Bei neun der 16 Wettbewerbsbeiträge des Nachwuchsfilmfestivals Max Ophüls Preis saßen Frauen auf dem Regiestuhl. Ist das schon ein Trend? An eine junge Regisseurin ging am Ende auch der Hauptpreis des Festivals.
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Geschichten vom Erwachsenwerden - 38. Max Ophüls Preis
Junge Frauen und Männer entdecken die Welt - das war eines der vorherrschenden Themen des deutschsprachigen Filmnachwuchs-Festivals. Auch der Blick aus Migranten-Perspektive war zu sehen. Ein Rückblick in 16 Kapiteln.
Bild: Festival Max Ophüls Preis/Orbrock
Der Siegerfilm: Siebzehn
Aus Österreich kam die sensible Jugendstudie "Siebzehn", die die Geschichte von Paula erzählt - eindrucksvoll gespielt von Elisabeth Wabitsch. Regisseurin Monja Art gelingt es, Paula und ihre Klassenkameradinnen glaubhaft und mit viel Gefühl für psychologische Zwischentöne darzustellen. Dafür gab es zum Abschluss des Festivals den Max Ophüls Preis.
Bild: Festival Max Ophüls Preis/Orbrock
Königin von Niendorf
Ein Mädchen erfährt, wie es zugeht im Leben. Es ist eine einfache Geschichte, die Joya Thome in ihrem Debüt "Königin von Niendorf" erzählt. Die Tochter von Regisseur Rudolf Thome stellt die zehnjährige Lea in den Mittelpunkt ihrer Filmerzählung. "Königin von Niendorf" ist ein Jugendfilm - der einzige unter den 16 Beiträgen im Spielfilmwettbewerb, der sich auch an ein ganz junges Publikum richtete.
Bild: Festival Max Ophüls Preis/Lupa Film
Die Körper der Astronauten
Auch die Geschwister Linda und Anton in Alisa Bergers "Die Körper der Astronauten" sind jung. Doch die im Kaukasus geborene Regisseurin, die ihre Filmausbildung in Köln erhielt, zeigt die beiden an der Schwelle zum Erwachsenwerden. Sie emanzipieren sie sich von den üblen Launen des Vaters. Anton will Astronaut werden - und stellt sich für eine wissenschaftliche Langzeitstudie zu Verfügung.
Bild: Max Opüls Preis/Kunsthochschule für Medien Köln (KHM)
Einmal bitte alles
Regisseurin Helena Hufnagel erzählt in ihrem Debüt vom Erwachsenwerden der jungen Isi, überzeugend gespielt von Luise Heyer. Isis' Leben gerät aus den Fugen. Alles geht scheinbar schief. Die Freundin wendet sich ab, den Job verliert sie. Was also machen? Helena Hufnagel zeigt eindringlich, wie es sich anfühlt, wenn einem in jungen Jahren der Boden unter den Füßen weggezogen wird.
Bild: Festival Max Ophüls Preis/filmschaft maas & füllmich/Cocofilms
Die Reste meines Lebens
Eine ganz ähnliche Geschichte erzählt Jens Wischnewski in "Die Reste meines Lebens". Doch hier ist es ein junger Mann, der ein paar kräftige Schicksalsschläge zu verdauen hat. Christoph Letkowski spielt diesen Schimon, an seiner Seite Milena - ein zweiter starker Auftritt der jungen Schauspielerin Luise Heyer bei dieser 38. Ausgabe des Nachwuchsfilmfestivals "Max Ophüls Preis".
Bild: Festival Max Ophüls Preis/kurhaus production Film & Medien GmbH
Skizzen von Lou
Aus der Schweiz kommt die Jugendstudie "Skizzen von Lou", in der Regisseurin Lisa Blatter eine junge Frau und deren Suche nach dem Sinn des Lebens vorstellt. Das Max-Ophüls-Festival blickt jedes Jahr im Januar auf das junge deutschsprachige Filmschaffen. Und so hat der Zuschauer in Saarbrücken die Möglichkeit, auch Filme aus Österreich und der Schweiz auf großer Leinwand zu sehen.
Bild: Festival Max Ophüls Preis/2:1 Film
Strassenkaiser
Der Berliner Regisseur Florian Peters, der seinen Ausbildungsschwerpunkt eigentlich als Kameramann gesetzt hat, präsentierte in Saarbrücken seinen ersten langen Spielfilm als Regisseur. "Strassenkaiser" lässt in der deutschen Hauptstadt zwei (junge) Generationen beim Sommerfest "Karneval der Kulturen" aufeinanderprallen - den zwölfjährigen Noah und den jungen Vater Lamine, der mit Drogen dealt.
Bild: Festival Max Ophüls Preis/Wolffpack Vision
Vanatoare
Deutlich düsterer als die meisten anderen Debüts fällt der erste Spielfilm von Alexandra Balteanu aus. Balteanu wurde in Rumänien geboren und lebt seit 2003 in Deutschland. Sie blickt in "Vanatoare" auf drei junge Frauen, die von einem besseren Leben träumen, ihr Geld aber als Prostituierte am Rande von Bukarest verdienen. "Vanatoare" ist desillusionierend und schockierend pessimistisch.
Bild: Festival Max Ophüls Preis/dffb
Le Voyageur
Nach Osteuropa hat es auch den Schweizer Tim von Gunten in seinem ersten langen Spielfilm verschlagen. Von Gunten erzählt die Geschichte der jungen Virginie, die sich mit ihrem verstorbenen Vater auf eine Reise nach Bulgarien in die Vergangenheit macht. Dass der wieder zum Leben erweckte Vater sie dabei begleitet, hat etwas mit der Raumsonde Voyageur zu tun, die zur Erde zurückkehrt.
Bild: Festival Max Ophüls Preis/BMC
Marija
Auch Michael Koch ist Schweizer, sein Filmstudium absolvierte er in Köln. Kochs Debüt "Marija" feierte in Locarno Weltpremiere und war nun in Saarbrücken zu sehen. Die Ukrainerin Marija ist in einem Dortmunder Problemviertel auf der Suche nach Arbeit, will sich ihren großen Traum vom eigenen Friseurladen verwirklichen. "Marija" ist das bittere Porträt einer jungen Osteuropäerin in Deutschland.
Bild: Festival Max Ophüls Preis/Pandora
Club Europa
Das Thema Flucht und Migration, das die Zuschauer meist in kurzen Beiträgen in den Nachrichten serviert bekommen, greift die junge Regisseurin Franziska M. Hoenisch in ihrem Spielfilmdebüt "Club Europa" auf: Eine Berliner WG nimmt einen Asylbewerber aus Afrika auf und verspricht, ihn zu unterstützen. Doch dann wird der Asylantrag von Samuel abgelehnt. Für die drei eine große Herausforderung.
Bild: Festival Max Ophüls Preis/Filmakademie Baden-Württemberg
Die Migrantigen
Dass die Themen Migration, Integration und Asyl beim deutschsprachigen Filmnachwuchs angekommen sind, zeigt auch das Spielfilmdebüt von Arman T. Riahi. "Die Migrantigen" ist das vielschichtige Porträt zweier Wiener mit Migrationshintergrund. Regisseur Riahi ist selbst im Iran geboren und in Wien aufgewachsen. Sein Film spielt mit Klischees und dem Bild, das die Medien von Einwanderern zeichnen.
Bild: Festival Max Ophüls Preis/Golden Girls Filmproduktion
Rakete Perelman
Ein paar Beiträge der 38. Ausgabe des Max-Ophüls-Wettbewerbs versuchten sich an anderen filmischen Erzählformen und Themen. "Rakete Perelman" von Oliver Alaluukas handelt von einer jungen Theater-Kommune in Brandenburg. Auch hier treffen hoffnungsvolle und idealistisch eingestellte junge Leute auf Realität und "echtes" Leben. "Rakete Perelman" ist vor allem ein Schauspieler-Ensemblefilm.
Bild: Festival Max Ophüls Preis/Anna Wendt Filmproduktion
Wann endlich küsst Du mich?
Auf komödiantische Töne setzt "Wann endlich küsst Du mich?" Julia Ziesche stellt eine in die Jahre gekommene Schauspielerin sowie ihre beiden Töchter vor, die sich so gar nicht dem Willen der unkonventionellen Mutter beugen wollen. Und dann sind Mutter und Tochter plötzlich auch noch schwanger. "Wann endlich küsst Du mich?" ist eine Berliner Variante von "Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs".
Bild: Festival Max Ophüls Preis/U5
Jetzt. Nicht.
Eher ungewöhnlich fiel auch das Debüt von Julia Keller aus, die in London und Köln Kunst und Film studiert hat. "Jetzt. Nicht." wirft den Blick auf einen Mann, dessen ganzer Lebenssinn auf dem Prinzip Arbeit fußt - und der plötzlich vor dem Nichts steht: Ihm wird gekündigt. Eine nachdenkliche, kühl inszenierte Studie über einen Menschen in der Krise, eingefangen in eleganten wie düsteren Bildern.
Bild: Festival Max Ophüls Preis/Heimatfilm
Die Liebhaberin
Schließlich rundete "Die Liebhaberin" des Österreichers Lukas Valenta Rinner den Wettbewerb mit 16 Filmen ab. "Die Liebhaberin" war das formal ausgereifteste Werk unter den 16 Beiträgen. Rinner erzählt die Geschichte einer Haushaltshilfe in einem bürgerlichen Viertel von Buenos Aires, die eine überraschende Entdeckung macht. Ein Nachwuchsfilm aus Österreich - gedreht in Südamerika.
Bild: Festival Max Ophüls Preis/Nabis Film
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Die Diskussion wird schon seit einiger Zeit geführt. Als beim Festival in Cannes vor ein paar Jahren der Wettbewerb um die Goldene Palme einmal besonders männerlastig ausfiel, platzte vielen Frauen der Kragen. Filmförderung würde von Männern dominiert; Festivals und Jurys seien häufig einseitig besetzt, in der Folge würden sehr viel mehr Filme von Regisseuren gedreht und ausgezeichnet; Frauen hätten meist das Nachsehen. Mit der Qualität der Projekte und der fertiggestellten Filme habe all das nichts zu tun. So in etwa lauteten die Vorwürfe von Frauenseite.
Filme von Frauen in jüngster Zeit sehr erfolgreich
Und richtig: Laut einer Studie sind 42 Prozent aller Absolventen an Filmhochschulen Frauen - Fördermittel bekommen allerdings nur 15 bis 20 Prozent. Ein krasses Missverhältnis. Verschiedene Initiativen wie "Pro Quote" versuchen seither, bei den verschiedenen Produktionsstufen innerhalb der Filmbranche ein ausgeglicheneres Verhältnis herzustellen.
Vor dem Hintergrund, dass in den letzten Monaten einige künstlerisch und auch kommerziell erfolgreiche Filme von Frauen auf Festivals und in den Kinos liefen, ist die nicht abreißende Klage von Produzentinnen und Regisseuren nur allzu verständlich. Maren Ades soeben für den Oscar nominierter "Toni Erdmann", der auch gute Einspielergebnisse an den Kinokassen aufweist, ist nur die Spitze des Eisbergs. Filme wie "Vor der Morgenröte" von Maria Schrader oder "Wild" von Nicolette Krebitz sind weitere aktuelle Beispiele erfolgreicher Filme von Frauen. Bei der aktuellen Ausgabe des Festivals Max Ophüls Preis durfte sich auch eine Frau freuen: Monja Art bekam die Auszeichnung für ihren Film "Siebzehn".
Auch der "Max Ophüls Preis" setzt auf Regisseurinnen
Wenn nun das deutschsprachige Nachwuchsfestival "Max Ophüls Preis" bei seiner 38. Ausgabe einen Fokus auf Regisseurinnen legt, dann darf man das auch vor dem Hintergrund dieser Diskussion sehen. Sicher hat es auch nicht geschadet, dass mit der erst 28-jährigen Medienwissenschaftlerin Svenja Böttger seit letztem Jahr wieder eine Frau an der Spitze der Traditionsveranstaltung in Saarbrücken steht.
Doch die Auswahl, die Böttger und das sechsköpfige Auswahlgremium (drei Frauen, drei Männer) für den Wettbewerb in diesem Jahr getroffen haben, macht glücklicherweise nicht den Eindruck, hier habe man verbissen nach Emanzipationsgeschichten oder ausschließlich nach filmischen Frauenschicksalen gesucht. Einige Beiträge von Regisseuren wie Julia Kellers "Jetzt. Nicht" oder "Die Körper der Astronauten" von Alisa Berger blicken auf männliche Protagonisten oder stellen Frauen und Männer zumindest gleichberechtigt ins Zentrum des Geschehens. Auf der anderen Seite erzählen Filme männlicher Filmemacher wie "Die Liebhaberin" von Lukas Valenta Rinner oder Michael Kochs "Marija" explizit von weiblichen Protagonistinnen.
Entscheidend ist die Qualität der Filme
Und das ist auch gut so: Entscheidend für die Teilnahme an einem solchen Festival sollte ja die Qualität der Filme sein, das Interesse an spannenden Geschichten und originellen Protagonisten. Dass Frauen diese Geschichten ebenso gut und eindringlich erzählen können wie Männer, sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein.