Die 2016 eingeführten Kaufprämien für E-Autos waren bislang wenig zielführend. Nun haben Bundesregierung und Autoindustrie den nächsten Anlauf genommen, um die Elektromobilität in Deutschland voranzubringen.
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Um die Klimaziele 2030 zu schaffen, sind bis dahin sieben bis zehn Millionen E-Autos in Deutschland notwendig, wie aus einem "Masterplan Ladeinfrastruktur" der Bundesregierung hervorgeht. Ursprünglich sollten sich bereits 2020 eine Million E-Autos auf deutschen Straßen bewegen; doch diese Vorgabe ist nicht mehr zu schaffen - trotz des milliardenschweren Kaufprämienprogramms für Elektrofahrzeuge aus dem 2016.
Ein höherer Zuschuss von Staat und Herstellern und eine Verlängerung des Programms soll den Verkauf von Elektroautos nun ankurbeln. Darauf haben sich Bundesregierung und die Autoindustrie bei einem Spitzentreffen im Kanzleramt verständigt. Die vor mehr als drei Jahren eingeführte Prämie ist bisher bis Ende 2020 befristet und soll nun bis Ende 2025 laufen. Damit solle ermöglicht werden, weitere rund 650.000 bis 700.000 Elektrofahrzeuge zu fördern, teilte die Bundesregierung nach dem Treffen mit.
Zwei Milliarden Zuschuss von der Automobilindustrie
Demnach soll die Kaufprämie noch im November verlängert und erhöht werden - und zwar um 50 Prozent bei E-Fahrzeugen bis zu einem Nettolistenpreis von 40.000 Euro und um 25 Prozent bei teureren Fahrzeugen bis zu einer Grenze von 65.000 Euro. Die Autobauer wollen sich mit mehr als zwei Milliarden Euro an den Kaufprämien für ihre Elektroautos beteiligen. Die geplante Förderung für bis zu 700.000 Neuwagen mit 4000 bis 6000 Euro Zuschuss pro Auto summiere sich über den Daumen gepeilt auf deutlich über zwei Milliarden Euro, sagte der Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) Bernhard Mattes.
Konkret soll die Prämie damit für rein elektrische Autos unterhalb eines Listenpreises von 40.000 Euro von derzeit 4000 Euro auf 6000 Euro steigen. Für Autos mit einem Listenpreis von mehr als 40.000 Euro soll der Zuschuss künftig bei 5000 Euro liegen. Auch für Plug-in-Hybride soll der Zuschuss steigen. Zur bestehenden Kaufprämie hatten Bund und Industrie jeweils 600 Millionen Euro beigetragen.
E-Autoprämien bleiben Ladenhüter
Allerdings wurde die 2016 beschlossene Förderung für ursprünglich vorgesehene 300.000 Elektrofahrzeuge bislang nicht einmal zur Hälfte abgerufen. Das geht aus der letzten Zwischenbilanz des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) hervor. Stand 30. September 2019 wurden demnach erst 141.427 Förderanträge gestellt.
Dazu wurde auch vereinbart, den Aufbau der Ladestationen für E-Autos zu beschleunigen. Zunächst sollen bis 2022 in Deutschland 50.000 neue Ladestationen entstehen, wie Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sagte. Die Automobilwirtschaft will angeblich 15.000 öffentliche Ladepunkte beisteuern.
Betanken von E-Autos - Innovationen beim Aufladen
Die Zukunft liegt in der Elektromobilität - die Lade-Infrastruktur ist jedoch noch im Aufbau. Wo und wie können Elektroautos derzeit geladen werden und wie könnte "Strom-Tanken" in Zukunft aussehen? Ein Überblick.
Bild: picture-alliance/dpa/J. Woitas
Haushaltssteckdose nicht wirklich geeignet
Sein E-Auto kann man zur Not auch schon mal an einer einfachen 230-Volt-Steckdose zu Hause aufladen. Allerdings wird das wirklich nur als Notlösung empfohlen. Der Standardstecker hat nur eine geringe Ladeleistung (etwa 2,3 Kilowatt), wodurch das Laden stundenlang dauert. Während dieser Zeit wird das hausinterne Stromnetz stark belastet, wodurch das Risiko eines Kabelbrandes steigt.
Bild: picture alliance/dpa/F. Rumpenhorst
Schneller mit Starkstrom
Besser funktioniert da schon eine Starkstromsteckdose mit 400 Volt. Beim Laden an einer solchen CEE-Steckdose braucht man jedoch eine mobile Ladebox, die mit dem Elektroauto kommuniziert und die Ladeleistung regelt.
Bild: picture-alliance/dpa/U. Baumgarten
Spezielle Wallbox fürs Auto
Noch einfacher wird es, wenn man sich eine sogenannte Wallbox zu Hause installiert. Im Grunde ist so eine Box nichts anderes als eine spezielle Steckdose an der Wand für E-Autos. Mit ihr kann man das Auto aber bis zu zehnmal schneller laden. Anbieter gibt es viele: Autobauer und Stromanbieter verkaufen solche Wandladestationen. Und man findet sie auch in gängigen Fachmärkten und Versandhäusern.
Bild: innogy SE
Laden am Straßenrand
Unterwegs lassen sich E-Autos an Ladesäulen aufladen. Mehr als 16.100 öffentliche und teilöffentliche Ladepunkte gibt es derzeit in Deutschland, so der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft. Knapp zwölf Prozent davon sind Schnellladesäulen.
Damit kommen in Deutschland rein rechnerisch etwa zehn Autos auf jeden Ladepunkt. Eine Quote, die auch die Europäische Kommission empfohlen hat.
Bild: picture-alliance/dpa/H.Hanschke
Nicht mehr im Zeitplan
Zusätzlich zu den bestehenden Ladestationen sollen bis 2020 mindestens 100.000 Ladepunkte für Elektrofahrzeuge verfügbar sein - so steht es im Koalitionsvertrag. Der Weg dahin aber ist weit: So hat das Bundesverkehrsministerium in den letzten zwei Jahren zwar knapp 16.000 neue Ladestationen bewilligt. Davon realisiert wurden bislang nur knapp 1000.
Bild: picture-alliance/dpa/O. Spata
Schnell, schneller, am schnellsten
Autobauer haben zum Teil eigene Ladestationen aufgebaut. So Tesla. Umsonst Tanken - das war einmal. Inzwischen müssen Neukunden fürs Laden an Teslas 'Superchargern' bezahlen. Auch BMW und Porsche planen Ladestationen. Ein erster Prototyp mit 450 Kilowatt hat mehr als die dreifache Leistung von Teslas Superchargern. So sollen E-Autos künftig in drei Minuten Strom für 100 Kilometer laden können.
Bild: Reuters/L. Nicholson
Laden an der Laterne
Schnell und günstig ganz viele Ladestationen schaffen - das Berliner Start-Up Ubitricity will Laternenpfähle zu Ladestationen umfunktionieren. Laternen gibt es schließlich zu Hauf. In Berlin sollen in den nächsten zwei Jahren bis zu 1000 Laternenladepunkte installiert werden. In London gibt es sie schon. Wer so tanken will, muss dafür selber ein "Smart Cable" dabei haben.
Bild: Robert Lehmann
Der Roboter als Tankwart
Blöd nur, wenn man sein E-Auto an einer öffentlichen Ladestation aufladen möchte, da aber schon ein anderes Auto steht. Noch schlechter, wenn das dann sogar schon voll geladen ist, da also gar nicht mehr stehen müsste. Besser wären da automatische Ladestationen, zu denen die Autos hinbewegt, per Roboter aufgeladen und danach wieder abgekoppelt würden. Genau daran arbeiten Forscher der TU Graz.
Bild: FTG – TU Graz
Autobauer setzen auf Roboter
Andere arbeiten ebenfalls an Roboter-Lade-Lösungen - so die Universität Chemnitz (Foto). Volkswagen hat in Zusammenarbeit mit dem Roboterspezialisten Kuka vor einem Jahr einen Serviceroboter vorgestellt. Der Energieversorger Innogy präsentierte im Februar einen Laderoboter. Auch der E-Auto-Pionier Tesla entwickelt solche Systeme.
Bild: picture-alliance/dpa/P. Endig
Tauschen: leer gegen voll
Laden dauert zu lange? Dann kann ja auch einfach die Batterie gewechselt werden. Der chinesische Autobauer Nio hat dafür spezielle Garagen entwickelt, in denen ein Roboter die Batterie automatisch wechselt. Das ganze dauert zwei Minuten. 18 Anlagen sind schon in Betrieb. Bis 2020 will das Unternehmen entlang der chinesischen Nord-Süd-Transitroute rund 1100 Stationen für Wechselakkus bauen.
Bild: Nio
Laden ohne Kabel
Was bei der Zahnbürste schon klappt, soll künftig auch beim Auto genutzt werden: induktives Laden. Zum Betanken werden die Fahrzeuge einfach über eine spezielle Bodenplatte gefahren, der Strom wird dann kontaktlos übertragen. Das Parken könnte künftig über automatische Systeme erledigt werden. An solchen Systemen arbeiten viele Autobauer, darunter Volkswagen, Mercedes, Porsche, Hyundai und Kia.
Bild: Volkswagen AG
Laden während des Fahrens
Noch bequemer ist es, wenn zum induktiven Laden gar nicht angehalten werden muss. Renault (Foto) und der Chip-Hersteller Qualcomm testen in Frankreich bereits mobiles induktives Laden. Dort ist eine Teststrecke mit Magnetspuren ausgerüstet, wodurch der Akku von E-Autos bei Tempo 100 geladen werden soll. Auch ein israelisches Startup arbeitet an solchen Systemen.
Bild: Qualcomm
Die letzte Notlösung
... und wenn dann doch mal alles schief gegangen ist - die Ladestation besetzt, der Roboter kaputt war - dann können mobile Ladeservices Hilfe bieten. Die Mitarbeiter des Start-Ups Chargery schwingen sich bei Bedarf aufs Fahrrad und bringen eine "Powerbank" zum leergefahrenen E-Auto, betanken es und nehmen die mobile Stromtankstelle wieder mit. Eine volle Ladung dauert so allerdings vier Stunden.
Bild: Chargery
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Derzeit gibt es rund 21.000 öffentlich zugängliche Ladepunkte. Die Bundesregierung hatte angekündigt, bis 2030 eine Million öffentliche Ladepunkte zu schaffen. Dazu will der Bund in den kommenden Jahren mehr als drei Milliarden Euro in den Ausbau der Ladeinfrastruktur investieren. Zudem soll der Bau privater Ladepunkte stärker gefördert werden.
VDA-Präsident: "Gutes Paket"
VDA-Präsident Bernhard Mattes, sprach von einem "guten Paket", das bei dem Gipfel geschnürt worden sei. Dies sei ein weiterer Schritt nach vorne zur "Mobilität der Zukunft". An dem Spitzentreffen nahmen neben Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mehrere Bundesminister und Ministerpräsidenten teil, dazu Mattes sowie die Chefs von Autoherstellern, Zulieferern und Gewerkschaften.
Weitere Themen beim "Autogipfel" waren das autonome und vernetzte Fahren sowie die Zukunft von Jobs in der Branche. Die Autobranche befindet sich derzeit mitten in einem grundlegenden Wandel. Zum einen muss die Industrie Milliarden in neue Technologien wie die E-Mobilität investieren, auch um strengere EU-Vorgaben einhalten zu können. Zum anderen ist bei vielen Firmen die Ertragslage wegen des Abschwungs der weltweiten Automärkte schlechter geworden.