Chaos und Unvernunft kann jeder: Deutsche "bauen" Flughäfen oder Bahnhöfe, Amerikaner wählen Präsidenten und Briten entscheiden, aus der EU auszutreten. Australier machen sowas einfacher und billiger.
Anzeige
Die führende australische Supermarktkette Coles hat sich im Kampf gegen Plastiktüten den Zorn von Befürwortern und Kritikern zugleich zugezogen und binnen weniger Tage zwei Kehrtwenden hingelegt. Gemeinsam mit der anderen größten Kette Australiens, Woolworths, hatte Coles im Juli landesweit Einwegplastiktüten aus seinen Filialen verbannt und stattdessen dickere Mehrwegtüten für 15 australische Cent (rund zehn Eurocent) das Stück angeboten. Damit setzten die Ketten ein Verbot um.
Nach heftigen Kundenbeschwerden, mit teils tätlichen Angriffen auf Mitarbeiter, erklärte Coles dann am Mittwoch, die Mehrwegtüten wieder bis auf weiteres kostenlos auszugeben. Die Umstellung sei einfach zu "groß und schwierig" für die Kunden, hieß es zur Begründung.
Rochen im schwimmenden Plastikmüll
00:55
Wo der Australier mal so richtig aus sich raus geht
Kurz nach dem Plastiktüten-Bann hatte die Gewerkschaft der Groß- und Einzelhandelsangestellten ihre Mitglieder zur Abschaffung der kostenlosen Tüten befragt. Von 141, die antworteten, berichteten 61, sie seien verbal oder gar körperlich von wütenden Kunden angegriffen worden.
Der Gewerkschaftsvertreter Ben Harris sagte dazu: "Ein männlicher Kunde hat eine Verkäuferin laut beschimpft. Sie hat ihm kostenlose Plastiktüten gegeben und sich entschuldigt. Als sie ihm wenig später beim Einscannen eines Produkts helfen wollte, hat er ihr die Hände von hinten um den Hals gelegt."
Andere Kunden warfen Waren auf den Fußboden, fluchten und stürmten aus dem Supermarkt, wie Gewerkschaftsmitglieder berichteten. Gewerkschaftschef Gerard Dwyer erklärte, die "Frustration" mancher Kunden sei vielleicht verständlich - es gebe aber "keine Entschuldigung für Gewalt gegen das Personal".
Dwyer berichtete, manche Kunden hätten aus Protest gegen die Abschaffung der kostenlosen Plastiktüten dreckige von zu Hause mitgebracht. "Kunden wollten ihre Einkäufe in Tüten mit Erbrochenem, mit benutzten Windeln oder Rattenkot stecken." Das sei "nicht hinnehmbar" - auch, weil es ein ernstes Gesundheitsrisiko" für das Personal darstelle.
Hin und her wie beim deutschen Atomausstieg
Der Ausstieg aus dem Ausstieg hat wiederum Umweltschützer und enttäuschte Kunden auf den Plan gerufen, die der Kette einen Bruch mit ihren Verpflichtungen zum Umweltschutz vorwarfen. Die Entscheidung von Coles sei ein "Verrat an Millionen Kunden" zugunsten einer lautstarken Minderheit, kritisierte die Umweltschutzorganisation Greenpeace. Nutzer sozialer Netzwerke beschimpften Coles und kündigten an, fortan nur noch bei Woolworths und Aldi Australien einzukaufen.
Daraufhin folgte die nächste Volte: Am Donnerstag kündigte Coles an, künftig doch wieder 15 Cent für die Plastiktüten zu nehmen - allerdings erst ab Ende August. Woolworths erklärte, an seinen kostenpflichtigen Tüten ohne Ausnahme festzuhalten.
US-Forschern zufolge landen jedes Jahr acht Millionen Tonnen Plastik in den Weltmeeren und Seen. Auch in der EU sind Strategien zur Eindämmung des Plastikmülls ein großes Thema. Bis 2019 soll die Nutzung von Einweg-Plastiktaschen im Vergleich zu 2010 um 80 Prozent verringert werden. In Deutschland verpflichtete sich der Handel daraufhin, die kostenlose Abgabe von Plastiktüten einzuschränken. Die Nutzung der Tüten geht seitdem zurück.
Erdöl im Alltag
Rohöl entsteht durch Umwandlung von Algen und Kleinstlebewesen auf dem Meeresgrund und ohne Sauerstoffzufuhr. Die Kohlenwasserstoffverbindungen stecken heute in Benzin, Heizöl und Dingen des täglichen Bedarfs.
Bild: picture-alliance/dpa
Reinheitsgebot
Reinigerflaschen aus chemischen Kunststoffen werden aus Erdöl gewonnen. Sie sind relativ stabil, leicht, günstig. Und der Inhalt? Auch der besteht häufig aus Erdöl: Tenside sind waschaktive Substanzen, die fett- und wasserhaltige Flecken wegzaubern. Für Wasserorganismen wirken die Substanzen gleichwohl wie Gift. Und sensible Menschen können mit Hautausschlägen und Akne allergisch reagieren.
Bild: picture-alliance/dpa
Sauer macht sauber
Zitronen gehörten vor der industriellen Reinigungsmittel-Revolution zu den Hausmitteln. Wie Essig, Soda und Natron hat Zitronensäure reinigende Wirkung - ohne schädlichen Nebeneffekt. Die Zitrusfrüchte säubern den Grill und beseitigen Keime auf Holzschneidebrettern. Die biologischen Helfer sind ergiebig, biologisch abbaubar, preiswert und verpackungsfrei. Sauer macht eben nicht nur lustig!
Bild: INAPI
Masse statt Klasse
Pro Jahr werden weltweit rund 380 Millionen Tonnen Plastik hergestellt, doch laut einer Studie der University of California werden davon nur neun Prozent recycelt. Der Rest wird verbrannt, landet auf Deponien, in der Umwelt. Auch das wiederaufbereitete Material wird bald wieder entsorgt. Nach Schätzungen der Forscher werden bis 2050 34 Milliarden Tonnen Kunststoff produziert.
Bild: picture alliance/Blickwinkel
Strohhalm wird Natur-Strohhalm
Die Plastikflut wird weiter steigen, wenn der Mensch nicht umdenkt und handelt - so wie die EU-Kommission. Sie will den Verkauf von Besteck und Strohhalmen aus Plastik verbieten - Artikel, die im Schnellverfahren produziert, konsumiert und entsorgt werden, dann über Jahrhunderte der Erde zur Last fallen. Der Verpackungshersteller Tetra Pak kündigte inzwischen an, Papierstrohhalme einzuführen.
Bild: picture-alliance/empics/J. Hayward
Gegen das Schmuddelimage
Die Deutschen sind Europameister im Produzieren von Plastikmüll, laut Bundesumweltamt (UBA). Singlehaushalte kaufen kleinere einzeln verpackte Portionen. Der Online-Versandhandel erzeugt Verpackungen, und "Coffee and food to go" Becher und Teller aus Plastik und Styropor. Die Stadt Hannover geht mit gutem Beispiel voran und hat wiederverwertbare 2-Euro-Pfandbecher eingeführt. To go - Geht doch!
Bild: picture-alliance/dpa/H.-C. Dittrich
Verzweifelter Kampf für weniger Plastik
Indien hat ein riesiges Plastikmüllproblem. In der Hauptstadt Neu Delhi ist Einweg-Plastik nun per Gesetz verboten, aber es ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Gleichzeitig verdienen 1,5 Millionen Inder ihren Lebensunterhalt mit dem Sammeln von Plastik. Es gibt kein funktionierendes Entsorgungssystem. Der Müll wird oft einfach verbrannt. So entstehen giftige Rauchgase, die krank machen.
Bild: Jasvinder Sehgal
Auf den Inhalt kommt es an
Mitnichten. Auch die Hülle kann natürlichen Ursprungs und umweltschonend sein. Milch, Joghurt und Quark gab es schon vor der Einführung der Kunststoffverpackung in Glasbehältern. Und Getränkeverpackungen sind aus erneuerbaren Rohstoffen wie Holz aus zertifiziertem Anbau erhältlich. Konsumenten entscheiden schon beim Einkauf über die mögliche Abkehr von erdölbasierten, fossilen Rohstoffen.
Bild: Fotolia/peppi18
Silberscheiben aus Schwarzem Gold
Jede CD oder DVD enthält 30 Gramm Erdöl. Pro Jahr werden weltweit 40 Milliarden dieser multimedialen Datenträger aus Polycarbonat, Aluminium und Lacken produziert und entsprechende viele in der Mülltonne entsorgt. Laut Umweltbundesamt liegt die Recyclingquote in Deutschland bei nur fünf Prozent. Immerhin werden aus dem Abfall Brillengestelle gefertigt, PC-Monitorgehäuse oder Stoßfänger für Autos.
Bild: Bilderbox
Fester Gang auf flüssigem Holz
Wer behauptet, Luxusweiber hätten keinen Sinn für ökologisches Profil? Gucci-Kundinnen stehen auf Pumps mit Absätzen aus Biokunststoff. Ehemalige Forscher des Fraunhofer-Instituts nahmen den Papierabfallstoff Lignin, Pflanzenfasern, Wachs und verflüssigten das Gemisch. In Spritzgießmaschinen sollen sich wegen der beliebigen Formbarkeit auch andere Produkte herstellen lassen.
Bild: Fraunhofer Institut
Meisterlich?
Dieses Fan-Shirt besteht aus Garnen und Fasern recycelter Plastikabfälle - und somit aus Polyester und Polyamid, Stoffen der knapper werdenden Ressource Erdöl. 28 Plastikflaschen werden zur Produktion eines Trikots verwendet. Alternativ lässt es sich auch in den Naturfasern Baumwolle, Wolle, Leinen, Hanf und Seide schwitzen - auf und neben dem Platz.
Bild: picture-alliance/dpa/A. Gebert
Richtig Zähneputzen
Nicht früh genug kann man mit der täglichen Zahnreinigung und -massage beginnen, denn sie dient dem Erhalt der Kauwerkzeuge. Neben der mechanischen Handhabung und der regelmäßigen Pflege ist die Wahl des Gerätes entscheidend. Gängige Zahnbürsten bestehen aus Polyamid auf Grundlage von Mineralöl. Noch enthalten: Weichmacher, Verstärkungsmittel und Farbe.
Bild: Fotolia/detailblick
Alternative Mundpflege
Zurück zur Natur: Zahnbürste aus Buchenholz mit Schweineborsten. Zahnpulver aus Natron, Kokosöl, Aktivkohle, einer Mischung aus Kurkuma, Minze, Nelken, Salbei, Ingwer, Heilerde und Salz pflegt Zähne und Zahnfleisch ebenso wie Zahncreme mit Effektiven Mikroorganismen, Kreide und Fenchelöl. Aber die Verpackung ist immer noch aus Plastik. Übliche Zahnpasten enthalten oft kleine Plastikkügelchen.
Bild: DW/K. Jäger
So wie man sich bettet
Wer eine Schlafunterlage kaufen will, zieht am besten einen Matratzenkundler zu rate. Der fragt nach Schlafgewohnheiten, orthopädischen Leiden, Gewicht, Allergien und Vorlieben beim Füllmaterial: Federkern, Latex, Naturlatex, Schaumstoff? Die meisten Matratzen basieren auf Erdölprodukten. Ökomatratzen, hingegen sind enthalten Bio-Kunststofffasern auf Sonnenblumenöl oder Rizinusöl-Basis.
Bild: Colourbox/Maxx-Studio
Vintage für das WC
"Das Bad ist das neue Wohnzimmer", behaupten Designer der Zunft. Demzufolge suchen Eigentümer und Mieter gerne das Besondere. Den WC-Deckel mit Absenkautomatik, zur Vermeidung etwaiger Knallgeräusche, die automatische Klobrillenreinigung, die intergierte Musikbeschallungsanlage. In den meisten Produkten stecken Kunststoffe. Die Ökotoilette dagegen besteht aus Holz. Der Plastikmülleimer? Kann weg!
Bild: picture-alliance/dpa/J. Woitas/
Das Auto ohne Erdöl - eine Utopie?
Biodiesel aus Raps funktioniert nur mit alten Dieselstinker-Motoren. Benzin aus Biomasse nur in geringen Anteilen im Treibstoff. Die Automobilindustrie forscht an Kraftstoffen, um weg zu kommen vom Öl, aber ganz ohne wird es noch lange nicht gehen. Selbst Batterien brauchen Erdöl in der Herstellung. Einziger Lichtblick: Der Wasserstoffantrieb. Aber im Auto selbst steckt auch noch viel Erdöl.