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Australian Open: Aus der Isolation zum Grand Slam

Tobias Oelmaier
21. Januar 2021

Dutzende Tennisprofis müssen vor den Australian Open zwei Wochen in Quarantäne auf dem Hotelzimmer verbringen. Eine optimale Vorbereitung auf das Turnier ist das sicher nicht. Experten sprechen von Wettbewerbsverzerrung.

Tennis | Australien Open:  Angelique Kerber Sieg gegen Elisabetta Cocciaretto
Bild: Reuters/H. McKay

"Die Chancengleichheit ist gleich null", sagt Daviscup-Sieger Marc-Kevin Goellner im Gespräch mit der DW. Der Inhaber einer Tennis-Akademie nahe Köln war als Profi nie in einer vergleichbaren Situation wie die Teilnehmer an den Australian Open in Melbourne in diesem Jahr. Viele Spielerinnen und Spieler müssen nach ihrer Ankunft in Australien zwei Wochen isoliert im Hotelzimmer verbringen - Corona-Quarantäne statt Vorbereitung auf das erste Grand-Slam-Turnier des Jahres, das am 8. Februar startet.

Die Umstellung aus dem europäischen Winter auf die klimatischen Bedingungen im heißen Australien sei unter normalen Umständen schon schwierig, so Goellner, der in den 90er-Jahren selbst sechsmal Down Under am Start war, "aber jetzt, bei klimatisierten Hotelzimmern und draußen 40 Grad, ist das noch viel schlimmer". Zumal die vollständige Isolation nur rund 70 Teilnehmerinnen und Teilnehmer betrifft. Nämlich diejenigen, auf deren Flügen Infektionsfälle bekannt geworden sind. Unterdessen können sich die anderen Spieler, bei denen die Anreise ohne Infizierte stattgefunden hat, akklimatisieren und zumindest fünf Stunden täglich auf dem Trainingsplatz vorbereiten. Den Rest der Tageszeit innerhalb der beiden Quarantäne-Wochen müssen dann auch diese Profis auf ihren Hotelzimmern verbringen. So wollen es die strengen australischen Corona-Vorschriften.  

Zwei ATP-Titel im Einzel, vier im Doppel, Daviscup-Sieger 1993: Ex-Tennisprofi Marc-Kevin GöllnerBild: picture-alliance/dpa

Eine Wundertüte für Angelique Kerber

"Ich habe die letzten zwei Monate so hart trainiert wie schon lange nicht mehr. Es war eine der besten Vorbereitungen der letzten Jahre, in der ich mit viel Herzblut und Schweiß an meine Grenzen gegangen bin", sagte die ehemalige Weltranglistenerste Angelique Kerber gegenüber der Nachrichtenagentur SID. "Jetzt muss ich aber realistisch sein und mir eingestehen, dass ich nach zwei Wochen Quarantäne im Hotelzimmer nicht viel vom Saisonstart erwarten kann. Es wird spannend, das ist alles bei mir momentan eine Wundertüte."

Ex-Profi Goellner geht davon aus, dass "die Vorbereitung dahin ist, man kann fast ganz von vorne anfangen". Er würde an Kerbers Stelle nun all die Möglichkeiten nutzen, die so ein Hotel bietet: Core-Übungen, Tennisspielen gegen die Wand, laufen, hüpfen, schwitzen - all das macht die beste deutsche Tennisspielerin bereits. Aber vor allem dürfe man nicht in die Opferrolle fallen. "Meditieren, Atemübungen, so oft wie möglich den Sportpsychologen kontaktieren und sich neue Ziele setzen", empfiehlt Goellner. "Dann darf man eben nicht ans Halbfinale denken, sondern nur Runde für Runde."

Pause könnte auch ein Vorteil sein

Professor Wilhelm Bloch von der Deutschen Sporthochschule Köln sieht die Kasernierung nicht ganz so dramatisch. Der DW sagt er: "Sicher geht etwas Spielpraxis verloren, aber die sollte sich innerhalb weniger Tage wieder nachholen lassen." Möglicherweise habe die Trainingspause sogar einen positiven Effekt: "In anderen Sportarten, die eher auf eine Periodisierung in der Saisonplanung setzen, baut man solche sogenannten Tapering-Phasen ganz bewusst in die Vorbereitung ein. Da trainiert man sehr intensiv auf den Höhepunkt hin, um dann in den letzten beiden Wochen vor dem Wettkampf die Belastung stark zu reduzieren, damit sich der Körper regenerieren kann."

Diese Form-Zuspitzung sei aber nicht ganz so einfach zu steuern. "Für die Sportler ist es ein komplett anderer Rhythmus als sonst, sie sind es gewohnt, fast täglich zu spielen. Das ist jetzt eine große Herausforderung für die Trainer, die Tennisprofis auf das Turnier vorzubereiten." Besonders auch, weil jeder Athlet anders sei. "Man muss seinen Sportler also sehr genau kennen", so Sportmediziner Bloch, "sonst ist es gut möglich, dass er oder sie am Anfang des Turniers topfit ist, dann aber hinten raus körperlich abbaut."

Topstar Novak Djokovic verbringt seine Quarantäne in einem Hotel in Adelaide in AustralienBild: Morgan Sette/AAP Image via AP/picture alliance

"Am besten wäre es, das Turnier einfach um zehn Tage zu verschieben, aber das ist aus organisatorischen Gründen nicht machbar", sagt Goellner. "Es wird also nicht fair sein. Und dann können die Spieler ja noch nicht einmal abbrechen und nach Hause fliegen. Sie dürfen ja nicht nicht raus aus ihrem Hotelzimmer."

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