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Strafzölle: Sorge ja, aber keine Angst

Brigitte Scholtes
5. März 2018

Noch ist es nur eine Drohung aus Washington. Aber die Aussicht auf Strafzölle für Autoimporte aus Europa in die USA hat die Branche aufgeschreckt. Der Schaden aber dürfte sich für die Europäer in Grenzen halten.

US-Konjunktur Exporte
Bild: picture-alliance/dpa/U. Deck

"Wir beobachten die aktuelle Entwicklung mit großer Sorge", sagt Bernhard Mattes, Präsident des Verbands der Automobilindustrie (VDA).  "Strafzölle können nicht die Lösung sein. Ein Handelskrieg zwischen den USA und Europa muss auf jeden Fall vermieden werden", fordert er. Denn in einem solchen Handelskrieg gebe es auf allen Seiten nur Verlierer.

Abgaben auf Importe würden die europäischen Autohersteller ohne Zweifel treffen, wie stark, darüber sind Autoexperten jedoch unterschiedlicher Auffassung. "Eine Katastrophe" sei das für die deutsche Autoindustrie, glaubt etwa Stefan Bratzel, Leiter des Center of Automotive Management an der Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch-Gladbach. Denn sie sei vor allem im Premiumsegment stark abhängig von den Exporten auch in die USA.

Mehr produziert als verkauft

Ferdinand Dudenhöffer, Professor für Betriebswirtschaftslehre und Automobilwirtschaft an der Universität Duisburg-Essen, grenzt die Auswirkungen im Interview mit der DW etwas ein. Vor allem Porsche und Audi seien betroffen, glaubt er, weil beide - anders als VW selbst oder als Daimler und BMW - noch nicht in den USA produzierten.

Dr. Z in den USA: Daimler-Chef Zetsche in einem Luxusgefährt von MercedesBild: picture-alliance/dpa/U. Deck

Dudenhöffer rechnet vor, dass BMW sogar im vergangenen Jahr in den USA 17.000 Autos mehr produziert als dort verkauft habe, Mercedes jedoch komme auf ein Produktionsdefizit von 42.000 Fahrzeugen und der VW-Konzern auf eines von 23.400. Audi hat 2017 dagegen 226.000 Autos in die USA exportiert, Porsche 55.000. Audi hat jedoch unterdessen in Mexiko eine Produktion aufgebaut, die in den kommenden Jahren die Einfuhren aus Europa reduzieren dürfte.

Tatsächlich haben die deutschen Autohersteller seit Jahren ihre Produktion in den USA ausgebaut, entsprechend sinkt der Export. So wurden 2017 mit 494.000 Autos ein Viertel weniger Autos nach Amerika ausgeführt als noch vier Jahre zuvor. Die Produktion an Standorten in den USA stieg in dieser Zeit um 180.000 auf 804.000 Fahrzeuge. Und die würden noch nicht einmal alle in den USA verkauft, sagt VDA-Präsident Mattes: "Gut jedes zweite Auto, das unsere Hersteller in den USA produzieren, geht als Export nach Europa, Asien und den Rest der Welt. Das sind rund 430.000 Fahrzeuge." Der Anteil am gesamten Export aus den USA von "Light Vehicles" sei mit rund einem Viertel dreimal so hoch wie der Marktanteil der deutschen Autohersteller in den USA.

Gewicht der USA sinkt

Auch Jürgen Pieper, Autoexperte des Bankhauses Metzler, warnt vor Panikmache. Die Rolle des amerikanischen Marktes sei inzwischen nicht mehr so groß wie noch vor fünf oder zehn Jahren. Unter den Auslandsmärkten ist China inzwischen die Nummer Eins. "Grob gerechnet erzielen die deutschen Autobauer zwischen 10 und 13 Prozent ihrer Gewinne in den USA", sagt Pieper. "Sollte ein Zoll in Höhe von 10 Prozent erhoben werden, würde das vielleicht die Gewinne in den USA um ein Drittel schmälern." Das hieße also, dass die Konzerngewinne um drei bis vier Prozent geringer ausfielen, meint der Autoexperte. Doch die Leistungsfähigkeit der deutschen Autoindustrie solle man nicht unterschätzen: Die Konzerne würden wahrscheinlich versuchen, Zölle durch das Hochfahren der Produktion in den USA zu umgehen.

Image verbesserungswürdig: VW hat in den USA einen schweren StandBild: picture-alliance/dpa/J. Stratenschulte

Gegebenfalls könne die Kernmarke VW auch darüber nachdenken, sich ganz aus den USA zurückzuziehen, so Pieper. Denn aktuell verbucht sie ohnehin dort Verluste – das hat aber auch mit den Folgen des Dieselskandals zu tun. Und VW ist anders als die anderen deutschen Autohersteller im Massenmarkt unterwegs. Audi, BMW, Daimler oder Porsche aber dürften weniger Schwierigkeiten haben, vermutet Pieper und verweist auf die Besonderheiten des Luxussegments: "Da ist die Preissensitivität viel geringer als in anderen Produktklassen", erklärt er. Die Kunden, die ein solches Auto bestellten, würden einen zollbedingten Preisaufschlag wahrscheinlich hinnehmen, weil sie ja auch um die politischen Hintergründe wüssten.

Trumps Klientel hört's gern

Ob der amerikanische Präsident tatsächlich ernst macht und Strafzölle auf Autos aus Europa erhebt, ist nicht ausgemacht. Man müsse bedenken, in welchem Umfeld Trump diese Bemerkungen zunächst gemacht habe, meint David Kohl, Chefvolkswirt des Bankhauses Julius Bär. Das sei nämlich bei einer Wahlspenden-Veranstaltung geschehen. Noch hörte man solche Drohungen bei der Trump-Wählerschaft gern. Und Trump werde sie noch häufiger wiederholen, weil er Zölle auch ohne Mitwirken des Kongresses erheben kann. Solche Drohungen kämen in der Tat bei seiner Klientel gut an, vermutet auch Autoexperte Pieper, denn die gehörten zu großen Teilen wahrscheinlich nicht zu den Käufern deutscher Edelkarossen.

 

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