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Politik

Aus für Thailands Zukunftspartei

Julian Küng Bangkok
21. Februar 2020

Thailands Verfassungsgericht hat die Auflösung der zweitgrößten Oppositionspartei angeordnet und führende Mitglieder mit Politikverbot belegt. Parteichef Thanathorn will die Auseinandersetzung auf die Straße tragen.

Thailand Verbot Future Forward Partei | Vorsitzender Thanathorn Juangroongruangkit
Bild: Getty Images/AFP/L. Suwanrumpha

Die Stimmung im Hauptquartier der Zukunftspartei (Future-Forward-Partei) ist auf dem Nullpunkt, als das Urteil der Verfassungsrichter in Echtzeit übertragen wird. Parteichef Thanathorn (Artikelbild 2. v.l.) habe seiner demokratischen Jungpartei illegalerweise Geld gespendet, urteilen die betagten Herren in den rot-schwarzen Richterroben. Deswegen müsse die Partei aufgelöst werden. Thanathorn gelingt es, die  Stimmung herumzureißen: "Jetzt ist nicht die Zeit zu weinen. Es ist nur der Beginn einer neuen Reise", reagiert er vollmundig auf das Urteil und erntet euphorische Schreie von seiner Gefolgschaft.

Grundlage für das Verbot der Partei sind Gelder in Höhe von 191 Millionen Baht (rund 5,6 Mio. Euro), welche Thanathorn seiner Partei für den Wahlkampf zu Verfügung stellte. Die Richter berufen sich auf die Gesetzesgrundlage, dass in Thailand "niemand einer politischen Partei Bargeld, Vermögenswerte oder andere Vorteile im Wert von mehr als zehn Millionen Baht spenden darf." "Es handelte sich nicht um Spenden, sondern um Kredite", verteidigte der angeklagte Milliardär seit Monaten, aber vergeblich.

Enttäuschung nach dem Richterspruch ... Bild: AFP via Getty Images

Juristische Schikanen

Neben dem Parteiverbot dürfen 16 Mitglieder für die nächsten zehn Jahre kein politisches Amt mehr ausüben, darunter auch Parteichef Thanathorn Juangroongruangkit. Ein Urteil, dass für Beobachter nicht unerwartet kommt: "Weil es die Eliten und die Junta begünstigt, welche diese Richter eingesetzt haben", meint der Politologe Paul Chambers von der Naresuan-Universität in Nord-Thailand gegenüber der DW. "Die Zukunftspartei hat diese Kräfte gestört, die im Parlament bislang nur über eine hauchdünne Mehrheit verfügten."

Seit der politische Senkrechtstarter Thanathorn mit seiner bei jungen Thais beliebten Zukunftspartei bei den Wahlen im März 2019 beachtliche 80 Sitze im Parlament gewann, befindet er sich in einem juristischen Spießrutenlauf. 25 Gerichtsklagen wurden gegen die Jungpartei und deren Mitglieder eingeleitet. Sein Parlamentssitz wurde dem 41jährigen Parteichef schon vergangenes Jahr entzogen. Er sei bei seiner Kandidatur im Besitz von Aktien einer Medienorganisation gewesen, was gemäß Wahlgesetz illegal sei, urteilten die Richter.

Nach der heutigen Parteiauflösung schweben noch weitere Damoklesschwerter über den Mitstreitern von Thanathorn. Die Wahlkommission könne wegen der Parteifinanzierung Gefängnisstrafen für die Parteifunktionäre fordern, teilt das Verfassungsgericht heute mit. Dem Generalsekretär Piyabutr Saengkanokkul und der Parteisprecherin Pannika Wanich drohen bis zu drei Jahre Haft. Parteichef Thanathorn könnte sogar mit bis zu fünf Jahren Freiheitsentzug bestraft werden.

... aber die Anhänger der Zukunftspartei wollen Widerstand leisten. Bild: picture-alliance/AP Photo/G. Amarasinghe

Außerparlamentarische Opposition

Und doch schauen die Jungpolitiker optimistisch in die Zukunft: "Wir werden nicht aufgeben. Egal wie viele Male sie versuchen, uns zu unterdrücken", kündigt Thanathorn an. Die vom Urteil nicht betroffenen 65 Parlamentarier der Zukunftspartei werden sich einer anderen Partei anschließen. Daneben solle vermehrt auf der Straße politisiert werden, als außerparlamentarische Bewegung der verbotenen Partei. Überall im Land möchte man kampagnenartig präsent sein, um die Menschen von einer reformorientierten Politik überzeugen, verdeutlicht Thanathorn sein Vorhaben. "Gewiss wird es jetzt zu mehr Demonstrationen kommen", meint Politologe Chambers. "Ob diese Proteste die Macht von Premierminister und Ex-General Prayut Chan-O-Cha in irgendeiner Weise stören können, ist allerdings fraglich. Ich denke eher nicht."

Aktivist "Egg" im Orange der Zukunftspartei und dem "Dreifingergruß", der "Anti-Militärregierung" bedeutet Bild: DW/J. Küng

Rückkehr zu gewalttätiger Konfrontation?

Bereits im Vorfeld zum heutigen Urteil kam es Mitte Januar zu einem Massenprotest in Bangkok.  Rund 13.000 Menschen demonstrierten gegen den Machthaber Prayut Chan-O-Cha. Unter dem Slogan "Lauf gegen die Diktatur" joggte die Menschenmasse über die grüne Parkanlage "Rot Fai" und schrie lauthals "Prayut Ok Pai!" ("Prayut verschwinde"). Der Ex-Armeechef hatte sich 2014 an die Macht geputscht und wurde vergangenes Jahr hauchdünn zum Premierminister gewählt. Die Wahl von "Onkel Tu", wie er im Volksmund genannt wird, war von Betrugsvorwürfen überschattet und gemäß internationalen Beobachtungsorganisationen weder frei noch fair."Wenn Prayut nicht aufhört die Opposition zu drangsalieren, gibt es bald wieder zwei zutiefst verfeindete Lager wie in der Vergangenheit", befürchtete die Protestläuferin Sri aus Buriram. "Diesmal einfach mit andersfarbigen Hemden."

Sie spricht damit die wüsten Straßenschlachten der vergangenen 15 Jahren an. Beim Konflikt zwischen den elitären royalistischen Gelbhemden und den ländlichen Rothemden aus dem armen Nordosten des Landes kamen über 100 Menschen ums Leben. Die Armee eröffnete sogar das Feuer und übernahm die Macht im Land, die sie bis heute nicht aus der Hand gibt. Der 46jährige "Egg" war einer der Straßenkämpfer der Rothemden. Heutzutage geht er mit einem orangen T-Shirt der Zukunftspartei auf die Straße. "Ich möchte keine Brutalität oder physische Konfrontationen wie damals", sagt er. "Aber es gibt unter uns auch Leute, die wie früher aggressiver gegen die Regierung vorgehen möchten, weil sie sich machtlos fühlen im Angesicht der anhaltenden Unterdrückung."

 

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