassen hat Tupac Shakur nicht nur berühmte Hip-Hop-Klassiker, sondern auch Briefe und Gedichte, die nun bei Sotheby's unter den Hammer kamen. Die Schriften stammen aus einer Zeit, als er noch gar nicht an ein Dasein als Superstar gedacht hat. So hat er schon im Alter von elf Jahren Haikus (kurze japanische Gedichte) geschrieben. Ein von ihm illustrierter und signierter Gedichtband wurde jetzt für 302.400 US-Dollar (ca. 270.000 Euro) versteigert. Den hatte er im Frühjahr 1983 seinem Patenonkel Jamal ins Gefängnis geschickt. In der Teeniezeit hatte es ihm besonders das Mädchen Kathy angetan, der er zahlreiche Liebesbriefe geschrieben hatte. Diese Briefsammlung brachte 75.000 US-Dollar (67.000 Euro) ein. Weitere Briefe, die für vierstellige Beträge unter den Hammer kamen, offenbarten unter anderem seine enge Freundschaft mit Jada Pinkett, die inzwischen mit dem Schauspieler Will Smith verheiratet ist und gerade erst Teil eines Eklats in der Oscar-Nacht war. 

Selbstzweifel und eine rastlose Mutter

Auch seinen anfänglichen Zweifeln an sich und seinem Talent kommt man in den Briefen auf die Spur: Er erwähnt darin, dass seine Mutter bis spät in die Nacht gearbeitet hat und dass er sich um seine Cousins kümmern musste, dass er keine Zeit hatte, das Rappen zu üben. Der zukünftige Superstar dachte sogar daran, die Musik aufzugeben: "Meine Managerin sagte zu mir, sie wolle nicht, dass ich mich vom Rap zurückziehe, aber ich glaube, das tue ich, weil ich mit zu viel Zurückweisung nicht umgehen kann…".

Tupacs frühe Texte spiegeln sein politisches Engagement widerBild: Kathy Hutchins/ZUMAPRESS/picture alliance

Tupac bleibt aber am Ball. Seine Kindheit prägen ihn und seine späteren Texte. Seinen leiblichen Vater wird er erst im Erwachsenenalter kennenlernen, sein Stiefvater büßt wegen eines Banküberfalls eine lange Haftstrafe ab. Mit seiner Mutter und seiner Halbschwester lebt er in bescheidenen Verhältnissen, andauernd zieht die Mutter mit ihren Kindern um - dorthin, wo sie gerade Arbeit findet.

Erst Dealer, dann Rapper

Als er 15 ist, geht es nach Baltimore, in einen ruhigen, vornehmlich von Weißen bewohnten Stadtteil. In dieser bürgerlichen Umgebung besucht Tupac eine Schule mit einem künstlerisch-musischen Schwerpunkt. Literatur, Ballett, Theater und die Mitschülerin Kathy faszinieren ihn. Obwohl er aufgrund seiner Herkunft eher ein Außenseiter ist, wird er später über die zwei Jahre in Baltimore sagen, dies seien die glücklichsten seines Lebens gewesen.

Der Umzug an die Westküste hat dem jungen Tupac nicht gut getanBild: Globe Photos/ZUMAPRESS/picture alliance

1988 jedoch geht die Reise weiter: Die Familie landet an der Westküste, in einem Ort nahe San Francisco. Dort geht es nicht so friedlich zu - der 17-jährige Tupac landet mitten im Milieu, findet schnell Anschluss an die kriminelle Szene und geht unter die Drogendealer. Hier aber lernt er auch ein paar wichtige Leute aus dem Musikgeschäft kennen, die sein Talent als Rapper erkennen. Er erhält einen Plattenvertrag und nennt sich nun 2Pac.

1991 erscheint das erste Album "2Pacalypse Now", zwei Jahre später kommt sein Durchbruch mit "Strictly 4 My N.I.G.G.A.Z." Inzwischen lebt er in Los Angeles, ist 22 Jahre alt und engagiert sich für hilfsbedürftige Kinder und Jugendliche und für Frauenrechte. In seinem Song "Keep Ya Head Up" stellt er sich auf die Seite unterdrückter und misshandelter Frauen: "I think it's time to kill for our women. Time to heal our women, be real to our women." (Es ist an der Zeit, dass wir für unsere Frauen töten, dass wir unsere Frauen heilen, und dass wir ehrlich zu unseren Frauen sind.") Tupac hat aber auch eine Menge Ärger mit der Polizei, immer wieder gibt es gewalttätige Auseinandersetzungen, die ihn mehrmals vors Gericht bringen.

Der Beginn der East Coast vs. West Coast-Fehde

Inzwischen ist Tupac berühmt und hat berühmte Freunde. Im November 1994 trifft er sich mit den East Coast-Rappern The Notorious B.I.G. und Puff Daddy im Studio in New York, als sie beschossen werden. Tupac bekommt fünf Kugeln ab, eine erwischt ihn am Kopf. Er beschuldigt die beiden anderen, das Attentat organisiert zu haben.

Erst Freunde, dann Feinde: The Notorious B.I.G. (Biggie) und TupacBild: picture-alliance / Mary Evans Picture Library

Das gilt als Beginn der East Coast vs. West Coast-Fehde. Zunächst ist es ein relativ harmloser Rapper-Krieg, auch "Beef" genannt: Die Musiker beleidigen - dissen - sich gegenseitig in ihren Songs. Erst Jahre später wird der Konflikt zwischen den beiden Hip-Hop-Szenen blutig und auch heute noch sterben Rapper bei Schießereien.

Chartserfolg im Knast

Als Tupacs drittes Album "Me Against The World" herauskommt, sitzt er wegen sexueller Belästigung im Gefängnis. Die Platte wird Nummer eins der US-amerikanischen Billboard-Charts - und ein Lied darauf gehört zu den unsterblichen Hip-Hop-Klassikern: "Dear Mama". Er beschreibt seine Liebe zu seiner Mutter, aber er klagt sie auch an, wegen ihrer Rastlosigkeit, ihrer Crack-Sucht und der ständigen Armut, in der er seine Kindheit verbrachte.

Album Nummer vier bringt den kommerziellen weltweiten Erfolg. Es ist das Ergebnis eines kleinen Tricks. Als er noch seine Strafe absitzen muss, kauft ihn ein Plattenboss frei, der im Gegenzug zu der 1,4 Millionen Dollar-Kaution drei Alben von dem Rapper haben will. Nach dem Motto "Zwei auf einen Schlag" wird aus "All Eyez On Me" das erste Doppelalbum im Hip Hop, produziert von Dr. Dre, dem berühmtesten Produzenten der damaligen Hip-Hop-Szene. Tupac feiert hier seinen Gangsta-Livestyle - und Songs wie "California Love" laufen auch im kommerziellen Radio rauf und runter.

Westcoast-Kollegen: Snoop Dogg und Tupac 1996Bild: picture-alliance / dpa

Mord per "Drive-by-shooting"

Nur wenige Monate später löst er den Deal mit seinem Kautionsgeber ein und legt das nächste Studioalbum vor - sein letztes zu Lebzeiten. Am 7. September 1996 schaut er sich in Las Vegas mit ein paar Kumpels einen Boxkampf an. Nach dem Kampf kommt es beim Ausgang zu einer Rangelei mit Mitgliedern einer Gang. Tupac streckt den Anführer mit einem Faustschlag nieder, dann steigen er und sein Freund in seinen BMW. An einer Ampel wird aus einem vorbeifahrenden Auto das Feuer auf sie eröffnet. Mehrere Kugeln treffen Tupac, im Krankenhaus erliegt er sechs Tage später seinen Verletzungen.

Demetrius Ship Jr. spielt Tupac in dem Biopic "All Eyez On Me" (2017)Bild: Quantrell Colbert/Everett Collection/picture alliance

Verdächtigt wird erst der Gang-Anführer, dann der East-Coast-Rivale The Notorious B.I.G. Der kommt wenige Monate nach Tupacs Ermordung selbst bei einem sogenannten "Drive-by-shooting" ums Leben. Bis heute ist nicht geklärt, wer den Mord an Tupac Shakur zu verantworten hatte. Verschwörungstheorien ranken sich um den Tod von Tupac - hartnäckig hält sich auch das Gerücht, der Rapper lebe noch und lasse sich auf einer Karibikinsel die Sonne auf den Bauch scheinen. 

Mythos Tupac

Zur Legendenbildung rund um Tupac Shakur hat sicher der ungeklärte Mord viel beigetragen. Bis heute ist er - vor allem für junge Rapper - ein Idol, ein Hip-Hop-Gott. Obwohl er eine ambivalente Person war. Einerseits war er Fürsprecher für Frauenrechte, andererseits aber saß er wegen sexueller Belästigung im Gefängnis. Ein eindringlicher und gefühlvoller Poet einerseits, ein Ghetto-Rapper, der Gewalt verherrlichende Sprache benutzte, andererseits. Ein belesener Mann, der Shakespeare liebte und andererseits den Gangsta-Rap kultivierte. Fünf Alben wurden nach seinem Tod noch veröffentlicht - das letzte 2006 - und vier davon erreichten in den USA und England Platin- und Goldstatus.

Tupacs Nachlass bringt viel Geld ein

Seit dem Attentat auf Tupac wechselte der von Kugeln durchsiebte BMW mehrmals den Besitzer - unter anderem auch bei einer Auktion, bei der der Wagen 2017 für 1,5 Millionen Dollar (1,35 Mio Euro) unter den Hammer kam.

Dagegen war die jüngste Versteigerung bei Sotheby's weitaus weniger makaber. Die Briefe, Zeichnungen und Gedichte zeigen nicht den Gangsta-Rapper, den Superstar, der innerhalb von kurzer Zeit die Rapszene aufgemischt und den größten Rapper-Krieg der Popgeschichte mit ausgelöst hat - sondern einen poetischen jungen Mann, der einfach nur verliebt war und für kurze zwei Jahre den Traum von einem ganz normalen Leben geträumt hat.

Dieser Artikel wurde nach Beendigung der Auktion aktualisiert.

Silke Wünsch Redakteurin, Autorin und Reporterin bei Culture Online