WhatsApp, SMS oder Mails prägen unseren Alltag. Aber einen Brief zu bekommen - per Post, handgeschrieben und auf edlem Papier, ist ein besonderes Geschenk.
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Kulturtechnik im Wandel - Briefe schreiben
Ein seltenes Exemplar im Briefkasten: ein handgeschriebener Brief. Dabei findet er gerade neue Anhänger. Hier ein kleiner Rückblick in die Geschichte der Briefe, die früher kunstvoll gestaltet waren.
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Tintenschrift
Ganz klassisch: Das Briefeschreiben mit Tinte und Federkiel kommt gerade wieder in Mode. In Deutschland gibt es inzwischen sogar verschiedene Federbreiten zur Auswahl, je nachdem wie schwungvoll das Schriftbild sein soll. Aber die Technik des Federhalters will gelernt sein, sonst kratzt man Löcher ins Papier.
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Goethe an Schiller
Vor allem auf die Unterschrift kommt es an: ausdrucksstark soll sie sein. Der Schriftzug der persönlichen "Signatur" wird als künstlerisch wertvoll gewertet. In deutschen Museen und Literaturarchiven sind solche historischen Briefe oft in Vitrinen zu bewundern. Dieser Brief von Dichterfürst Johann Wolfgang von Goethe an Friedrich Schiller liegt im Goethe-Nationalmuseum in Weimar.
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Kaiserlicher Geleitbrief
Im Mittelalter war das Briefeschreiben nur Künstlern und amtlichen Schreibern gestattet. Das Verfertigen von Schriftstücken war handwerkliche Kunst. Briefe des kaiserlichen Hofes wurden besonders üppig gestaltet. Mit diesem Geleitbrief zitierte der deutsche Kaiser Karl V. 1521 Martin Luther vor den Reichstag nach Worms. Der streitbare Mönch sollte dort seine umstrittenen Thesen widerrufen.
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Historische Emojis
Das Ausschmücken von privaten Briefen war dem handwerklichen Geschick des jeweiligen Schreibers überlassen. Der Nürnberger Maler und Kupferstecher Albrecht Dürer (1471-1528) fügte gern kleine witzige Zeichnungen und Skizzen von Zeitgenossen in seine Briefe ein - eine mittelalterliche Variante der heute so beliebten Emojis. Hier schreibt er an der Ratsherrn Willibald Pirckheimer.
Hochoffizielle Schreiben wurden früher nicht nur auf Papier oder Pergament verfasst. Herrscher, die ihren Reichtum demonstrieren wollten, griffen zu wertvollerem Material. Dieser Brief des birmanischen Königs Alaungphaya an den englischen König Georg II. aus dem Jahr 1756 besteht aus purem Gold und ist verziert mit 24 hochkarätigen Rubinen. Er lagert im Tresor der Leibniz Bibliothek Hannover.
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"Grüsse von der Titanic"
Vom Material ist dieser Briefumschlag von 1912 nicht wertvoll, aber historisch kostbar. Schiffspassagierin Esther Hart, die mit Mann und Tochter eine Seereise auf dem Luxusdampfer "Titanic" unternahm, wollte den Brief bei ihrer Ankunft in New York aufgeben. Die Jungfernfahrt endete tragisch, nur 710 Passagiere überlebten den Untergang. Esther gehörte dazu, und hatte den Brief in der Manteltasche.
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Von Hand getippt
Das handschriftliche Verfassen von Briefen gilt bis heute als äußerst persönlich. Aber im Laufe der Jahrhunderte kam auch die mechanische Schreibmaschine als Mittler privater Gedanken in Mode. Es galt als modern, war aber anfangs eine schwergängige Angelegenheit. Man braucht viel Kraft zum Niederdrücken der Buchstaben. Erst 1913 wurde in Amerika die elektrische Schreibmaschine erfunden.
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Briefe als Literaturgeschichte
Persönliche Briefe werden oft erst im Nachlass gefunden. Auch dieser getippte Brief des deutschen Schriftstellers Hermann Hesse (1877-1962) galt lange als verschollen und wurde durch Zufall in einem Antiquariat entdeckt. Hesse schreibt hier an die Frau seines Verlegers Samuel Fischer. Heute wird der literaturhistorisch wertvolle Brief im Deutschen Literaturarchiv Marbach aufbewahrt.
Viele jüdische Emigranten und Flüchtlinge aus Nazideutschland hatten oft nur wenig Zeit persönliche Dinge zusammenzupacken und mitzunehmen. Alles musste in einen Koffer passen, die Gestapo kontrollierte jeden, der auf den Deportationslisten stand. Deshalb ist dieser Brief aus dem Warschauer Ghetto besonders kostbar. Heute ist das seltene Exemplar im Besitz des Historischen Institutes in Warschau.
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Briefe an Mr. President
Dieser Brief ist ein Dokument der Zeitgeschichte. Alex (6) hatte ihn 2010 direkt an den damaligen US-Präsidenten Barack Obama ins Weiße Haus geschickt. Darin bat er Obama um Hilfe für den kleinen syrischen Jungen, der nach einem Bombenangriff auf Aleppo allein im Rettungswagen saß. Heute ist der Brief im politischen Archiv des Weißen Hauses.
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Brief als Politikum
Briefe können auch Politik machen - oder sie zumindest entscheidend beeinflussen. Hier hält der amtierende EU-Ratspräsident Donald Tusk den offiziellen Brief in der Hand, mit dem die britische Premierministerin Theresa May den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union erklärt und begründet. Handschriftlich ist hier aber nur die Unterschrift.
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Briefe an das Christkind und den Weihnachtsmann
Die meisten Kinderbriefe werden jedes Jahr vor Weihnachten an den Weihnachtmann geschrieben - mit umfangreichen Wunschzetteln. Inzwischen gibt es in Europa mehrere Adressen, wo die Briefe landen und persönlich beantwortet werden. Die älteste deutsche Postfiliale des Weihnachtmannes befindet sich in Himmelsthür. In Städten wie Engelskirchen oder Himmelpforten hat das Christkind seine Adresse.
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Erfunden wurde der Welttag des Briefeschreibens von dem Australier Richard Simpkin. 2014 hat ihn der Fotograf und Künstler erstmals so ins Leben gerufen. Er selbst ist ein großer Fan von handgeschriebenen, persönlichen Briefen und schreibt auch gern welche. Seiner Ansicht nach hätten solche Briefe einfach mehr Charakter und zeigen mehr von der eigenen Persönlichkeit, berichtete die Deutsche Briefmarkenzeitung über ihn.
Besser bekannt ist der Tag unter dem englischen Titel "World Letter Writing Day". Am 1. September sollte jeder einfach einem Menschen, der ihm wichtig ist oder sehr am Herzen liegt einen mit der Hand verfassten Brief schicken. Eben keine anonyme Email oder eine der oft verkürzten Textnachrichten aufs Mobiltelefon. Und schon ist er Mitglied einer weltweiten Community, erklärte Simpkin.
Berge von handgeschriebenen Briefen landen in den Postämtern des WeihnachtsmannesBild: picture-alliance/dpa/C. Hager
Bei der Umsetzung sind der Kreativität des Briefeschreibers keine Grenzen gesetzt. Die Wahl des Briefpapiers entscheidet schon über die Anmutung. Hochwertiges Papier, etwa Bütten, steht bei offiziellen Anlässen wie Hochzeiten oder Goldenen Hochzeiten hoch im Kurs. Ob mit Tinte oder Kugelschreiber, die Farbe der Schrift, dann noch verziert mit Aufklebern oder Zeichnungen, alles ist möglich.
Das einzige Problem: Es gibt keine Löschtaste wie bei einem mit dem Computer geschriebenen Brief. Jeder Schreibfehler wird sichtbar - und könnte höchstens mit selbstgemachten Emojis kreativ verdeckt werden. Und Streichungen offenbaren bei Kürzungen auch die ersten Gedanken des Schreibers, die er sonst vielleicht gerne unsichtbar machen würde. Am Welttag des Briefeschreibens lohnt es sich vielleicht, das epische Verfertigen von Gedanken beim Schreiben zu üben. Ein kurzes Innehalten in der digitalisierten Welt, das war die künstlerische Intention von Richard Simpkin.
Rarität: Mit dem Füller geschriebene Briefe der Schauspielerin Romy Schneider wurden in Wien versteigertBild: picture-alliance/dpa
Dieser Artikel stammt ursprünglich aus dem Jahr 2017 und wurde anlässlich des Welttag des Briefeschreibens 2021 noch einmal aktualisiert.