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Auszeit für den EU-Verfassungsprozess

17. Juni 2005

Als Reaktion auf das Nein der Franzosen und Niederländer zur EU-Verfassung gibt es eine Auszeit für den Ratifizierungsprozess. Am Freitag versuchen die Staatschefs auf ihrem Krisengipfel das Haushaltsproblem zu lösen.

Nachdenken für alle, nicht nur für EU-Kommissionspräsident BarrosoBild: AP

Die Europäische Union verordnet sich in der schweren Verfassungskrise eine Auszeit von einem Jahr. Nach dem Nein der Franzosen und Niederländer soll der Ratifizierungsprozess des neuen Vertrages entsprechend verlängert werden, sagte EU-Ratspräsident Jean-Claude Juncker beim EU-Gipfel in Brüssel. Bislang sollte die Ratifizierung des neuen Vertrages im November 2006 abgeschlossen sein. Konsens sei, dass es nach dem Nein der Franzosen und Niederländer eine "Phase der Reflexion" geben müsse, sagte der irische Außenminister Dermot Ahern. Seinen Angaben zufolge forderte niemand im Kreis der Staats- und Regierungschefs Nachverhandlungen zur Verfassung. "Wir stehen immer noch voll und ganz hinter der Verfassung." Die EU-Staats- und Regierungschefs wollen im Juni 2006 zu einem Sondergipfel zur Verfassungskrise zusammenkommen.

Zweifel an Erweiterung

Der französische Staatspräsident Jacques Chirac brachte in diesem Zusammenhang auch seinen Zweifel über künftige Erweiterungsrunden zum Ausdruck. "Kann sich die Union in dieser neuen Situation erweitern, ohne dafür die geeigneten Institutionen zu haben?" fragte Chirac im Kreis der Staats- und Regierungschefs laut vorab verbreitetem Redetext. "Ich möchte, dass wir diese wichtige Frage gemeinsam besprechen."

Als Reaktion auf das Nein in Frankreich und den Niederlanden hatte Großbritannien bereits sein für Frühjahr 2006 geplantes Referendum abgesagt. Auch der dänische Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen hat entsprechende Pläne. Dänemark wollte am 27. September abstimmen. Der tschechische Ministerpräsident Jiri Paroubek erwägt ebenfalls eine Verschiebung. Bislang haben zehn Länder die Verfassung ratifiziert, darunter auch Deutschland.

Freitag - Britentag

Über den Finanzstreit wollen die Staats- und Regierungschefs am Freitag, dem zweiten Gipfeltag beraten. Bundeskanzler Gerhard Schröder signalisierte erneut Bereitschaft zum Kompromiss: "Deutschland wünscht eine Einigung." Dazu sei aber Bewegung aller notwendig. "Ob das gelingt, ist eine offene Frage, eine gehörige Portion Skepsis ist angebracht."

Schröder forderte vor allem den britischen Premierminister Tony Blair zur Kompromissbereitschaft auf. "Ein Ergebnis gibt es nur, wenn die Briten sich auch bewegen." Der EU-Ratsvorsitzende Jean-Claude Juncker kam Blair mit einem neuen Kompromissvorschlag entgegen. Danach soll der Britenrabatt auf dem jetzigen Niveau von jährlich rund 4,6 Milliarden Euro bis 2013 eingefroren werden. Der britische Außenminister Jack Straw wies Junckers Vorschlag
aber als inakzeptabel zurück. Als weiteres Zugeständnis an die Briten will Juncker die Agrarsubventionen um sechs Milliarden Euro kürzen. Fraglich blieb, ob Chirac dies akzeptieren würde.

Wie teuer ist Europa?

Als Grenze für die Gesamtausgaben schlägt Juncker rund 870 Milliarden Euro vor. Die großen Nettozahler einschließlich Deutschlands wollen bis 2013 maximal 815 Milliarden Euro ausgeben. Schröder unterstrich, dass die künftigen EU-Ausgaben die "finanzielle Leistungsfähigkeit Deutschlands nicht übersteigen" dürften. Den Kompromissvorschlag Junckers bezeichnete der Kanzler als nicht ausreichend. Auch für Schweden und die Niederlande ist Junckers Vorschlag zu großzügig. Polen und Spanien kritisierten die Vorlage als nicht ausreichend und forderten höhere Ausgaben. (kas)

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