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PolitikAfrika

Auf Anti-Terror-Einsatz im Süden

Antonio Cascais
18. August 2021

Das kleine Ruanda unterstützt Mosambik beim Kampf gegen islamistische Aufständische - offenbar mit Erfolg. Der Einsatz in der Unruheprovinz Cabo Delgado wirft ein Licht auf das Versagen von Mosambiks Sicherheitskräften.

Mosambik Mocimboa da Praia | Ruandische Soldaten
Ruandische Militärangehörige im Hafen von Mocímboa da Praia: In die Bresche gesprungenBild: EMIDIO JOZINE/AFP/Getty Images

Montag, 9. August: Ruandas Militär gibt bekannt, die strategisch wichtige Hafenstadt Mocímboa da Praia eingenommen zu haben. Es war kein kriegerischer Akt benachbarter Staaten. Die ruandische Armee (RDF) ist auf Bitten der mosambikanischen Regierung an der Küste des Indischen Ozeans im Einsatz.

Seine Truppen hätten dort die Al-Shabab-Kämpfer "in die Flucht geschlagen", zitiert die Zeitung "New Times" aus Kigali den ruandischen Brigadegeneral Pascal Muhizi. Die Dschihadisten hatten mehr als ein Jahr lang Mocímboa besetzt und dort ihr Unwesen getrieben. Viele Terroristen hätten sich auf Motorrädern Richtung Tansania abgesetzt, so Muhizi. Andere hätten sich in dichtbewaldete Gebieten südlich von Mocímboa zurückgezogen. Etwa 70 Aufständische seien getötet worden, teilte der ruandische Armeesprecher Ronald Rwivanga mit. Der kleine ostafrikanische Binnenstaat Ruanda und dessen Präsident Paul Kagame feierten den militärischen Erfolg als wichtigen Sieg auf internationalem Parkett.

Ruanda stellt derzeit mit gut 1000 Soldaten das weitaus größte Kontingent an ausländischen Truppen in Cabo Delgado. Um die Lage zu befrieden, läuft seit Juli in der mosambikanischen Unruheprovinz ein internationaler Militäreinsatz der Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afrikas, SADC, in der 16 Staaten zusammengeschlossen sind.

Andere SADC-Länder wie Angola, Tansania, Simbabwe oder Botswana hinken bei der Entsendung von Truppen nach Cabo Delgado ihren eigenen Zeitplänen gewaltig hinterher. Selbst Südafrika, das nach der SADC-Vereinbarung vom Juni das größte Truppenkontingent der zunächst auf drei Monate beschränkten Militärintervention stellen sollte, konnte bisher die angekündigte Truppenstärke "aus organisatorischen und logistischen Gründen" nicht erreichen.

Ruanda hingegen nutzte die Situation aus, um sich als "kompetenteste und bestorganisierte Armee Afrikas" zu präsentieren: Armeesprecher Rwivanga erinnert immer wieder daran, dass kein Land Afrikas an mehr internationalen Friedensmissionen teilnimmt wie Ruanda.

Hilf- und Planlosigkeit Mosambiks

Die ruandischen Truppen seien außerordentlich kompetent vorgegangen, bestätigte der mosambikanische Armeekommandant Cristóvão Chume Anfang vergangener Woche im mosambikanischen Fernsehen. Bei ihrem Vorstoß seien die Ruander auf keinen größeren Widerstand durch die Dschihadisten gestoßen.

Außenpolitikexperte Yassine: "Statisten im eigenen Land"Bild: privat

Nur in wenigen Außenbezirken Mocímboas seien Schüsse gefallen. Die Frage, warum Mosambiks Armee es in den Jahren bevor die ausländische Hilfe kam, nicht geschafft hat, die Islamisten in die Flucht zu schlagen, ließ der mosambikanische Kommandant unbeantwortet.

Mosambiks Truppen stünden nun angesichts des erfolgreichen ruandischen Eingreifens wie "Statisten im eigenen Land" da und das sei eine Schande, sagt der mosambikanische Experte für Außenpolitik, Mohamed Yassine. Die Ruander hätten innerhalb von wenigen Tagen das geschafft, was der mosambikanischen Armee seit mehr einem Jahr nicht gelungen sei.

Nur dank der ruandischen Armee könne man jetzt darüber nachdenken, in Cabo Delgado das Mega-Gasprojekt "Total Energies" wieder in Gang zu bringen, so Yassine im DW-Interview. Das Vorhaben unter Federführung des französischen Energieunternehmens Total war im April aus Sicherheitsgründen eingestellt worden.

Ruander richten Sicherheitszone ein

Auf Anfrage der portugiesischen Nachrichtenagentur LUSA bestätigte Mosambiks Regierung, dass die ruandische Armee eine etwa 50 Kilometer lange Sicherheitszone für das Gasprojekt einrichten wird. Die mosambikanische Regierung veröffentlichte eine Karte, die die Aufteilung der Einsatzgebiete zeigt: Die ruandische Armee wird die Kontrolle über Palma und Mocímboa da Praia behalten, also die beiden Distrikte, die eine Hauptrolle im Total-Energies-Projekt haben.

Zerstörungen in Mocímboa da Praia: "Dschihadisten in die Flucht geschlagen"Bild: Marc Hoogsteyns/AP/picture alliance

"Dieses Vorgehen wurde wahrscheinlich auf höchster politischer Ebene zwischen Mosambik, Frankreich und Ruanda ausgehandelt", so die Einschätzung von Elísio Macamo. Der Mosambikaner ist Experte für Afrikapolitik an der Universität Basel. Für die Regierung in Paris sei die Fortführung des größten Gasprojekts Afrikas extrem wichtig und Frankreich sei deshalb bereit gewesen, zur Absicherung Truppen nach Nordmosambik zu schicken.

In Mosambik habe es allerdings in weiten Kreisen der Politik Vorbehalte gegen eine französische Militärpräsenz in Cabo Delgado gegeben. Deshalb seien die Ruander in die Bresche gesprungen und ließen sich das gut bezahlen, sowohl in finanzieller als auch in politischer Hinsicht, so Macamo im DW-Interview.

Das bedeute nichts anderes als eine weitere außenpolitische Aufwertung des ruandischen Präsidenten Kagame. Es sei ein großer Propagandacoup für Kagame und ein weiterer Schritt für den Aufstieg Ruandas als militärische Regionalmacht im östlichen und südlichen Afrika.

Exit-Strategie gefordert

Auch der mosambikanische Friedens- und Sicherheitsexperte Calton Cadeado kritisiert die Unfähigkeit Mosambiks, sich selbst vor inneren und äußeren Feinden zu verteidigen. Auf sein Land würden schweren Zeiten zukommen, wenn es den eigenen Sicherheitskräften mittelfristig nicht gelingt, ohne Hilfe von außen für die Sicherheit im eigenen Land zu sorgen.

Analyst Cadeado: "Wir werden uns selbst verteidigen müssen"Bild: Privat

"Die ausländischen Missionen werden früher oder später unser Land wieder verlassen, und wir werden uns selbst verteidigen müssen", so der Analyst. Mosambik brauche eine Exit-Strategie für die ausländischen Truppen, auch und gerade für die Ruander.

Ähnliches fordert der mosambikanische Menschenrechtler João Nhampossa: "Es muss sofort eine Strategie für die Zeit nach dem Abzug der ausländischen Truppen entwickelt werden." Im DW-Interview äußerte der Jurist auch die Hoffnung, dass rechtzeitig eine regierungsunabhängige Kommission gebildet wird, die sich um die Beseitigung von Kriegsschäden kümmert, sowie die Wiedergutmachung von etwaigen Menschenrechtsverletzungen durch inländische und ausländische Truppen in Cabo Delgado garantiert.

Noch seien keine Menschenrechtsverletzungen seitens der ruandischen Soldaten bekannt geworden, so Nhampossa. Im Gegenteil: Die Bewohner in der Umgebung von Mocímboa seien erleichtert über die Ankunft der Ruander, die sich oftmals besser verhielten als Angehörige der eigenen Armee. Mosambikanischen Soldaten wird vorgeworfen, für Plünderungen verantwortlich zu sein, was zu Spannungen mit den Einheimischen führte.

Mozambikanische Soldaten in Cabo Delgado: Plünderungsvorwürfe von EinheimischenBild: Marc Hoogsteyns/AP/picture alliance

"Wir sind mit der Anwesenheit der Ruander sehr zufrieden", sagte ein Bürger von Mocímboa kurz nach der Befreiung der Hafenstadt dem Internetportal "Carta de Moçambique". Selbst nach dem Abzug der Dschihadisten hätten mosambikanische Soldaten versucht, Güter zu beschlagnahmen. "Aber als wir die Ruander alarmierten, griffen sie ein und wir waren in Sicherheit." Sein Fazit: "Die Ruander bringen Frieden."

Mitarbeit: Nádia Issufo

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