Ausschreitungen zur Eröffnung
18. März 2015Für seinen Schöpfer Wolf Prix vom Wiener Architekturbüro Coop Himmelb(l)au ist das Hochhaus "ein dreidimensionales Zeichen für die Europäische Union". Andere sehen die verdrehten Glastürme der Europäischen Zentralbank (EZB) als Symbol eines übersteigerten Kapitalismus, den es zu bekämpfen gelte.
Die geplante Eröffnung des neuen EZB-Hauptquartiers wird deshalb in einer sogenannten Sicherheitszone mit Absperrgittern und NATO-Draht vonstattengehen - aufgefahrene Wasserwerfer inklusive. Die Polizei rechnet mit mindestens 10.000 Demonstranten gegen die Euro-Politik und befürchtet weitere gewalttätige Ausschreitungen.
Fahrzeuge in Brand gesetzt
Denn bereits Mittwochfrüh gab es erste gewaltsame Auseinandersetzungen. In der Nähe der Alten Oper in der Innenstadt wurden Polizisten von Demonstranten mit Steinen beworfen. Im Frankfurter Westend hatten Randalierer zuvor bereits Autos in Brand gesetzt. Auf einer Straße wurden Eisenspitzen ausgelegt.
Im Frankfurter Ostend, wo die EZB ihren Sitz hat, gab es kaum eine Straßenkreuzung, an der nicht Mülltonnen, Autoreifen oder Fahrzeuge brannten. Demonstranten versuchten, das Gelände der EZB zu stürmen, wurden aber von Sicherheitskräften gestoppt. Die Polizei setzte auch Wasserwerfer ein. "Die Atmosphäre ist aggressiv", erklärte eine Polizeisprecherin.
"Widerstand gegen ein Krisenregime"
Seit 2012 protestiert das linke Netzwerk Blockupy immer wieder gegen die EZB in Frankfurt am Main. Ziel ist es nach eigenen Worten, den "Widerstand gegen ein Krisenregime, das Millionen Menschen in vielen Ländern Europas in Not und Elend stürzt", am Hauptsitz der Währungshüter zu artikulieren.
Blockupy will die Veranstaltung, auf der neben Zentralbank-Präsident Mario Draghi auch der grüne hessische Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir und Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann sprechen sollen, mit Blockaden und Aktionen des zivilen Ungehorsams verhindern. Für den Nachmittag ist außerdem eine große Kundgebung mit mehreren Tausend Teilnehmern in der Innenstadt geplant.
Journalisten als Sicherheitsrisiko
Auch wegen der angekündigten Proteste entschied sich die EZB, im kleinen Rahmen mit rund 20 Gästen zu feiern - ganz ohne jeden Pomp. In Krisenzeiten wolle man eine "angemessene" Eröffnung, so ein Sprecher. Die Türme, 185 und 165 Meter hoch, wurden ohnehin schon teurer als geplant: Jetzt kostet der Prachtbau 1,3 Milliarden Euro - ein gutes Drittel mehr, als ursprünglich berechnet.
Dass dabei nur handverlesene Journalisten zugelassen sind, sorgte im Vorfeld für heftige Kritik. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels sprach am Dienstag von einer "unerträglichen Einschränkung der Presse- und Meinungsfreiheit". Auch der Deutsche Journalisten-Verband hatte sich ähnlich geäußert.
Das Vorgehen der Zentralbank, die den Bau im Frankfurter Osten schon im November bezog, sei "ein weiteres Beispiel dafür, wie sich in unserer freien Gesellschaft Einschränkungen der Publikations- und Meinungsfreiheit einschleichen", sagte der Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins Alexander Skipis. Die EZB hatte den begrenzen Zugang für Medienvertreter mit Sicherheitsbedenken begründet.
jj/se (dpa, afp)