Berlin warnt vor Reisen nach Nordspanien
31. Juli 2020Wegen der stark steigenden Zahl von Corona-Infektionen in Spanien warnt das Auswärtige Amt nun vor touristischen Reisen in drei Regionen des beliebtesten Urlaubslands der Deutschen. Betroffen von der formellen Reisewarnung sind einer Mitteilung des Auswärtigen Amts zufolge Katalonien mit der Touristenmetropole Barcelona und den Stränden der Costa Brava sowie die westlich davon im Landesinneren liegenden Regionen Aragón und Navarra, nicht aber Mallorca und auch nicht die Kanaren.
Bisher hatte das Ministerium nur von Urlaubsreisen in die drei stark betroffenen Regionen abgeraten. Das ist quasi eine Alarmstufe unterhalb der Reisewarnung. Erst diese Warnung ermöglicht Touristen aber, eine kostenlose Stornierung von Reisen zu ermöglichen. Zuvor hatte bereits das Robert Koch-Institut (RKI) die drei Regionen in die Liste der Risikogebiete aufgenommen, die von den Reisehinweisen- und warnungen des Auswärtiges Amts unabhängig geführt wird. Die ministerielle Warnung war daraufhin erwartet worden. Das RKI begründete seine Entscheidung damit, dass in den nordspanischen Gebieten die Schwelle von mehr als 50 Neuinfizierten pro 100.000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen überschritten wurde.
Für Reiserückkehrer aus offiziell eingestuften Risikogebieten soll in der kommenden Woche eine Corona-Testpflicht kommen - über freiwillige Tests hinaus, die für alle Einreisenden aus dem Ausland kostenfrei möglich sein sollen.
Kommt die formelle Reisewarnung?
Wegen des starken Anstiegs der Infektionen rät das Auswärtige Amt (AA) bereits seit Dienstag von touristischen Reisen in die drei spanischen Regionen ab. Das erfolgte unabhängig von der RKI-Bewertung. Von einer formellen Reisewarnung für die drei Gebiete hat das Ministerium bisher abgesehen, das kann sich aber noch ändern. Eine solche Reisewarnung würde Urlaubern die kostenlose Stornierung von Buchungen ermöglichen. Das Abraten von Reisen ist quasi eine Alarmstufe darunter.
Über 900 Neuinfektionen an einem Tag
Derweil bleiben die täglichen Fallzahlen in Deutschland weiterhin auf einem hohen Niveau. Die Gesundheitsämter meldeten nach Angaben des Robert Koch-Instituts 870 neue Corona-Infektionen innerhalb eines Tages. Seit Beginn der Pandemie haben sich somit mindestens 208.698 Menschen in Deutschland nachweislich mit dem Virus SARS-CoV-2 infiziert. Donnerstag hatte die Zahl der täglich registrierten Neuinfektionen bei 902 gelegen und einen neuen Höchststand für Juli markiert. Die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion liegt nach RKI-Angaben bei 9.141. Aufgrund der steigenden Fallzahlen fürchtet das RKI eine Trendumkehr in Deutschland. Grund dafür sei Nachlässigkeit bei der Einhaltung der Verhaltensregeln.
Auch mehr als drei Viertel der Deutschen (77 Prozent) rechnen dem aktuellen ZDF-"Politbarometer" zufolge in der nächsten Zeit mit einer zweiten Welle an Corona-Infektionen. Passend zu dieser Erwartung gelangte erstmals eine Mehrheit (51 Prozent) zu der Einschätzung, dass die Menschen sich in der Corona-Krise "eher unvernünftig" verhalten. In einer Befragung vom Juni hatten mit 33 Prozent noch deutlich weniger Befragte diese Einschätzung vertreten.
71 Prozent: Keine starken Einschränkungen
Die Gefahr für die eigene Gesundheit wurde höher eingeschätzt als zuletzt. Die Hälfte der Befragten (50 Prozent) schätzte die eigene Gesundheit als durch das Coronavirus SARS-CoV-2 gefährdet ein - vor drei Wochen hatte dieser Anteil noch bei 40 Prozent gelegen. Besonders groß war die Sorge bei Menschen ab 70 Jahren - in dieser Gruppe sahen 62 Prozent eine Bedrohung für die eigene Gesundheit. "Keine Bedrohung" attestierten sich dagegen 49 Prozent aller Umfrageteilnehmer.
Mit Blick auf die Einschränkungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie erklärte eine Mehrheit von 71 Prozent, die Maßnahmen bedeuteten keine starken Einschränkungen für ihr persönliches Leben. Für verpflichtende Tests für Reiserückkehrer sprach sich mit 94 Prozent der Befragten eine überwältigende Mehrheit aus. Sechs Prozent waren dagegen.
Angesichts wieder steigender Infektionen forderte der deutsche Einzelhandel die Verbraucher auf, die Corona-Regeln wieder disziplinierter einzuhalten. Bei einem zweiten Lockdown seien viele Handelsunternehmen nicht mehr zu retten, warnte der Präsident des Handelsverbandes Deutschland (HDE), Josef Sanktjohanser. Die Corona-Krise werde den Handelsunternehmen abseits des Lebensmittelhandels voraussichtlich Umsatzeinbußen von 40 Milliarden Euro bescheren. Dies könne 50.000 Handelsstandorte in Deutschland die Existenz kosten, sagte Sanktjohanser. "Für viele Händler gäbe es bei erneuten Einschränkungen oder gar einer zweiten Phase des Lockdowns keine Chance mehr, der Insolvenz zu entgehen."
Einzelhandel über Vorkrisenniveau
Im Juni konnten die Umsätze im Einzelhandel indes das Vorkrisenniveau wieder übertreffen. Gemessen am Februar, dem Monat vor Ausbruch der Pandemie in Deutschland, lagen die Erlöse kalender- und saisonbereinigt 1,4 Prozent höher, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Im Vergleich zum Vorjahresmonat wuchsen die Umsätze preisbereinigt um 5,9 Prozent.
sti/fab (afp, dpa, rtr)