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Kunst

Ausstellung: "Muse, Macht, Moneten"

Gaby Reucher
24. November 2016

Geld regiert die Welt, auch die Kunstwelt. Viele Künstler sehen das kritisch und haben ihr ganz eigenes Geld entworfen. Im Berliner Bode Museum ist Kunst zu sehen, die Geld im wahrsten Sinne des Wortes "geprägt" hat.

Ausstellung Münzen
Bild: Staatliche Museen zu Berlin, Münzkabinett/Reinhard Saczewski

"Kunst = Kapital", krakelt Joseph Beuys 1977 auf Geldscheine. Längst sind diese Scheine als Kunstwerke akzeptiert. Mit vielen anderen Münzen und Scheinen, die von Künstlern gestaltet wurden, ist einer dieser Beuys-Scheine derzeit in der Ausstellung "Kunst prägt Geld: Muse Macht Moneten" bis zum 27. Mai im Berliner Bode Museum zu sehen. Der D-Markschein von Joseph Beuys gehört zur Sammlung des Berliner Urheberrechtsanwalts Stefan Haupt. Er besitzt über 270 "Geldkunstwerke", die zeigen, wie Künstler mit Geld umgehen und was sie über Geld denken. Ein Teil davon ist nun im Bode Museum ausgestellt. Im Interview mit der Deutschen Welle erzählt Stefan Haupt, was ihm beim Sammeln von "Geldkunst" wichtig ist.  

DW: Herr Haupt, Sie sammeln Kunst, die sich mit dem Thema Geld auseinandersetzt. Ein Teil Ihrer Sammlung ist derzeit im Bode Museum zu sehen. Was für Kunstwerke sind das?

Stefan Haupt: Ich sammle Kunst, die sich mit den sozialen, politischen, ökonomischen und kulturellen Fragen rund um das Geld beschäftigt. Kunst, bei der Künstler anhand des Geldes bestimmte Entwicklungen, die sie bewegen, dokumentieren.

Anfang der 70er Jahre wurde die Goldbindung des Dollars durch Richard Nixon aufgehoben, um den Vietnamkrieg zu finanzieren. Damit wurde Geld nur noch zu buntem bedruckten Papier und hatte keinen Materialwert mehr im Hintergrund. Viele Künstler, wie Anne Jude oder Joseph Beuys, haben sich daraufhin gefragt, was denn Geld tatsächlich bedeutet, wo es gar nichts mehr wert war.

Sammler Stefan Haupt hat sich auf Geldkunst spezialisiertBild: picture-alliance/dpa/S. Stache

Aus den 70er Jahren besitze ich eine Arbeit vom Hamburger Kunstverein, wo Künstler angefangen haben, selbst Geldscheine zu entwerfen, oder vorhandenes Geld umzugestalten und schöner zu machen. Aus den Erlösen dieser Kunst haben sie dann wieder die nächste Ausstellung finanziert.

Sammeln Sie nur kritische "Geldkunst"?

Ja, denn in den Arbeiten spiegelt sich letztendlich auch unsere Geschichte der letzten 45 Jahre wieder. Irgendeine Botschaft aus dem Alltagsleben steckt immer drin.

Lassen sich da bestimmte Zeitabschnitte festmachen?

Ein Zeitabschnitt ist sicherlich die deutsche Einheit. Zum 01.07.1990 fiel die Ostmark in Ostdeutschland weg und die Westmark wurde eingeführt. Da gibt es eine Arbeit von einem Chemnitzer Künstler, der zeigt, wie in Ostdeutschland das Geld angebetet wurde. Erst der Hundert Mark-Schein, auf dem Karl Marx zu sehen war, und zum Schluss blieb dann ein 5 DM-Schein übrig, mit dem man letztendlich viel tollere Sachen kaufen konnte als mit den 100 Ostmark.

Ein weiterer Punkt ist 9/11. Nach dem Anschlag auf das World-Trade-Center ist das Finanzsystem teilweise zusammen gebrochen. Ganz wichtig ist auch die Umstellung von der Deutschen Mark auf den Euro 2001/2002. Da haben Künstler ganz viel mit Schreddergeld gearbeitet. Man konnte sich hier in Berlin bei der Bundesbank die geschredderten Geldscheine abholen und sie dann verarbeiten. 

Künstler haben also auf finanzpolitische Krisen immer wieder mit Geldkunstwerken reagiert?

Ja, weil sie dann gucken mussten, wie sie ihren Lebensunterhalt bestreiten konnten. Sie fragen aber in vielen Arbeiten, ob das kapitalistische Wertesystem wirklich das Richtige ist, oder ob es nicht andere Werte gibt, die wichtiger sind als Geld.

Wollen Sie, als Sammler dieser Kunst, auch eine bestimmte Haltung ausdrücken? 

Ich versuche immer wieder zu hinterfragen, welche Bedeutung Geld hat und was unsere Werte sind. Wie kann man politische, kulturelle, wirtschaftliche Fragen anhand der künstlerischen Auseinandersetzung neu bewerten und sich eine eigene neue Meinung  bilden und entwickeln.

Mit Kunst wird natürlich auch Geld verdient. Künstler und Sammler sind Teil des Kunstmarktes. Seit Jahren werden auf Auktionen Höchstpreise erzielt. Sehen Sie das kritisch?

Hellsichtiges Kunstwerk von Joseph Beuys: "Kunst = Kapital"Bild: VG Bild-Kunst, Bonn 2016

Ja, der Kunstmarkt hat heute überhaupt nichts mehr mit Kunst zu tun. Der Kunstmarkt explodiert, weil die Leute, die sich da engagieren, einen finanziellen Mehrwert erreichen wollen. Sie kaufen einen van Gogh für 100 Millionen Euro, den sie dann in fünf Jahren für 120 Millionen Euro wieder verkaufen können. Es geht ja überhaupt nicht um den Künstler Van Gogh, sondern um die Frage, wie kann ich aus dem vorhandenen Geld eine gute Rendite rausholen.

Aber die Frage muss man doch ganz anders stellen: Welche Bedeutung hat Kunst? Künstler setzen sich mit den Themen auseinander, die sie beschäftigen, geben darauf eine Antwort und dann kann man sich fragen, ob der Blick des Künstlers das eigene Leben bereichert, oder nicht. So fängt man an, sich mit Kunst, die Einfluss auf das eigene Leben hat, zu beschäftigen. Das finde ich wichtig. Ich suche für meine Sammlung deshalb immer nach neuen inhaltlichen Aspekten.

Wie sehen diese inhaltlichen Aspekte aus?

In unserem Team wird darüber diskutiert, was wir ankaufen. Die Kuratorin Tina Sauerländer hat zum Beispiel 2014 gesagt, dass wir die Frauenquote erhöhen müssen. Sie hat konkret danach gesucht, welche Frauen Arbeiten zum Thema Geld machen.

Dann ging es um Digital Art, da haben wir geguckt, was es für Kunst im Internet gibt, die sich mit Geld beschäftigt. Wir haben angefangen Digital Art zu kaufen, vorrangig von jungen Künstlern, die problematisieren, wie Transfer von Daten stattfindet und wie Reproduzierbarkeit eine komplett neue Dimension erhält. Im Internet kann man sich viele Kunstwerke zum Thema Geld umsonst ausdrucken. Das führt zu einer ganz anderen Verbreitung von Kunst, von Inhalten und von Botschaften.

Was den Kunstmarkt und den Wert der Kunst anbelangt, ist in der Ausstellung auch ein sehr treffendes Beispiel zu sehen. Es heißt: "Der Wert des Schafskopfes" und stammt aus ihrer Sammlung.

Der Schafskopf ist ein ironischer Kommentar auf die Wertsteigerung von KunstBild: Jakob Zoche, Berlin

Das Werk trifft genau den Kunstmarkt mit den steigenden Preisen. Der Schafskopf selbst ist eine Arbeit, die 200 Jahre alt ist und nicht weiter wertvoll oder besonders ist. Die beiden Künstler Christa Sommerer und Laurent Mignonneau haben es dann mit einem Bewegungsmelder und einer Thermopapier Kassenrolle versehen. Immer wenn jemand vor dem Schafskopf steht, wird der Bewegungsmelder ausgelöst. Auf der Kassenrolle steigt dann der Preis des Werkes. Der Witz daran ist: auch wenn man mit Augen zu oder mit dem Rücken davor steht oder nur vorbeigeht, ohne überhaupt hinzugucken, steigt der Preis des Werkes. Das zeigt die Absurdität. Es kommt gar nicht mehr auf den Inhalt an, sondern es geht nur noch um die Wertsteigerung. Wie diese Wertsteigerung zustande kommt, ist völlig egal.

Das Gespräch führte Gaby Reucher

 

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