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Politik

Polizei greift in Pressefreiheit ein

5. Juni 2019

Die australische Polizei hat Büros des öffentlich-rechtlichen Rundfunksenders ABC in Sydney durchsucht. Es ging um brisante Regierungsdokumente über das Vorgehen von Sondereinsatzkräften in Afghanistan.

Australien Durchsuchung ABC, Australian Broadcasting Corporation | Polizist
Bild: Imago Images/AAP

Laut dem Sender ABC richtete sich die Razzia konkret gegen zwei Journalisten und den Nachrichtenchef des Senders, die an einer investigativen Recherche zu einem australischen Militäreinsatz in Afghanistan gearbeitet haben. ABC hatte dazu vor zwei Jahren geheime Regierungsdokumente zugespielt bekommen. Die sollen zeigen, dass australische Elitesoldaten in Afghanistan unschuldige Männer und Kinder getötet haben. Die Polizei rechtfertigte ihr Vorgehen damit, dass der Vorwurf geklärt werden müsse, ob der Sender Geheimmaterial veröffentliche.

Scharfe Kritik aus der Medienbranche

Laut ABC-Chefredakteur John Lyons wurde in den vorgelegten Durchsuchungsbefehlen unter anderem Einsicht in die Mitschriften der Reporter, in deren E-Mails, in die Entwürfe ihrer Geschichten, in Filmmaterial und Passwörter verlangt. Lyons sprach von einem "schlechten, traurigen und gefährlichen Tag für das Land". ABC-Manager David Anderson sagte, es sei "höchst ungewöhnlich", dass der nationale Rundfunk in einer solchen Art und Weise durchsucht werde.

Vertreter der Mediengewerkschaft "Entertainment and Arts Alliance" nannten die Sender-Durchsuchung einen Einschüchterungsversuch. Die Razzia sei "ein empörender Angriff auf die Pressefreiheit, der darauf abzielt, Journalisten für die Berichterstattung über eine legitime Nachrichtengeschichte zu bestrafen, die eindeutig im öffentlichen Interesse liegt". Es könne nicht sein, dass die Bundespolizei an die Tür klopfe, sobald es um Vorwürfe gehe, die auch die Regierung beträfen.

Auch der britische Sender BBC als Partner von ABC verurteilte die Durchsuchung. In Zeiten weltweit zunehmend eingeschränkter Pressefreiheit sei es "zutiefst besorgniserregend, wenn ein öffentlich-rechtlicher Sender dafür ins Visier genommen wird, dass er seine Arbeit - Berichterstattung im öffentlichen Interesse - macht".

Premier betont Freiheit der Presse

Australiens Ministerpräsident Scott Morrison versuchte sich von der Durchsuchung zu distanzieren und bezeichnete sie als Angelegenheit der Polizei und nicht der Regierung. "Australien glaubt fest an die Pressefreiheit", erklärte er während eines Besuchs zum D-Day-Gedenken in Großbritannien. Es gebe aber auch feste Regeln zum Schutz der nationalen Sicherheit. Die designierte Innenministerin Kristina Keneally verlangte eine Erklärung für die Razzia.

Journalistenwohnung in Canberra durchsucht

Einen Tag vor den Durchsuchungen bei ABC war bereits die Wohnung eines Journalisten in Canberra durchsucht worden. Hintergrund war ein Bericht über Versuche der Behörden, die heimische Kommunikation von Australiern ausspionieren zu dürfen. Wie auch im Fall der Afghanistan-Recherche waren sensible und potenziell als geheim eingestufte Materialien Gegenstand der Berichterstattung.

Obwohl die australischen Medien weitgehend unabhängig berichten können, setzen strenge Verleumdungsgesetze, Gerichtsanordnungen zur Geheimhaltung oder staatliche Sicherheitsregeln der Berichterstattung Grenzen. Bei der Rechtsgrundlage für die Razzien berief sich die Polizei auf ein Gesetz von 1914.

qu/rb (afp, rtr, dpae, ape)