Er hat das Genre des Polit-Thrillers wie kein zweiter geprägt. 1933 in Griechenland geboren, wurde Gavras später französischer Staatsbürger. Sein Film "Z" wurde zum Welterfolg. Jetzt wird er in Sevilla ausgezeichnet.
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Altmeister des Politthrillers: Costa-Gavras bekommt Ehrenpreis
Der griechisch-französische Regisseur drehte 1968 den Kinofilm "Z". Ein Welterfolg, der ein ganzes Filmgenre neu erfand. In Sevilla erhält der Filmemacher jetzt den Ehrenpreis der Europäischen Filmakademie.
Bild: picture-alliance/United Archiv
Politisch engagiert hinter der Kamera
Costa-Gavras' Oeuvre zeichnen zwei Eigenschaften aus. Zum einen hat er sich immer mit politisch brisanten Themen beschäftigt. Und zum anderen dabei das Publikum nicht vergessen. Costa-Gavras ist ein Meister des unterhaltsamen Politthrillers. Auf diese einzigartige Verbindung zwischen Engagement und Publikums-Zugewandtheit wies auch die Europäische Filmakademie in ihrer Begründung hin.
Bild: Hellas Film Box
Welterfolg "Z"
Sein dritter Film bringt Costa-Gavras 1968 im europäischen Umbruchsjahr den Durchbruch. In dem Thriller "Z" (griechisch: "Er lebt") erzählt Costa-Gavras die Geschichte eines Landes, das mit repressiven Mitteln gegen Opposition, Justiz und Presse vorgeht. Die Handlung spielt in einem namentlich nicht genannten Staat. Klar ist jedoch: Es geht um die Militärdiktatur in Griechenland.
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Geboren in Griechenland, zuhause in Frankreich
Als Konstantínos Gavrás ist der spätere Regisseur 1933 in Griechenland zur Welt gekommen, mit 21 nach Frankreich ausgewandert. Fortan nennt er sich Costa-Gavras. 1965 debütiert er mit dem Film "Mord im Fahrpreis inbegriffen" Szenenfoto mit Simone Signoret und Yves Montand) - nur vordergründig ein Krimi. Als Täter wird am Ende ein hoher Polizeibeamter entlarvt.
Bild: AP
Costa-Gavras-Filme wurden eine "Marke"
Nach seinem Welterfolg "Z" etabliert der Regisseur das Genre des populären Politthrillers in der Welt des internationalen Kinos. Spannend erzählte Thriller mit aktuellen und historischen Sujets werden zu seinem Markenzeichnen. Costa-Gavras fünfter Film "Der unsichtbare Aufstand" handelt wieder von einem Staat, der gegen seine eigenen Bürger vorgeht - diesmal blickt der Regisseur nach Uruguay.
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Romy Schneider und Yves Montand
Ab und zu gönnt sich der Regisseur aber auch Ausflüge ins leichtere Genre. Elegant und tiefsinnig erzählt er 1979 in "Die Liebe einer Frau" von der zufälligen Begegnung einer Frau und eines Mannes, die beide ihren Partner verloren haben und nun Trost in einer neuen Bekanntschaft suchen. In den Hauptrollen beeindrucken Romy Schneider und Yves Montand.
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Oscar für "Missing"
Bereits sein nächster Film bietet wieder "klassischen" Costa-Gavras-Stoff. "Missing" erzählt von einem vermissten US-Amerikaner, der in den Wirren der chilenischen Militärdiktatur verschwindet. Sein Vater (Jack Lemmon) macht sich auf die Suche nach ihm. "Missing" gewinnt einen Oscar - wird aber auch kritisiert: Costa-Gavras beute politische Themen für sein dramatisch-populäres Kino aus.
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Blick nach Nahost
Nach seinem Hollywood-Ausflug dreht Costa-Gavras seinen nächsten Film wieder in Frankreich. "Hanna K." blickt auf einen anderen Krisenplatz der Weltpolitik: nach Nahost und auf den Dauerkonflikt zwischen Israel und den Palästinensern. Hier ist es eine US-amerikanisch-jüdische Anwältin (Jill Clayburgh), die in das unruhige gesellschaftliche Geschehen vor Ort hineingezogen wird.
Bild: Gaumont/KGproductions/Films A2
Das andere Amerika
Fünf Jahre später bringt der Regisseur ein weiteres brisantes aktuelles Thema auf die Leinwand. In "Verraten" beschäftigt er sich mit rechten und rechtsradikalen Tendenzen in der modernen US-amerikanischen Gesellschaft. Rassismus, Antisemitismus, fundamentaler christlicher Glaube sowie die Leugnung des Holocaust - all diese Themen schneidet der Regisseur in "Verraten" an.
Bild: picture-alliance /KPA
Armin Mueller-Stahl spielt in "Music Box"
Um Holocaust und Nationalsozialismus geht es auch in Costa-Gavras nächstem Film "Music Box". Es ist die Geschichte einer Anwältin (Jessica Lange), die sich gegen den Vorwurf wehrt, ihr Vater (Armin Mueller-Stahl) sei während des Zweiten Weltkrieges in einer faschistischen ungarischen Spezialeinheit gewesen. Geschickt verknüpft der Regisseur hier Gegenwart und Historie, Politisches und Privates.
Bild: picture-alliance/United Archiv
Hochhuths "Stellvertreter" im Kino
Nach zwei weiteren Filmen widmet sich der Regisseur im Jahr 2002 mit der Kinoadaption des berühmten Theaterstücks von Rolf Hochhuth "Der Stellvertreter" noch einmal einem historischen Kapitel deutscher Geschichte. Die in Rumänien gedrehte deutsche Co-Produktion ist prominent besetzt, unter anderem mit Ulrich Tukur und Ulrich Mühe.
Bild: Concorde
Folgen der Globalisierung
In den letzten Jahren ist es um Costa-Gavras etwas ruhiger geworden. Die Abstände zwischen seinen Filmen werden größer. Doch der Regisseur bleibt auch weiterhin ein aufmerksamer Beobachter der politischen und gesellschaftlichen Zeitläufe. Im Drama "Die Axt" (2005) beschäftigt er sich mit dem Thema Arbeitswelt und mit den Auswüchsen der Globalisierung.
Im Jahr 2009, als das Thema Flüchtlinge in Europa längst noch nicht so intensiv diskutiert wurde, richtet Costa-Gavras seine Kameras bereits auf dieses Krisensujet. Im Mittelpunkt: Der junge Elias (Riccardo Scamarcio), der mit einem Flüchtlingsboot an der griechischen Küste strandet und dessen Odyssee der Regisseur in seinem hochpolitischen Film schildert.
Bild: Pathé
Auswüchse am Finanzmarkt
In "Le Capital" (2012) widmete er sich den Verwerfungen am Kapitalmarkt. Marc Tourneuil (Gad Elmaleh) übernimmt den Vorstand einer französischen Privatbank, nachdem der bisherige CEO beim Golfspielen stirbt. Costa-Gavras bleibt sich auch hier treu: Aktuelles Zeitgeschehen, kritisch durchleuchtet, mit den Mitteln des populären Kinos meisterhaft erzählt.
Bild: picture-alliance/dpa/San Sebastian Film Festival
Die griechische Schuldenkrise und Europa
Costa-Gavras' neuester Film "Adults in the Room" basiert auf dem gleichnamigen Buch des früheren griechischen Finanzministers Yanis Varoufakis. Er erzählt von den Umständen der griechischen Rettungsaktion durch den EU-Rettungsring im Jahr 2015, die dramatische innenpolitische Folgen hatten. Im Bild: Christos Loulis als Yanis Varoufakis.
Bild: picture-alliance/ZUMAPRESS.com/Eurokinissi
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Regisseur Costa-Gavrás hat seine Heimat in Griechenland. Am 12. Februar 1933 wurde er als Konstantínos Gavrás in der Provinz Arkadien im Zentrum der Peloponnes geboren. Ein mythischer Landstrich, der in Europa als Synonym für ein Leben jenseits aller Nöte und Sorgen galt. Costa-Gavrás hat sich in seinem Werk ganz besonders mit dem Leid der Völker in Militärdiktaturen auseinandergesetzt - und den Folgen, die diese für den Einzelnen nach sich ziehen. Das sorgenlose Leben Arkadiens wurde nicht zu seinem bevorzugten Thema.
1965 nimmt er die französische Staatsbürgerschaft an
Sein Vater, ein Kommunist, hatte sich während des Zweiten Weltkriegs gegen die deutschen Besatzer Griechenlands zur Wehr gesetzt. Im Nachkriegs-Griechenland hatte er sich Repressalien des griechischen Staates ausgesetzt gesehen. Das hatte schließlich auch Auswirkungen auf das Leben des Sohnes. Konstantínos Gavrás verließ 1954 seine Heimat und ging nach Paris, nannte sich von da an Costa-Gavras. Nach Literatur- und Filmstudium assistierte er bei einer Reihe berühmter Regisseure des französischen Kinos. Zwei Jahre später nahm er die Staatsbürgerschaft der "Grande Nation" an und debütierte 1965 als Regisseur.
In der Folge drehte er zahlreiche Politthriller über die jeweils aktuellen Krisenherde der Welt, nahm Militärdiktaturen in Südamerika und Europa in den Blick, den Nahost-Konflikt, Holocaust-Vergangenheit, aber auch Verwerfungen innerhalb moderner Demokratien inklusive der Sujets Rassismus und Antisemitismus. Auch in seinen letzten Filmen, gedreht in hohem Alter, ließ das Engagement nicht nach. Costa-Gavrás Alterswerk behandelte Themen wie die globale Finanzkrise oder widmete sich der Flüchtlingsproblematik.
"Meine Filme sind zuallererst Spektakel mit guten Schauspielern"
Mit Costa-Gavras werde in Sevilla im Rahmen des Europäischen Filmpreises ein Regisseur ausgezeichnet, der mit starker politischer Stimme nicht nur von seinen Kollegen zutiefst respektiert wird, heißt es von Seiten der "Europäischen Film-Akademie". Auch vom Kinopublikum sei Costa-Gavras weltweit in den vergangenen Jahrzehnten gefeiert worden.
2017 war der Regisseur Ehrengast des Berliner Film-Festivals "Hellas Filmbox", das sich dem aktuellen Filmgeschehen seines von Krisen durchgeschüttelten ehemaligen Heimatlandes widmet. Das Image des auf Politthrillers spezialisierten Regisseurs mag der Regisseur freilich nicht: "Was heißt das: Politthriller?" fragte Costa-Gavrás damals im Interview der Deutschen Welle zurück: "Ich fühle mich nicht dafür verantwortlich, dass man mir zuschreibt, ich würde Politthriller bzw. politisches Kino machen. Meine Filme sind zuallererst Spektakel mit guten Schauspielern, einem Rhythmus, einem guten Drehbuch, mit guten Dialogen und ab und zu mit etwas Leichtigkeit, mit etwas das die Zuschauer zum Lachen bringt."
Dennoch: Es ist wohl nicht falsch, Costa-Gavrás dezidiert als politischen Filmemacher zu bezeichnen. Allerdings auf eine Art und Weise, die ein großes Publikum miteinbezieht. Besonders interessiert ihn dabei ein Thema: "Das was mich in allen meinen Filmen umtreibt, ist die Frage der Macht ganz unten bis an die Spitze der Macht-Pyramide. Ich habe Macht über meine Kinder, über mein Filmset und über mir gibt es welche, die Macht über mich haben. Die Art, wie jemand die Macht, die ihm zur Verfügung steht, ausübt, macht seine Umgebung glücklich oder unglücklich."
Populäre Filme fürs große Publikum
Der Regisseur, der meist mit Stars des internationalen Films arbeitet, nutzt die dramaturgischen Tricks und die Ästhetik des Spannungskinos. Das ist ihm von verschiedener Seite, vor allem von der Linken, immer wieder auch vorgeworfen worden.
Costa-Gavrás opfere seine Sujets einer konventionellen Hollywood-Ästhetik, lautete ein nicht selten erhobene Klage. Der Regisseur schleppte früh den von einigen linken Aktivisten als Makel empfundenen Ruf eines populären Filmemachers mit sich herum. Politisch engagierte Spielfilm-Regisseure wie Jean-Luc Godard, die auf jegliche Publikums-Zugeständnisse verzichteten, standen in den späten 1960er und 1970er Jahren am anderen Ende des filmischen Kosmos.
Das Publikum folgte dem mit vielen Preisen ausgezeichneten Costa-Gavrás gern, so dass viele seiner Filme an den Kinokassen sehr erfolgreich waren. Auch als Film-Vermittler engagierte sich der gebürtige Grieche lange Jahre, bereits in den 1980er Jahren leitete er für einige Zeit die legendäre "Cinémathèque française" in Paris, der er auch seit 2017 wieder vorsteht.
Aktuelle Fragen an das politische Kino
"Brauchen wir das große politische Kino eigentlich noch, bzw. was kann Kino in der heutigen Zeit bewegen?" Diese Frage wurde ihm auch auf dem Filmfestival "Hellas-Box" im vergangenen Jahr nocheinmal gestellt. Costa-Gavrás zeigte sich skeptisch: "Jemand der sagt, er drehe Filme um die Welt zu verändern, muss doch etwas verrückt sein," so der Regisseur.
"Ich mache Filme mit Geschichten, die mich persönlich stark interessieren. Ich habe in 40 Jahren rund 20 Filme gedreht. Nicht gerade viel. Aber jedes Mal ist es für mich eine Angelegenheit von Liebe und Leidenschaft", zog der weltberühmte Regisseur sein persönliches Fazit.