Aus Russland abgeschoben, in Georgien unerwünscht
4. Juli 2025
Am Kontrollpunkt Dariali an der russisch-georgischen Grenze warten Dutzende ukrainische Bürger auf ihre Einreise nach Georgien. Sie stammen aus der von Russland besetzten Ostukraine. Dort waren sie inhaftiert und wurden nun von Russland ins Ausland abgeschoben. Wegen des andauernden Krieges können sie jedoch nicht direkt in die Ukraine gelangen. Deshalb wollen sie nun über Georgien in ihr Heimatland zurückkehren. Doch die georgischen Grenzbeamten verweigerten ihnen die Einreise. Nun müssen sie auf ungewisse Zeit unter unhygienischen Bedingungen am Grenzübergang ausharren.
Maria Belkina ist die Leiterin der Organisation "Volunteers Tbilisi", die ukrainischen Flüchtlingen hilft. Ihr zufolge befanden sich am 2. Juli 32 Betroffene am Kontrollpunkt. Und es sei mit weiteren Menschen zu rechnen. Denn die russischen Behörden haben damit begonnen, immer mehr Ukrainer aus den besetzten gebieten abzuschieben. "Die Leute sind gezwungen, in zwei oder drei Schichten zu schlafen, weil es nur 17 Schlafplätze gibt", sagt Belkina der DW. Sie kritisiert, die Ukrainer würden in einem unfertigen Teil des georgischen Kontrollpunkts festgehalten, der einem Keller ähnele.
Georgien verschärft seine Politik
Erst vor kurzem hatten die georgischen Grenzbeamten damit begonnen, von allen einreisewilligen Ukrainern einen aktuellen Nachweis ihrer Staatsangehörigkeit zu verlangen - selbst wenn diese einen gültigen ukrainischen Reisepass besitzen. Die überwiegende Mehrheit der abgeschobenen Ukrainer verfüge jedoch nicht über entsprechende Papiere. Sie seien meist ohne Dokumente aus russischer Haft entlassen worden.
Den freiwilligen Helfern zufolge haben die neuen Vorschriften die Einreise von Ukrainern nach Georgien praktisch lahmgelegt. "Während früher Menschen mit Pässen durchgelassen wurden und der Rest warten musste, werden jetzt alle festgehalten - auch diejenigen, die Dokumente haben", so Belkina. Die georgischen Behörden haben bislang nicht erklärt, warum für ukrainische Bürger neue Regeln gelten. Die Helfer vermuten einen Zusammenhang mit der geplanten Verabschiedung eines neuen Migrationsgesetzes. Das neue Gesetz soll es erlauben, Ausländern ohne Angabe von Gründen die Einreise zu verweigern oder diese abzuschieben.
Einziger Ausweg Georgien
Maria Belkina zufolge äußern sich die russischen Behörden nicht zu den massenhaften Abschiebungen von Ukrainern. Formell werden sie nach Ablauf ihrer Haftstrafe aus dem Gefängnis entlassen und anschließend dem Migrationsdienst übergeben. Anschließend wird in der Regel ein Abschiebungsbescheid erlassen - oft ohne die Möglichkeit, dagegen Rechtsmittel einzulegen oder auf die Einschaltung eines Anwalts zu warten.
Das Problem besteht darin, dass die meisten der Abgeschobenen weder gültige ukrainische Pässe noch russische Papiere vorlegen können. Für solche Ukrainer, die aus Russland abgeschoben werden, war Georgien lange Zeit der einzige sichere Ausweg aus ihrer Situation. "Dies war bis zuletzt die einzige Staatsgrenze, an der Menschen aufgenommen werden, die lediglich über eine Entlassungsbescheinigung und einen sogenannten Identitätsnachweis verfügen - ein Blatt Papier mit einem Foto und einer mündlichen Bestätigung eines Zellengenossen", sagt Belkina.
Andere Länder weigern sich, solche Menschen aufzunehmen, die buchstäblich nur "ein Stück Papier in der Hand haben". Georgien hingegen erlaubte in den letzten Jahren auch mit derartigen Identitätsnachweisen die Einreise "aus humanitären Gründen". Doch offenbar soll dies nun abgeschafft werden.
Was wissen die Behörden und gibt es Hilfe?
Die georgischen Behörden äußern sich nicht zur Lage an der Grenze. "Wir haben seit zwei Jahren keine einzige Antwort von den offiziellen Stellen erhalten, obwohl wir regelmäßig Kontakt mit ihnen aufnehmen", beklagt Belkina. Den freiwilligen Helfern zufolge leisten sie den Menschen auch keine Hilfe. "Volunteers Tbilisi" und ihre Partner versorgen die Ukrainer mit Lebensmitteln, Wasser, Medikamenten und Dingen des täglichen Bedarfs. Zudem leisten sie Rechtsbeistand. Ihren Angaben nach hatten die Häftlinge zunächst überhaupt nichts zu essen und zu trinken bekommen. Die von den Grenzbeamten übergebenen Konserven seien abgelaufen gewesen. Außerdem hätten einige der am Kontrollpunkt wartenden Ukrainer gesundheitliche Probleme.
Abgeschobene ukrainische Ex-Häftlinge wurden schon früher an der georgischen Grenze festgehalten und mussten lange auf eine Einreise warten. Wie Meduza, ein russisches Exil-Medium mit Sitz in Lettlands Hauptstadt Riga, berichtete, verweigerten die georgischen Behörden Ende August 2023 sechs ehemaligen ukrainischen Gefangenen die Einreise. Die Ukrainer verbrachten zehn Tage am Kontrollpunkt. Und im Oktober 2023 mussten sieben ehemalige ukrainische Häftlinge 14 Tage lang dort ausharren.
Nun werden jedoch zum ersten Mal so viele Menschen gleichzeitig festgehalten. Die Ukrainer, die an der Grenze festsitzen, berichteten ferner, die russische Polizei habe versucht, sie auf ihrem Weg nach Georgien für die Armee zu rekrutieren. Wie lange sie jetzt noch an der Grenze ausharren müssen, bleibt unklar. Wohin sie gehen sollen, wenn ihnen die Einreise nach Georgien nicht erlaubt werden sollte, auch.
Adaption aus dem Russischen: Markian Ostaptschuk