Wie lange reden wir schon über selbstfahrende Autos, autonomes Fahren, Roboterfahrzeuge? Zur CES in Las Vegas gewinnt das Thema wieder einmal an Fahrt - metaphorisch. Denn in der Realität wird es noch dauern.
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Autonome Autos haben ihren festen Platz in unseren Zukunftsvisionen. Abwegige Utopien sind sie längst nicht mehr. Doch die Unternehmung erfordert noch Geduld, auch wenn das Thema überall auf der Agenda steht.
Selbstfahrende Autos mit Technik von Bosch und Daimler sind bereits testweise in den USA unterwegs. Die beiden Unternehmen erproben dort seit Ende des vergangenen Jahres einen Mitfahrservice. Doch nicht nur Autobauer, auch Suchmaschinen-Konzerne wie Google, Mobilfunkunternehmen und diverse Start-ups tüfteln am autonomen Auto.
Der ADAC erwartet, dass es erst nach 2040 in größerer Zahl Autos angeboten werden, die völlig autonom von Tür zu Tür fahren können, also auch auf Landstraßen keinen Fahrer mehr benötigen. Doch "können" bedeutet noch lange nicht "dürfen".
In dem Bericht werden die Fähigkeit von 25 Nationen bewertet, die Aufgaben der bevorstehenden Transportrevolution zu meistern. Dafür die Länder anhand der Voraussetzungen in den vier Bereichen Politik/Gesetzgebung, Technologie/Innovation, Infrastruktur und Kundenakzeptanz verglichen.
"In den meisten Bereichen wurden von allen Ländern Fortschritte erzielt, was zeigt, dass die Regierungen sich zunehmend mit den regulatorischen Auswirkungen und der Praxistauglichkeit des autonomen Fahrens beschäftigen", so die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG, die den Bericht 2018 erstmals herausbrachte.
Deutschland belegt in der Analyse den achten Platz. Die Niederlande kommen wie bereits in 2018 auf den ersten Platz, gefolgt von Singapur, Norwegen, Amerika und Schweden.
Insgesamt stehe die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes in einem engen Zusammenhang mit der Bereitschaft für autonome Fahrzeugtechnologien, heißt es. Weitere wichtige Faktoren seien außerdem ein ausgezeichneter Zustand der Straßen, ein gut ausgebautes Mobilnetz sowie Investitionen und Innovationen durch die Privatwirtschaft.
Wie kann ein selbstfahrendes Auto Unfälle vermeiden?
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Wie weit ist Deutschland?
Technologisch hingegen ist die Industrie schon beim autonomen Fahren angekommen, Testfahrzeuge sind weltweit unterwegs.
Dennoch befinden wir uns derzeit noch bei der Vorstufen zum autonomen Fahren. Seit 2017 ist jedoch in Deutschland das "hochautomatisierte Fahren" zugelassen, kurz HAF oder "pilotiertes Fahren". Dieser Schritt entspricht dem dritten Level auf dem Weg zum vollautomatisierten Auto (s. Infografik).s
Die Autoindustrie, konkret die Society of Automotive Engineers (kurz: SAE, deutsch "Verband der Automobilingenieure"), hat sich bei der Entwicklung des Autonomen Fahrens auf ein fünfstufiges System geeinigt (s. Infografik). Jedes Level steht dabei für einen unterschiedlichen Automatisierungsgrad, also für den Umfang, in dem das Fahrzeug die Aufgaben des Fahrers übernehmen kann.
Die dritte Stufe bedeutet, dass das Auto die Fahrt schon fast komplett übernimmt, die Verantwortung aber beim Fahrer bleibt. Das heißt, er muss zu jeder Situation eingreifen können. Aber: Sobald der Fahrer seinen PKW in den hochautomatisierten Modus versetzt, darf er seine Aufmerksamkeit vom Straßenverkehr abwenden. Er könnte etwa Zeitung lesen oder sich den Kindern auf der Rückbank zuwenden.
Das Fahrzeug ist ausreichend intelligent, Alltagssituationen allein zu bewältigen - Lenken, Bremsen und Warnungen bei kritischen Situationen inbegriffen. Dennoch ist das System so ausgelegt, dass der Fahrer den Systemwunsch jederzeit überstimmen kann. Level 3 ist insbesondere für den Einsatz auf Autobahnen vorgesehen.
Was passiert auf den Teststrecken?
In Deutschland gibt es bereits mehrere Testfelder für vernetzte und automatisierte Fahrzeuge. Entsprechende Systeme werden etwa auf dem Digitalen Testfeld Autobahn A9 in Bayern erforscht und entwickelt.
In Hamburg sieht ein Teststrecken-Projekt vor, Ampeln und eine Brücke so auszustatten, dass sie Informationen an Fahrzeuge senden können. Im Berliner Stadtverkehr wurde 3,6 Kilometer lange Strecke zwischen Brandenburger Tor und Ernst-Reuter-Platz mit Technik ausgerüstet.
Dort sollen künftig auch Testwagen unterwegs sein, die von Computern gefahren werden und in denen ein Mensch nur noch zur Kontrolle sitzt. In Niedersachsen entsteht derzeit ein Testfeld des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) , auf dem automatisierte und vernetzte Fahrzeuge erprobt, sowie Fahrverhalten und Verkehrsfluss erfasst und analysiert werden sollen.
Welche Probleme gibt es?
Vor allem rechtliche Aspekte sind zu klären. So fordert etwa der ADAC, dass die Systeme mindestens so sicher sein müssen wie ein Durchschnittsfahrer. Debatten unter Autoversicherern und Ethikern, die Entscheidungen bei Unfällen analysieren, haben aber gerade erst begonnen.
Dazu kommt etwa der Unterschied zwischen Stadt und Land. So wurde ein Modellprojekt, das gerade in Osnabrück getestet wird, in Mecklenburg-Vorpommern vorerst gestoppt, weil die Technik auf dem Land nicht funktioniert. In Osnabrück testen die Stadtwerke einen kleinenautonom fahrenden Bus namens Hubi, der auf öffentlichen Straßen mit Fahrgästen unterwegs ist. Das Fahrzeug verwendet eine Sensorik, die an den Straßenrändern Gebäude "zum Abtasten" braucht.
Damit sei diese Technik nur innerorts in Städten und Dörfern verwendbar, hieß es zur Begründung des Abbruchs in Mecklenburg-Vorpommern. Die Vorstellung von autonom fahrenden Autos, Bussen und Taxis fasziniert viele Menschen. Doch bis wir uns wirklich im Auto entspannt zurücklehnen können, wird es noch dauern.
Das Auto denkt, das Auto lenkt
Autos könnten schon heute "autonom" fahren, also ohne einen Fahrer. Eine Einführung der Auto-Roboter ist aber umstritten: Was, wenn es zum Unfall kommt? Und: Wollen die Menschen, dass ein Auto für sie denkt und lenkt?
Bild: media.daimler.com
Reise vom Silicon Valley nach Las Vegas
Dieser Audi A7 ist voller Sensoren. Anfang 2015 fuhr das Auto selbständig den kompletten Weg vom Silicon Valley zur Technikmesse CES in Lag Vegas. 900 Kilometer lang war der Road-Trip über den Highway. Der Steuermann war nur für den Notfall an Bord - eingreifen musste er bei dieser Fahrt nicht.
Bild: picture-alliance/dpa/J. Fets/Audi AG
Richtig gemütlich!
Dieser Prototyp von Mercedes Benz trägt den Namen F015 und zeigt in allen Konequenzen, wie ein autonomes Auto aussehen könnte: Ein Fahrersitz ist überflüssig. Stattdessen können sich alle Insassen während der Fahrt anschauen und gemütlich unterhalten. Auch dieses Forschungsfahrzeug wurde in Silicon Valley entwickelt. Seine Maximalgeschwindigkeit liegt zurzeit bei 200 km/h.
Bild: media.daimler.com
Nichts für ungeduldige Typen
Eigentlich sind autonome Fahrzeuge sehr sicher. Sie sind so programmiert, dass sie im Zweifelsfall eher die Fahrt verlangsamen. Sie halten definitiv den vorgegebenen Sicherheitsabstand ein und gefährden andere Verkehrsteilnehmer nicht durch aggressive Fahrmanöver, wie etwa dieser Raser.
Bild: imago/Jochen Tack
Gemütlich immer hinterher
Diese beiden autonomen Wagen der Universität der Bundeswehr in München machen es vor: Ganz entspannt fährt ein Wagen vorneweg, der andere folgt ganz treu, immer hinterher. Sie finden ihren Weg sogar in unbefestigtem Gelände auf Wegen, die sie vorher nicht kannten. Das zeigt eine Übung auf dem ELROB Roboterwettbewerb 2012.
Bild: DW
Das wäre nicht nötig gewesen
Zu solchen Massenkarambolagen kommt es, wenn Menschen zu schnell fahren, schlechte Sicht haben und nicht genügend Sicherheitsabstand einhalten. Klug gebaute Roboter-Autos würden solche Fehler nicht machen. Wären viele von ihnen vernetzt, könnten sie sogar schon Kilometer vorher Signale an nachfolgende Autos schicken: Vorsicht Stau!
Bild: picture-alliance/dpa
Sensoren für alle Gefahren-Typen
Roboter-Autos können unterschiedliche Augen nutzen, um ihre Umwelt zu erkennen. Ein von Google entwickeltes autonomes Auto nutzt zum Beispiel solch einen Lasersensor. Der dreht sich und tastet dabei seine Umgebung mit einem Laserstrahl dreidimensional ab.
Bild: DW/Fabian Schmidt
Die echte Welt aus Laser-Sicht
Und so sieht das dann aus: Der Wagen der Universität der Bundeswehr fährt durch unwegsames Gelände. Der Laser entwirft eine dreidimensionale Karte, die er in den Computer einfüttert. So kann man sogar die Perspektive eines Außenstehenden einnehmen und dem Wagen bei seiner Entdeckungsfahrt zuschauen.
Bild: Universität der Bundeswehr/TAS
Orientierung per Satellit, Radar und Auge
Roboter können sich auch mit vielen anderen Mitteln im Feld orientieren. Zum Beispiel mit optischen Augen - wie dieser handelsüblichen USB-Kamera - oder kleinen Radar-Sensoren. Auch die Positionsbestimmung per Satellit ist für Autos wichtig - über GPS-Daten.
Bild: DW/Fabian Schmidt
Sehende Autos - Zukunftstechnologie aus Deutschland
Mit optischen Kameras arbeiten auch Forscher bei Daimler. Für die Erfindung sehender Autos wurden sie 2011 für den Deutschen Zukunftspreis nominiert. Diese Kamera ist hinter der Windschutzscheibe eines Mittelklassewagens montiert. Aufmerksam verfolgt sie, was sich auf der Straße abspielt.
Bild: Deutscher Zukunftspreis/Ansgar Pudenz
Aus Bildpunkten wird Bewegung
Die optische Kamera erkennt zunächst tausende Bildpunkte - eine sogenannte Punktewolke. Aus der Bewegung einzelner Bildpunkte errechnet sie Vektoren - also Bewegungspfeile. Verschiedene Vektoren sind unterschiedlich lang. Daraus entwirft der Bordcomputer ein komplexes Bewegungsbild des Verkehrs vor und neben dem Auto.
Bild: Deutscher Zukunftspreis/Ansgar Pudenz
Abbremsen oder ausweichen?
Indem der Bordcomputer die Vektoren herausfiltert, die bei der Fahrtgeschwindigkeit des Autos ungewöhnlich verlaufen, kann er Gefahren erkennen: Ein Fußgänger läuft von rechts vor das Auto und wird orange markiert. Im Hintergrund entfernt sich ein anderes Auto. Die Bewegungspunkte sind grün - keine Gefahr. So kann der Wagen reagieren, falls der Fahrer unaufmerksam ist.
Bild: Deutscher Zukunftspreis/Ansgar Pudenz
Wer entscheidet - Computer oder Mensch?
Die Technik wäre also so weit. Aber die Frage, ob Roboter autonom auf den Verkehr losgelassen werden sollen, stellt Politiker und Juristen vor schwierige ethische Fragen: Wer trägt die Verantwortung, wenn ein Roboterauto einen Unfall baut: Hersteller, Software-Programmierer, Eigentümer oder Fahrzeugführer? Und wie sieht es außerhalb des normalen Straßenverkehrs aus?
Bild: DW/Fabian Schmidt
Wenn es für Menschen zu gefährlich wird
Zum Beispiel im Kriegseinsatz - wenn man Material von einem Ort zum anderen transportieren will. Oder nach einem Chemie- oder Nuklearunfall, wenn das kontaminierte Gebiet für Menschen zu gefährlich ist. Dafür bauen Entwickler autonome Fahrzeuge, die schon heute praktische Aufgaben erfüllen können, wie hier bei der polnischen Militärakademie.
Bild: DW/Fabian Schmidt
Leistungsschau autonomer Roboter
An der polnischen Militärakademie in Warschau fand im Sommer 2014 der Europäische Roboterwettbewerb ELROB statt. Fünf Tage lang konnten sich dort solche autonomen Fahrzeuge messen. Dieser Transporter der schweizerischen RUAG wurde erstmals 2012 in Thun in der Schweiz vorgestellt.
Bild: DW
Hände weg vom Steuer!
Fährt ein Fahrzeug ohne Fahrer auf eine Sprengfalle, geht zwar die Technik kaputt, doch zumindest kommt kein Mensch zu Schaden. Bei der ELROB-Übung musste allerdings noch jemand im Führerhaus sitzen, um den Not-aus-Knopf zu drücken, falls etwas schief ginge.