Die größten Naturasphalt-Vorkommen liegen in der ehemals britischen Kolonie Trinidad. Das Bremer Unternehmen Ungewitter importiert den Rohstoff seit über 100 Jahren von der Karibik-Insel und verarbeitet ihn weiter.
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Das holzvertäfelte Büro von Andreas Knöbig versprüht den Charme der frühen 1970er Jahre. Vor dem Fenster liegt eine gepflasterte Fläche. Nachschub ist gerade eingetroffen. 150 Fässer, umhüllt mit einer hellbraunen Hartfaserummantelung und gefüllt mit jeweils 250 Kilogramm Naturasphalt. Andreas Knöbig ist Geschäftsführer der Carl Ungewitter Trinidad Lake Asphalt GmbH mit Sitz im Bremer Industriehafen. Er leitet das Familienunternehmen in fünfter Generation.
6000 bis 7000 Tonnen importiert das Bremer Unternehmen pro Jahr. Der Naturasphalt wird zu einem Granulat heruntergebrochen und dem sogenannten technischen Asphalt zugegeben. In Asphaltmischwerken werden Gesteinsstoffe und Bitumen miteinander vermengt; das hierbei verwendete Bitumen fällt in den Erdöl-Raffinerien in großen Mengen an. Beim Naturasphalt aus dem Trinidader See zieht sich dieser Mischvorgang über mehrere zehntausend Jahre hin. Der Naturasphalt, erklärt Knöbig, wird in Asphaltmischwerken in kleinen Mengen dem technischen Asphalt beigemengt. "Naturasphalt bessert den Asphalt qualitativ auf und verbessert seine Haltbarkeit."
10 Millionen Tonnen Naturasphalt liegen im See
Geschäftsführer Andreas Knöbig kennt den See, aus dem Rohstoff kommt, den er hier in Deutschland verarbeitet, aus eigener Anschauung. Trinidad hat er mehrfach besucht. "Die Seeoberfläche, wenn man darüber läuft, fühlt sich an wie die gummierten Flächen auf Kinderspielplätzen. Es federt leicht, es ist relativ warm und es ist kurzfristig mit Planierraupen und Bulldozern befahrbar." Der See ist über die Jahre ein wenig gesunken. Allerdings nicht so viel, wie man aufgrund der Abbaumenge vermuten möchte, bekräftigt der Geschäftsführer. Der Rohstoff drückt von unten nach. Auf 10 Millionen Tonnen schätzt man das Vorkommen. Der See hat einen Durchmesser von 900 Metern und ist - hier gibt es nur Vermutungen - 90 Meter tief.
Die Fässer aus Trinidad werden entschält und liegen in Reih und Glied auf dem Außengelände im Bremer Industriehafen. Der Naturasphalt ist trocken und hart und versprüht den typischen Geruch einer Straßenbaustelle. Andreas Knöbig geht hinüber zu einer klobigen, kastenförmigen Apparatur mit einem hellgrauen Schlund. Staub wirbelt auf; der Arbeiter, der den Brecher bedient, trägt Handschuhe, Kopf- und Atemschutz. Hinter dem Brecher fällt der zerkleinerte Naturasphalt auf ein Förderband, das ins Innere der 4000 Quadratmeter großen Halle führt. Hier wird er in einem Sieb- und Mahlturm auf eine Größe von maximal 10 Millimeter zerkleinert. "Nachdem das Granulat in Säcke abgefüllt wurde, werden sie automatisch gestapelt und auf der Palette mit Schrumpffolie verpresst."
Werden beim Abbau soziale und ökologische Kriterien erfüllt?
Eine Palette wiegt eine Tonne. Andreas Knöbig verkauft sie für rund 1000 Euro. Der Umsatz seines Unternehmens liegt bei sieben bis acht Millionen Euro. Den Preis, zu dem er den unbearbeiteten Naturasphalt aus Trinidad bezieht, behält er dagegen für sich. Nur so viel: "Trinidad ist für uns ein Monopollieferant und wir müssen die Preise akzeptieren, wie sie uns diktiert werden." Andererseits profitieren Unternehmen aus den Industriestaaten bei der Weiterverarbeitung von Rohstoffen, die sie aus Schwellen- und Entwicklungsländern beziehen. Soziale Standards und ökologische Auflagen sollten vor Ort eingehalten werden. All das sei auf Trinidad gewährleistet, betont Andreas Knöbig. "Wir haben uns einmal um Abbaurechte beworben am See und hätten im Gegenzug Kindergärten, Sportstätten und sogar ein kleines Krankenhaus für die Mitarbeiter vorhalten müssen."
Auch ein Entsorgungskonzept für die Vegetationsreste, die beim Reinigen des Naturasphalt herausgesiebt und gefiltert werden, sollte die Firma aus Deutschland vorlegen. Das heimische Unternehmen, das den Naturasphalt abbaut, müsse dieselben Anforderungen erfüllen, sagt Andreas Knöbig. Und: "Wir selbst haben auch schon mal 15 Laptops an die örtliche Schule gespendet."
Zu den Kunden der Bremer Carl Ungewitter Trinidad Lake Asphalt GmbH zählen Asphaltmischwerke in erster Linie in Deutschland und Europa. Ab und zu geht auch eine Lieferung nach Afrika oder Brasilien. In den Mischwerken wird dem Asphalt ein bis eineinhalb Prozent Naturasphalt beigemengt. Den Unterschied zu herkömmlichen Asphaltsorten würde der Autofahrer so gut wie nicht bemerken, sagt Andreas Knöbig, mit Sicherheit aber die lärmgeplagten Anwohner. Der mit Naturasphalt aufbereitete Straßenbelag ist leiser und hält länger selbst auf hochbelasteten Straßen wie Autobahnen und Bundesstraßen.
Unternehmen mit Geschichte
Über 90 Prozent aller Unternehmen in Deutschland sind in Familienbesitz, sie erwirtschaften über die Hälfte des Umsatzes der deutschen Wirtschaft. Einige dieser Unternehmen sind bereits seit dem 16. Jahrhundert tätig.
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The Coatinc Company Holding GmbH
Erst in diesem Frühjahr wurde bekannt: The Coatinc Company ist das älteste Familienunternehmen Deutschlands. Wirtschaftshistoriker prüften entsprechende Dokumente der Firma und bestätigten 1502 als Jahr der Gründung. Der Anfang war lediglich eine Schmiede in Siegen. Dem Stammsitz ist die Verzinkerei bis heute treu geblieben.
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William Prym Holding GmbH & Co. KG
Prym, gegründet 1530, galt bis dahin als ältestes Familienunternehmen Deutschlands. Nun muss sich das Unternehmen mit dem zweiten Platz begnügen. Während Anfangs die Produktion von Walzmaterial und Drähten priorisiert wurde, setzte sich 1903 die Produktion von Nähutensilien und Druckknöpfen durch. Das Unternehmen beschäftigt weltweit 3300 Mitarbeiter und setzte 2018 rund 382 Millionen Euro um.
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Wiegand-Glas GmbH
Wiegand-Glas entstand 1570 aus einer bescheidenen Glasproduktionsstätte in der Rhön. Obwohl die Glasherstellung seit eh und je Schwerpunkt der Firma ist, wurde 1997 beschlossen, die Produktion auf PET-Behälter auszuweiten. Heute zählt Wiegand-Glas mit seinen 1800 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz 2018 von 486 Millionen Euro zu den Top drei der Behälterglashersteller Deutschlands.
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Berenberg, Joh. Berenberg, Gossler & Co. KG
Seit dem 16. Jahrhundert sind in Deutschland Unternehmen im Bankgeschäft tätig. So auch die Berenberg Bank, die 1590 in Hamburg gegründet wurde und somit die zweitälteste Bank der Welt ist nach der italienischen Monte dei Paschi di Siena. 1640 Mitarbeiter erwirtschafteten in der Vermögensverwaltung, dem Investment- und Corporate Banking 2018 einen Umsatz von 4,7 Milliarden Euro.
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Friedr. Schwarze GmbH & Co. KG
Schon 1664 wird Schwarze als Kornbrennerei urkundlich erwähnt. Die Brennerei, die unter dem Namen Schwarze und Schlichte ihre Ware vertreibt, verfügt über ein diverses Sortiment an Spirituosenmarken. Das verhilft der Firma, sich erfolgreich auf dem Spirituosenmarkt zu behaupten. Schwarze und Schlichte beschäftigt 100 Mitarbeiter und konnte 2018 rund 47 Millionen Euro Umsatz erzielen.
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Merck KGaA
Die 1668 in Darmstadt als Apotheke gegründete Firma Merck ist das älteste pharmazeutisch-chemische Unternehmen der Welt. Für Verwirrung sorgt manchmal der gleichnamige US-Konzern Merck & Co., der bis 1917 noch Teil des deutschen Unternehmens war. Obwohl die US-Firma um einiges grösser ist, nahm der deutsche Arm 2018 knapp 15 Milliarden Euro ein. Weltweit hat Merck 51.700 Mitarbeiter.
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Lukas Meindl GmbH & Co. KG
Das Unternehmen Meindl entstand 1683, als Petrus Meindl eine der ersten Schuhmachereien in Kirchanschöring (Oberbayern) eröffnete. Seither führen die nachfolgenden Generationen das Geschäft erfolgreich fort. Mit 200 Mitarbeitern und einer Produktionsstätte im Heimatort bietet das Familienunternehmen seine Auswahl an Wanderschuhen und Ledermode deutschlandweit an.
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Harry Brot GmbH
Eine einfache Bäckerei bei Hamburg war 1688 der Ursprung der Großbäckerei Harry, dessen Angebot an Brot flächendeckend in Ost-, West- und Norddeutschland gekauft werden kann. Über Jahre hinweg wurde fleißig in die Modernisierung des Betriebs investiert. So produziert die Bäckerei heute an neun Standorten, beschäftigt 4375 Mitarbeiter und kam 2018 auf einen Umsatz von rund einer Milliarde Euro.
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Villeroy & Boch AG
Das Keramikunternehmen Villeroy & Boch wurde 1748 in einem lothringischen Dorf vom Eisengießer François Boch gegründet. Aus einer Firma, die Anfangs ausschließlich Porzellangeschirr produzierte, wurde im Verlauf von 270 Jahren ein führendes Unternehmen in den Bereichen Bad, Wellness und Tischkultur. Es hat heute 7500 Mitarbeiter weltweit und erzielte 2018 einen Umsatz von 835 Millionen Euro.
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S. Siedle & Söhne OHG
Das Familienunternehmen Siedle, das heute für seine Gebäudekommunikationstechnik bekannt ist, war im Gründungsjahr 1750 noch eine Gießerei. 1887 wandte sich das Unternehmen der Telefonie zu, woraus Anfang des 20. Jahrhunderts die Spezialisierung auf Gebäudekommunikation entstand. Die ehemalige Gießerei erwirtschaftete 2018 mit 550 Mitarbeiter einen Umsatz von 88 Millionen Euro.