Mehr als kurz durchatmen ist für die Helfer im Dauereinsatz nicht drin. Denn schon am Wochenende naht die nächste Hitzewelle. Bis dahin nutzt die Feuerwehr das Schmuddelwetter, um sich bestmöglich vorzubereiten.
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Etwas Regen und kühlere Temperaturen haben die Arbeit der Feuerwehr im Kampf gegen die Brände im Südosten Australiens etwas erleichtert. Doch die nächste Hitzewelle naht: Auch in dieser Woche sollen die Temperaturen erneut auf 40 Grad Celsius und teilweise noch höher steigen.
Der Feuerwehrchef des Bundesstaates New South Wales, Shane Fitzsimmons, sagte, die mehr als 2600 Helfer nutzten die "günstigen Bedingungen", um sich vorzubereiten, bevor die Brandgefahr am Freitag voraussichtlich wieder zunimmt.
Es wird befürchtet, dass die Flammen noch über Monate lodern. An der Grenze von New South Wales und Victoria bewegen sich zwei Brände aufeinander zu, so dass ein Riesenfeuer entstehen könnte. In der von der Außenwelt abgeschnittenen Küstenstadt Mallacoota warteten noch Hunderte Menschen darauf, per Schiff gerettet zu werden.
Seit Ausbruch der großen Feuer im Oktober sind landesweit mindestens 25 Menschen ums Leben gekommen. Mehr als 2000 Häuser sind zerstört. Eine Fläche von über 10 Millionen Hektar wurde versengt - das entspricht ungefähr der Größe von Bayern und Baden-Württemberg zusammen.
Auf die Versicherungen kommen bisher Forderungen in Höhe von 700 Millionen australischen Dollar zu (etwa 430 Millionen Euro). Nach Angaben des australischen Versicherungsverbands gibt es fast 9000 Schadensmeldungen - es wird aber erwartet, dass die Zahl noch deutlich steigt.
US-Präsident Donald Trump drückte nach Angaben des Weißen Haues im Gespräch mit dem australischen Premierminister Scott Morrison seine Sorge und sein Beileid aus. Er bot der australischen Regierung die Unterstützung der USA im Kampf gegen die Feuer an. Auch Prominente zeigen sich weiter solidarisch: Der australische Schauspieler Chris Hemsworth ("Thor") hat nach eigenen Angaben eine Million australische Dollar (620.000 Euro) gespendet.
Sogar das erste Tennis-Grand-Slam-Turnier des Jahres wird von den Bränden überschattet. Wegen der starken Rauchentwicklung könnte als letzte Konsequenz sogar eine Verschiebung der Australian Open erforderlich sein, sagte der Präsident des ATP Player Council, Novak Djokovic. Der Chef des australischen Tennisverbandes, Craig Tiley, will davon jedoch nichts wissen: Die Wetterprognosen seien günstig, und man habe "zusätzliche Maßnahmen" ergriffen, um sicherzustellen, dass das Turnier wie geplant stattfinden könne.
Für die Menschen in Melbourne, wo die Australian Open am 20. Januar starten sollen, bestehe keine Gefahr, sagte Tiley. Die Luftqualität werde dort fortlaufend analysiert, und die Organisatoren arbeiteten eng mit medizinischen und anderen Experten zusammen. Die Gesundheit und die Sicherheit von Spielern, Personal und Zuschauern stehe an erster Stelle.
Die immensen Rauschwaden der australischen Buschbrände sind mittlerweile über die Tasmanische See bis ins benachbarte Neuseeland gezogen. Dort färbte sich der Himmel vielerorts orange. Eine vom Wetterdienst "Severe Weather Europe" verbreitete Computer-Animation auf Basis von NASA-Daten zeigt, dass erster Rauch bereits Südamerika erreicht. Auch über Chile und Argentinien verfärbte sich der Himmel rötlich, wie die örtlichen Wetterbehörden melden. Gefahr drohe der Bevölkerung nicht, sagte Patricio Urra von der chilenischen Meteorologiebehörde der Nachrichtenagentur AFP. Die Rauchwolke befinde sich in einer Höhe von 6000 Metern und es sei kein Wetterphänomen angekündigt, das sie zum Absinken bringen könnte, so Urra.
Die Regierung in Neuseeland entsandte unterdessen weitere Feuerwehrleute und Einsatzkräfte des Militärs nach Australien, um dort bei der Brandbekämpfung zu helfen. Ein Waldbrand, der auf der Nordinsel Neuseelands auf einer Fläche von 350 Hektar wütete, ist nach Angaben der Feuerwehr inzwischen unter Kontrolle.
Australisches Inferno
Seit dem Jahreswechsel haben die Wildfeuer in Australien eine neue Dimension erreicht. Auf einer Fläche, zweimal so groß wie Belgien, ist alles verbrannt, mehr als 180 Brände lodern weiter. Die Katastrophe in Bildern.
Bild: AFP/P. Parks
Lichterloh
Mehr als 180 Brände lodern in ganz Australien. Besonders stark ist der Bundesstaat New South Wales an der Ostküste betroffen. Buschbrände sind auf dem Kontinent nichts ungewöhnliches, wohl aber die Intensität, mit der sie Australien diesmal treffen: Die Brandsaison begann sehr früh, nämlich im September. Seitdem hat es auf sieben Millionen Hektar gebrannt, ein Fünftel der Fläche Deutschlands.
Bild: Reuters/AAP Image/D.
Schreckliches neues Jahr
Seit dem Jahreswechsel hat sich die Situation noch einmal verschärft: Eine neue Hitzewelle mit Temperaturen weit jenseits der 40-Grad-Marke trägt dazu bei, dass sich die Brände weiter ausbreiten. Die Löschkräfte sind im Dauereinsatz, viele Anwohner wie dieses Ehepaar in Nowra, New South Wales bangen um ihr Zuhause. Tausende Häuser sind bereits verbrannt, mindestens 24 Menschen ums Leben gekommen.
Bild: Reuters/T. Nearmy
Meer aus Flammen
Rechts auf diesem Satellitenbild ist der Lake Eucumbene in New South Wales zu erkennen - links ein Brand, der sich durch den Wald frisst. Das Foto wurde mit spezieller Infrarot-Technik aufgenommen, bei der sich das kurzwellige Infrarot-Licht der Feuer besonders gut abzeichnet. Auf Fotos aus dem Weltall sind häufig Rauchwolken zu sehen, die je nach Wetterlage sogar bis Neuseeland reichen.
Bild: Reuters/Maxar Technologies
Verzweifelt und überfordert
Mit einem Handtuch versucht dieser Junge die Flammen zu ersticken, die sich durch eine Wiese fressen. Farmer haben Probleme, ihr Vieh weiter zu ernähren, wenn Weiden und Felder den Flammen zum Opfer gefallen sind. Viele von ihnen mussten ihre Nutztiere töten, etwa wegen Verbrennungen oder Stress. Insgesamt, so schätzen Forscher, sind allein in New South Wales hunderte Millionen Tiere tot.
Bild: AFP/W. West
Tiere in Not
Dieser Koala wurde gerettet, für viele andere Tiere kam jede Hilfe zu spät. Für Koalas sind die Brände besonders verheerend, da sie sich instinktiv in den Bäumen zusammenrollen. So könnten sie Brände im Unterholz überstehen - die heftigen Feuer schlagen jedoch bis in die Baumkronen. In einem Gebiet, in dem die Population seit langem überwacht wird, sind zwei Drittel der Koalas gestorben.
Bild: Reuters/P. Sudmals
Verbrannte Erde
Wenn die Flammen keine Nahrung mehr finden, bleibt oft kahles Land zurück - oder verkohlte Stämme, so wie hier in Old Bar in New South Wales. Früher legten die Aborigine-Ureinwohner Australiens kontrollierte Buschfeuer im Unterholz, um den von Gewittern ausgelösten Feuern des heißen Sommers den Brennstoff zu nehmen. So mancher Australier fordert inzwischen, diese Praxis wiederzubeleben.
Bild: AFP/P. Parks
Einsatz im Inferno
Abseits der Städten an den Küsten ist Australien sehr dünn besiedelt - entsprechend wichtig sind freiwillige Feuerwehrleute bei der Brandbekämpfung. Wegen der außerordentlich langen und heftigen Brandsaison sollen sie in diesem Jahr aus einem Sonderfonds bezahlt werden: Wer mindestens zehn Tage an den Löscharbeiten beteiligt war, erhält umgerechnet etwa 190 Euro pro Tag.
Bild: AFP/S. Khan
Posthume Auszeichnung
Der Einsatz zwischen Flammen, Rauch und Glut ist jedoch in erster Linie eines: gefährlich. Der Feuerwehrmann Geoffrey Keaton ist bei einem Einsatz gestorben. Als er er am 2. Januar beerdigt wurde, wurde an seiner Statt seinem kleinen Sohn ein Verdienstorden verliehen. Insgesamt sind schon drei Feuerwehrleute bei den Einsätzen der diesjährigen Brandsaison gestorben.
Bild: Reuters/NSW RURAL FIRE SERVICE
Flucht vor den Flammen
Das Feuer in Coffs Harbour nördlich von Sydney, vor dem diese Frau mit ihrer 18 Monate alten Tochter im November floh, ist inzwischen erloschen. Anderswo entstehen dafür neue Brandherde: Im Bundesstaat Victoria, zu dem auch die Millionenstadt Melbourne zählt, mussten laut Behördenangaben in den vergangenen Tagen rund 67.000 Menschen ihr Hab und Gut zurücklassen.
Bild: Reuters/AAP Image/D. Peled
Die Armee hilft
Die australischen Streitkräfte helfen dabei, Anwohner in Sicherheit zu bringen - durch die Luft oder per Schiff. Besonders betroffen war der von Flammen eingeschlossene Ort Mallacoota. Gerade erst wurden zusätzlich 3000 Reservisten einberufen, um den Feuerwehrleuten bei der Brandbekämpfung zu helfen. In den nächsten Tagen sollen neuseeländische Militärhubschrauber zur Unterstützung eintreffen.
Bild: AFP/AUSTRALIAN DEPARTMENT OF DEFENCE/N. Dorrett
Ein Tropfen auf den heißen Kontinent
Dieser Mann vor dem australischen Parlament in Canberra unternimmt mit seinem Hochdruckreiniger zwar nichts gegen die Flammen - und doch könnte es aus Sicht vieler Australier ein Symbolbild dafür sein, wie gering die Maßnahmen der Politik gegenüber der Dimension der Brände sind. In der Hauptstadt hat Rauch die Luft derart verpestet, dass die Bewohner aufgerufen wurden, zu Hause zu bleiben.
Bild: Imago-Images/AAP/L. Coch
Hände in den Hosentaschen
Premierminister Scott Morrison steht besonders im Fokus der Kritik, nicht entschlossen anzupacken und so die Krise zu bewältigen - auch aus politischen Gründen: Der konservative Politiker leugnet inzwischen zwar nicht mehr den vom Menschen verursachten Klimawandel, steht aber fest auf der Seite der Kohleindustrie. Erst allmählich beginnt Morrison, die Dimension der aktuellen Feuer anzuerkennen.
Bild: AFP/J. Ross
Hände schütteln - oder auch nicht
Inzwischen hat Morrison eingeräumt, dass sein Familienurlaub auf Hawaii inmitten der Brandsaison ein Fehler war. Seitdem gibt er sich zunehmend volksnah: Dieser 85-Jährige ließ sich von Morrison trösten - in sozialen Medien werden jedoch vor allem Aufnahmen von Menschen verbreitet, die dem Premier den Handschlag verweigerten. Viele sind mit seinem Krisenmanagement unzufrieden.
Bild: Reuters/AAP Image/D. Pateman
Hilfe für die, die alles verloren haben
Morrison hat die Gründung einer nationalen Agentur angekündigt, die den Geschädigten der Katastrophe unter die Arme greifen soll. Über zwei Jahre sollen umgerechnet mindestens 1,2 Milliarden Euro ausgeschüttet werden - an Farmer, kleine Geschäfte und an Anwohner. Tausende Menschen, wie dieser Mann 350 Kilometer nördlich von Sydney, haben ihr Zuhause im Feuer verloren.
Bild: AFP/W. West
Symptom und Ursache
Kurzfristig muss Australien hoffen, irgendwie mit dem Feuer fertig zu werden. Langfristig werden viel mehr Präventions- und Akutmaßnahmen anfallen, denn die Feuersbrünste dürften angesichts eines sich erhitzenden Planeten immer häufiger und heftiger werden. Deshalb gehen Zehntausende Australier immer wieder auf die Straße, um ihre Regierung zu ambitionierten Klimaschutzmaßnahmen zu bewegen.