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Politik

Australier singen anders

1. Januar 2021

So jung, wie die australische Nationalhymne bislang beschwor, ist die Geschichte des Landes nicht. Nun soll die Tradition der Aborigines gewürdigt werden.

Japan | Australische Spieler singen ihre Nationalhymne vor dem Rugby World Cup
Jetzt "einig und frei": Australische Spieler singen bei der Rugby-Union-Weltmeisterschaft 2019 ihre HymneBild: Christophe Ena/AP Photo/picture alliance

Wann hat man schon die Gelegenheit, mit ein paar Buchstaben eine ganze Nation zu einen? Als Australiens Premierminister Scott Morrison seinen Landsleuten ein frohes neues Jahr wünscht, schickt er auf Twitter die Begründung hinterher, "weil wir einig und frei sind".

Das markiert pünktlich zum Beginn des Jahres 2021 noch einen anderen Neuanfang. Denn down under wird ab sofort eine neue Nationalhymne gesungen - genauer: die alte Hymne wird sozusagen minimalinvasiv korrigiert. Mit der Änderung eines einzigen Wortes (aus "jung" wird "einig") würdigen die 25 Millionen Einwohner fortan die Geschichte der Aborigines.

"Nimmt nichts weg - fügt viel hinzu": Premierminister Scott Morrison (Archivbild)Bild: Sam Mooy/Getty Images

An der Zeile "Wir sind jung und frei" hatte die indigene Bevölkerung Anstoß genommen, da ihre Tradition Zehntausende von Jahren umfasst. Lange vor der Ankunft weißer Siedler lebten die Aborigines auf dem fünften Kontinent.

"Als moderne Nation mag Australien relativ jung sein", schreibt der Premier in einem Gastbeitrag für die Zeitung "The Age". Doch die Geschichte des Landes reiche viel weiter zurück. Das wolle man mit der zweiten Zeile der Hymne ausdrücken. Die Textänderung nehme nichts weg, "aber ich glaube, sie fügt viel hinzu", so Morrison.

Geschlechtsneutral frohlocken

Die seit rund einem Jahr diskutierte Überarbeitung ist keineswegs der erste Eingriff in den englischen Originaltext von "Advance Australia Fair". Zwei Strophen des von Peter Dodds McCormick komponierten Liedes, das 1878 uraufgeführt wurde, hatten 1984 "God Save the Queen" als offizielle Nationalhymne abgelöst - obschon die Königshymne weiterhin gesungen wird.

Doch gleich die erste Zeile wurde umgeschrieben. Statt "Australia's sons let us rejoice" heißt es nun: "Australians all let us rejoice". Nicht bloß die "australischen Söhne", alle Einwohner sollten geschlechtsneutral frohlocken.

Die Flagge der Aborigines als Kunstinstallation während der "Nationalen Woche der Aussöhnung" 2016Bild: William West/AFP/Getty Images

Das Land hadert immer wieder mit seiner kolonialen Vergangenheit und der Ungleichheit zwischen Indigenen und dem Rest der Bevölkerung. In den vergangenen Monaten hatte es Proteste in mehreren Städten gegeben, nachdem zahlreiche Ureinwohner unter ungeklärten Umständen in Haft zu Tode gekommen waren.

Krankheitserreger und Verbrecher

Die Indigenen sind seit der Ankunft der Siedler, die sie gewaltsam unterdrückten und Krankheiten einschleppten, zu einer Minderheit geworden. Heute machen sie rund drei Prozent der Einwohner aus. Großbritannien hatte den Kontinent im 18. Jahrhundert zur Strafkolonie für Verbrecher erkoren, die aus der Heimat verbannt wurden. Am 18. Januar 1788 legte die erste Flotte an der Südostküste an.

Dem Zusammenschluss von Neusüdwales, Victoria, Queensland, Süd- und Westaustralien und Tasmanien zum Bundesstaat Australien im Jahr 1901 folgte bald die Unabhängigkeit vom europäischen Mutterland. Die Aborigines warteten allerdings bis 2008 auf Abbitte für das Leid, das ihnen zugefügt wurde. Erst mit der berühmten "Sorry"-Rede des damaligen Regierungschefs Kevin Rudd wurde eine Trendwende eingeleitet.

jj/haz (dpa, afp)

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