Auch der unbekannte Fahrer ist nach dem Zwischenfall am Kapitol tot. Der Vorfall weckt Erinnerungen an den Sturm auf das Kapitol Anfang Januar.
Mit diesem Wagen ist der Fahrer in die Barrikade vor dem Capitol gefahrenBild: J. Scott Applewhite/AP/picture alliance
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Am noch immer schwer bewachten US-Kapitol in Washington ist ein Autofahrer mit seinem Wagen in zwei Polizisten gefahren und hat anschließend eine Straßenbarriere gerammt. Einer der Beamten wurde getötet, ein weiterer verletzt, wie die Chefin der Kapitol-Polizei, Yogananda Pittman, erklärte. Der Fahrer, der mit einem Messer aus dem Wagen stieg, wurde erschossen, wie sie weiter berichtete. Er habe zuvor nicht auf Warnrufe der Sicherheitskräfte reagiert.
Der Polizeichef der Hauptstadt, Robert Contee, erklärte, ersten Erkenntnissen zufolge scheine die Tat keinen terroristischen Hintergrund zu haben. Der nach dem Angriff von Polizeibeamten erschossene Verdächtige sei der Polizei nicht bekannt gewesen.
Laut Medienberichten handelt es sich bei dem Mann um einen 25-jährigen Afroamerikaner aus dem Bundesstaat Indiana. Jüngste Beiträge des Verdächtigen in den Onlinenetzwerken deuteten auf psychische und körperliche Probleme hin, hieß es weiter.
Wegen des Zwischenfalls an der sogenannten nördlichen Barrikade seien umliegende Straßen gesperrt worden, hieß es. Präsident Joe Biden hatte kurz vor dem Zwischenfall das Weiße Haus verlassen, um nach Camp David zu fahren. Er wurde umgehend informiert.
Sicherheitssperren am Kongressgebäude in WahingtonBild: Eric Baradat/AFP
Zweieinhalb Monate nach dem Sturm auf das Kapitol
Am 6. Januar hatten radikale Anhänger des früheren US-Präsidenten Donald Trump das Kongressgebäude gewaltsam gestürmt. Im Zuge der Ausschreitungen in der US-Hauptstadt kamen insgesamt fünf Menschen zu Tode. Die Kapitol-Polizei geriet danach in die Kritik, weil die Sicherheitskräfte des Parlaments den Angriff nicht abwehren konnten.
Erst vor etwa einer Woche waren die Sicherheitsvorkehrungen rund um das Kapitol gelockert worden. Der äußere Zaun, der das Areal um den Kongresssitz abgeschirmt hatte, wurde abgebaut. Straßen, die innerhalb dieses Kreises lagen und abgesperrt waren, wurden wieder geöffnet. Der innere Zaun rund um das Kongressgebäude blieb aber stehen. Die Kapitol-Polizei betonte, sie sei jederzeit bereit, die Sicherheitsvorkehrungen sofort wieder hochzufahren, falls das nötig sein sollte.
Sturm auf die Machtzentralen: Blick in die Geschichte
Die Bilder von der Erstürmung des Kapitol in Washington schockierten die Welt. Und erinnerten in ihrer Radikalität an Ereignisse aus vergangenen Zeiten.
Bild: Leah Millis/REUTERS
Das Kapitol in Washington
Die Bühne für die feierliche Inauguration des neuen US-Präsidenten Joe Biden am 20. Januar 2021 war längst aufgebaut, da wurde das Kapitol, Sitz des US-amerikanischen Kongresses in Washington, am 6. Januar 2021 zum Schauplatz eines Ereignisses von historischer Dimension. Geschrieben von radikalen Trump-Wählern, die lautstark und gewaltbereit gegen angebliche Wahlmanipulation protestierten.
Bild: Leah Millis/REUTERS
2021: Angriff auf die Demokratie
Nach einer anfangs friedlichen Demonstration in der Nähe des Kapitols setzten sich Hunderte von aufgebrachten Trump-Fans nach einer Hetz-Rede von US-Präsident Trump unaufhaltsam in Bewegung. Die Capitol-Police, sonst mit 2000 Mann vertreten, konnte sie nicht aufhalten. Gewalttätige Demonstranten traten Absperrungen nieder, schlugen Türen und Fenster ein und konnten das Gebäude stürmen.
Bild: Win McNamee/Getty Images/AFP
2020: "Querdenker"-Demo in Berlin
Die Bilder aus Washington erinnerten an Berlin: Dort hatten im vergangenen Jahr Demonstranten versucht, den Reichstag zu besetzen. Am 29. August 2020 versammelten sich zehntausende "Querdenker", zum Teil militante Gegner der Coronaschutz-Maßnahmen. Reden heizten die Stimmung auf, gewaltbereite Gruppen versuchten den Reichstag zu stürmen.
Bild: Getty Images/S. Gallup
1789: Sturm auf die Bastille
Analogien in der Geschichte, wo Gebäude eine zentrale Rolle gespielt haben, gibt es genug: In Frankreich stürmte 1789 ein Mob, berauscht von Ideen der Freiheit und Gleichheit, das Gefängnis von Paris. Auslöser der sozialen Unruhen gegen die Monarchie war die Brotpreis-Erhöhung. Die Bastille wurde am 14. Juli 1789 erobert, der Kommandant geköpft: der Beginn der Französischen Revolution.
Bild: akg-images/picture alliance
1917: Erstürmung des Zarenpalastes
Auch die Oktoberrevolution begann mit der Erstürmung eines Palastes - in St. Petersburg, wo die provisorische Regierung ihren Sitz hatte. Nachdem der russische Zar im Februar gestürzt worden war, setzte der bolschewistische Aufstand, auch als Roter Oktober bekannt, mit der Besetzung des feudalen Winterpalais der Zarenfamilie der Russischen Revolution im Oktober 1917 die Krone auf.
Bild: picture-alliance/akg
1973: Militärputsch in Chile
Der demokratisch gewählte Präsident Salvatore Allende war drei Jahre im Amt, da erschütterte ein Militär-Putsch das Staatsgefüge Chiles. Die politische Polarisierung hatte das südamerikanische Land in unversöhnliche Lager gespalten. Schwer bewaffnete Soldaten stürmten am 11. September 1973 das Präsidentenpalais. Allende beging Selbstmord. Die brutale Militärdiktatur von General Pinochet begann.
Bild: OFF/AFP/Getty Images
1981: Putsch in Spanien
Mit entsicherter Pistole stand Putschist Antonio Tejero Molina 1981 im spanischen Parlament. Mit 200 bewaffneten Männern der paramilitärischen Polizeitruppe Guardia Civil hatte Molina am 23. Februar das Parlamentsgebäude in Madrid gestürmt, Abgeordnete und Regierung nahmen sie als Geiseln. Dank des mutigen Eintretens des Königs für die Demokratie konnte der Staatstreich vereitelt werden.
Bild: picture-alliance/ dpa
1990: Sturm auf die Stasi-Zentrale
Auch die Wut und Enttäuschung der DDR-Bevölkerung richtete sich nach dem Fall der Mauer 1989 gegen die herrschende Politkaste. SED-Parteizentrale und Stasibehörden waren Zielobjekte aufgebrachter Proteste. Die Bürgerbewegung Neues Forum rief zu Protestkundgebungen auf. Am 15. Januar 1990 kam es zur Stürmung der Stasi-Zentrale in Ost-Berlin. Die Stasi-Akten konnten später sichergestellt werden.
Bild: picture-alliance/dpa/P. Kneffel
2021: Gesichert wie eine Festung
Die Umgebung des Kapitols in Washington ist mittlerweile gesichert wie eine Hochsicherheitszone. Rundum sind massive Sperrgitter aufgebaut. Im Inneren des Gebäudes wurden die Verwüstungen weitgehend aufgeräumt, Büros und Sitzungsräume der Abgeordneten und des Kongresses wieder hergerichtet. Für einen anderen historischen Tag: Der Vereidigung des neuen US-Präsidenten am 20. Januar 2021.