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"Ausreisegewahrsam" für Asylbewerber

2. Juli 2015

Die einen erhalten bessere Perspektiven in Deutschland - den anderen droht schnellere Abschiebung: Die jüngste Reform des Asylbewerberrechts ist höchst umstritten - vor allem der neue "Ausreisegewahrsam".

Flüchtlinge vor der Zentralen Aufnahmeeinrichtung des Landes Berlin für Asylbewerber (Archivbild: Sean Gallup/Getty Images)
Bild: Sean Gallup/Getty Images

Verbessertes Bleiberecht für gut integrierte Ausländer, aber auch schärfere Regeln bei der Abschiebung: Der Bundestag hat eine umfassende Reform des Aufenthaltsgesetzes verabschiedet. Ausländer, die bislang nur geduldet sind, dürfen in Zukunft längerfristig in Deutschland bleiben, wenn sie die Sprache gut beherrschen und ihren Lebensunterhalt selbst sichern können.

Auf der anderen Seite sollen Menschen, die keinerlei Aussicht auf ein Aufenthaltsrecht haben, schneller als bisher abgeschoben werden. Innenminister Thomas de Maizière (CDU) sprach in der Debatte von notwendigen Regelungen, um Deutschlands Aufnahmefähigkeit für Schutzsuchende zu erhalten. "Es muss klar unterschieden werden zwischen jenen, die Anspruch auf Schutz haben, und denen, die diesen Anspruch nicht haben."

"Richtige und falsche Flüchtlinge"

Von Flüchtlingsverbänden und der Opposition kam massive Kritik. Die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Ulla Jelpke, sagte, die Aufteilung in richtige und falsche Flüchtlinge sei "beschämend und brandgefährlich". Die Kritik entzündet sich vor allem an der Neuordnung des Ausweisungsrechts. So bekommen die Behörden mehr Möglichkeiten als bisher, Einreise- und Aufenthaltsverbote zu verhängen.

Zur Abwicklung von Abschiebungen wird zudem ein neuer "Ausreisegewahrsam" eingeführt. Wenn eine Abschiebung anberaumt ist, der Betroffene aber im Verdacht steht, dass er sich dem entziehen will, kann er bis zu vier Tage in Gewahrsam kommen. Es könne nicht richtig sein, dass Ausreisepflichtige dauerhaft im Land bleiben, erklärte de Maizière. "Da macht sich der Rechtsstaat lächerlich."

Leichter ins Gefängnis

Das Gesetz sieht zugleich neue Haftgründe vor. So sollen Asylsuchende schon deshalb inhaftiert werden können, weil sie aus einem anderen EU-Staat eingereist sind, ohne dort den Abschluss ihres Asylverfahrens abgewartet zu haben. Auch wer über seine Identität täuscht, Dokumente vernichtet und erhebliche Geldbeträge an einen Schleuser gezahlt hat, kann ins Gefängnis kommen.

Für ausgewiesene oder abgeschobene Ausländer wird eine mehrjährige Wiedereinreisesperre verhängt. Bei Ausländern, die ihre Identität verschleiern, dürfen künftig Computer oder Handys ausgewertet werden.

"Flucht ist kein Verbrechen"

Linken-Politikerin Jelpke beklagte eine "uferlose" Ausweitung der Abschiebehaft, und die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl bemängelte: "Haft ist eine völlig unangemessene Maßnahme gegenüber Schutzsuchenden - denn Flucht ist kein Verbrechen." Gegenwärtig wird die Abschiebehaft nur selten eingesetzt.

Erleichterungen soll es für die rund 125.000 Geduldeten in Deutschland geben - also für jene Menschen, deren Asylantrag keinen Erfolg hatte, die aus verschiedenen Gründen aber nicht abgeschoben werden. Sie bekommen nun die Chance auf ein sicheres Bleiberecht. Voraussetzung ist: Der Betroffene lebt schon seit Jahren im Land, spricht ausreichend Deutsch und kann seinen Lebensunterhalt selber sichern. Mehrere zehntausend Menschen sollen davon profitieren.

jj/haz (dpa, afp, rtr)

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